Die neue Grobstruktur der Bundeswehr steht

Heute stellten die Staatssekretäre Stéphane Beemelmans und Rüdiger Wolf sowie Generalinspekteur Volker Wieker die Grobstruktur der neuen Bundeswehr vor.

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Diese basiert auf dem  Eckpunktepapier des Verteidigungsministers vom 18. Mai diesen Jahres und den am 10 Juni vergebenen elf Projektaufträgen ("Neuordnung der Streitkräfte", "Stationierungskonzept", "Organisation BMVg", "Personalmanagement / Nachwuchsgewinnung", "Reformbegleitprogramm", "Bildungs- und Qualifizierungslandschaft", Rüstung, Nutzung, IT", "Infrastruktur und Dienstleistungen", "Überprüfung Rüsteungs- und Beschaffungsvorhaben", "Reservistenkonzeption" und "Steuerung und Controlling"). Die meisten Ergebnisse aus den Projektgruppen waren dem Minister zum 31. August vorzulegen, so auch das Ergebnis der Projektgruppe "Neuordnung der Streitkräfte" unter Leitung von Generalleutnant Norbert Finster.

Für den informierten Beobachter ergeben sich bei einem ersten Blick auf die heute vorgestellten Ergebnisse keine großen Überraschungen. Die Gesamtstärke der Bundeswehr soll künftig weiter mindestens 175.000 Soldaten umfassen, so, wie es der Minister bereits im Mai festgelegt hatte. Interessant ist eher die Aufschlüsselung auf die einzelnen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche der Bundeswehr, um die hinter den Kulissen beherzt gerungen wurde:

     

  • Heer: 55.320 BS/Saz, 2.250 FWD fix = 57.570; ggf. 3.750 FWD flex, 1.740 zivile Dienstposten
  • Luftwaffe: 22.050 BS/SaZ, 500 FWD fix = 22.550; ggf. 450 FWD flex, 3.980 ziv. DP
  • Marine: 12.550 BS/SaZ, 500 FWD fix = 13.050; ggf. 800 FWD flex, 1.670 ziv. DP
  • Sanitätsdienst: 14.120 BS/SaZ, 500 FWD fix =14.620; ggf. 500 FWD flex, 2.700 ziv. DP
  • Streitkräftebasis: 35.500 BS/SaZ, 1.250 FWD fix = 36.750; ggf. 2.000 FWD flex, 8.610 ziv. DP
  • Ausbildungsumfang + OrgBereiche wie Personal, Infrastruktur, Rüstung, IT: 30.460 BS/SaZ
  •  

Die Unterscheidung zwischen FWD fix und FWD flex ergibt sich aus folgender Logik: Fest eingeplant in der Struktur der Bundeswehr sind 5000 freiwillig Wehrdienstleistende, die so genannten "FWD fix". Rechnerisch könnten noch weitere 10.000 freiwillig Wehrdienstleistende in der Bundeswehr dienen (Gesamtstärke der Bundeswehr: bis zu 185.000). Diese weiteren 10.000, die so genannten "FWD flex", sind jedoch nicht strukturbestimmend für die Bundeswehr. Das heisst, für sie werden keine Dienstposten (und auch keine Infrastruktur) vorgehalten. Ein Auffangen von mehr freiwillig Wehrdienstleistenden soll "ablauforganisatorisch" geregelt werden. Wie das mit der Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr zu vereinbaren sein wird, bleibt fraglich.

Ebenfalls zu hinterfragen ist der nun ausgeplante Ausbildungsumfang von 25.000 Dienstposten. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, wurde ursprünglich ein Ausbildungsumfang für die Truppe von 28.000 bis 30.000 Dienstposten errechnet. Dieses hätte bedeutet, dass weniger STAN-Dienstposten ausgeplant werden können. Mit dem verringerten Ausbildungsumfang wird nun in Kauf genommen, dass Stellen in den Einheiten nicht besetzt werden können, weil sich die Dienstposteninhaber in Ausbildung (Studium, ZAW (Zivile Aus- und Weiterbildung)) befinden. Der Geburtsfehler der letzten Strukturreformen droht, sich zu wiederholen.

Darüber hinaus wurde festgelegt, dass die Bundeswehr keine Fähigkeiten aufgeben werde. Es gelte der Grundsatz "Breite vor Tiefe", kündigte Generalinspekteur Volker Wieker bei einer Zwischenbilanz zur Bundeswehr-Reform an. Grundsätzlich würden alle Fähigkeiten erhalten bleiben, es werde aber insgesamt weniger Artillerie-Bataillone und Geschwader geben. Diese Reduzierung in der Tiefe wird sich in der Durchhaltefähigkeit der Truppe niederschlagen, also in der Zeitspanne, über die die Soldaten eine bestimmte Aufgabe mit dem zur Verfügung stehenden Personal und Material stemmen können. Die Erklärung, wie das mit der ursprünglich beabsichtigten Stärkung der Einsatzbereitschaft und Schlagfähigkeit der Truppe zu vereinbaren ist, blieb der Generalinspekteur schuldig.

Ein Blick auf die Gliederungsbilder zeigt, dass in den Teilstreitkräften und OrgBereichen der Bundeswehr teilweise tatsächlich Führungsebenen gestrichen wurden. Daneben werden aber zusätzliche Ämter entstehen, so zum Beispiel das Planungsamt. Dieses soll der "Arbeitsmuskel" des Ministeriums werden und Bundeswehr- / Streitkräfte-gemeinsame Planungen durchführen. Wieso dieses Amt jedoch dem Befehlshaber Kommando SKB unterstellt werden soll und nicht dem Generalinspekteur, seinem Stellvertreter oder mindestens dem Abteilungsleiter Planung im BMVg, erschließt sich nicht. Es ist eher unzweckmäßig, ein Amt, dass übergreifend planen und koordinieren soll, einem zu koordinierenden OrgBereich zu unterstellen. Hier werden truppendienstliche und fachdienstliche Unterstellungen getrennt. Einen Zustand, den man eigentlich im Rahmen der Prozessanalyse zu Beginn der Strukturplanungen vermeiden wollte.

Noch keine Festlegung gibt es zu den Standorten der Bundeswehr. Die Stationierungsentscheidung wird der Verteidigungsminister am 26. Oktober bekannt geben. Zur Zeit befinden sich die Staatssekretäre in Gesprächen mit den Ministerpräsidenten. Auch das Personalstärkemodell (PSM) soll dann als erster Entwurf stehen. In dem PSM werden vor allem die Dotierungshöhen der Dienstposten festgelegt. Dieses könnte rückwirkend noch Auswirkungen auf die vorgestellte Grobstruktur der Bundeswehr haben.

(Dieser Artikel erschien zuerst auf GLOBAL OBSERVER. Die aktuellen Gliederungsbilder der neuen Bundeswehrstruktur finden Sie hier.)

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