Die Illusion der Verbote

Das Schweizer Parlament will Killerspiele “verbieten”. Diese Meldung geisterte jüngst erneut durch die Medien. Wann immer ich von einem politischen “Verbot” einer Sache lese - seien es Zigaretten, Alkohol, Süsswaren oder PC-Spiele - greife ich mir unwillkürlich an den Kopf.

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Das “Verbot” ist sicher eine der dümmlichsten Illusionen des politischen Betriebs. Diese basiert auf naiven, kindlich geprägten Vorstellungen der Erziehung durch eine Autoritätsperson: Wenn einst Vater oder Mutter dem Kleinkind etwas verbot - das zweite Glas Coca-Cola zum Beispiel - so galt dieses Verbot absolut. Ein zweites Glas Cola war in diesem Fall schlicht nicht zu haben. Der paternalistische Verbotsstaat versucht nun, diesen Mechanismus auf die Ebene einer Gesellschaft zu hieven. Erfolglos.

Es sei daher einmal in aller Deutlichkeit ausgesprochen: Der Staat kann nichts “verbieten”. Nichts, was der Staat „verbietet“, verschwindet einfach. Wenn eine Sache vom Staat für illegal erklärt wird, wird sie aus dem durch das staatliche Recht geschützten Bereich sozialer Transaktionen in den Bereich der durch das staatliche Recht verfolgter Transaktionen verdrängt. Oder anders: vom weissen in den grauen oder schwarzen Markt.

Entscheidend für das Auftreten von Tauschbeziehungen jedoch  ist letztlich nicht der staatliche Rechtsschutz, sondern die reale Nachfrage der Bürger. Solange es eine Nachfrage gibt, solange also Menschen etwas wollen und bereit sind, dafür zu bezahlen, gibt es ökonomische Anreize, diese Nachfrage durch ein entsprechendes Angebot zu befriedigen. Menschen, die einen Gewinn machen wollen, werden die “verbotene” Sache also auch weiter anbieten.

Was hat sich dann durch das staatliche “Verbot” wirklich geändert? Nur eines: die Transaktionskosten für den Handel mit der “verbotenen” Sache sind gestiegen. Zur Erinnerung: Transaktionskosten sind die Kosten, die ein Tausch unweigerlich mit sich bringt, wie Such-, Informations-, Transport-, oder Durchsetzungskosten. Warum sind diese auf schwarzen Märkten höher? Nun, es ist einfach sehr viel aufwändiger, eine Sache am Zoll vorbei ins Land zu schmuggeln und auf primitiven, quasi-versteckten Umschlagplätzen zu handeln, als eine Ware schlicht dem Staat zu melden und im regulären Geschäft zu verkaufen. Der weisse Markt hat auch den Vorteil, dass Kunden durch Werbung oder PR auf eine Ware hingewiesen werden können - der schwarze Markt muss sich vor allem auf Mund-zu-Mund-Propaganda verlassen. Auf dem weissen Markt kann sich der Kunde daher viel einfacher über das Angebot informieren, vergleichen und abwägen. Auf dem Schwarzmarkt fällt dies deutlich schwerer - es ist sehr viel aufwändiger, auf dem Schwarzmarkt ein zuverlässiges Bild über das Gesamtangebot zu gewinnen. Eben: Die Kosten der Transaktion steigen für beide Seiten.

Das Abdrängen einer Sache in die Illegalität hat für die Teilnehmer des entsprechenden Marktes natürlich noch weitere Nachteile. Auf einem schwarzen Markt ist es sehr teuer, Rechte durchzusetzen. Wenn also etwa ein Kunde nicht zahlt oder ein Angebot betrügerisch war, z.B. eine defekte Sache verkauft wurde, dann kann der Benachteiligte sich nicht einfach an eine professionelle Instanz, wie Polizei und Justiz, wenden, um eine Berichtigung zu erzwingen. Die Rechtsdurchsetzung muss erneut sehr aufwändig am Staat vorbei organisiert werden. Was wiederum durchaus nicht unmöglich ist, aber teuer.

Der schwarze Markt ist darum durch eine hohe Unsicherheit gekennzeichnet (bekanntlich ein Treiber von Transaktionskosten); die Teilnehmer setzen sich stets einem gewissen Risiko aus. Das Risiko vom Staat „erwischt“ und bestraft zu werden, ist dabei nur ein Kostentreiber. Mindestens ebenso wichtig ist, dass der Wert einer Reputation ohne einfach durchsetzbare Rechte gemindert wird: Wir vertrauen im Alltag grossen, bekannten Marken, weil diese offensichtlich am Markt Erfolge feiern konnten. Es ist daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Unternehmen die Rechte ihrer Kunden respektieren, und diese nicht beispielsweise vergiften. Unternehmen bauen sich im weissen Markt einen Ruf der Zuverlässigkeit auf und erleichtern so den Kunden ihre Entscheidung. Vertrauen ist ein entscheidendes Schmiermittel freier Märkte. Ein Schmiermittel, auf das schwarze Märkte weitgehend verzichten müssen.

Transaktionskosten hin oder her, ein staatliches Verbot sorgt jedoch für eines mit Sicherheit nicht: das Verschwinden der „verbotenen“ Sache. Natürlich ist es für mich als Konsument deutlich leichter, ein Kilo Salz im Supermarkt zu kaufen (weisser Markt); als ein Kilo Heroin bei einem windigen Strassendealer (schwarzer Markt). Beides ist aber möglich. Es ist einfach nur deutlich aufwändiger und teurer, einen Händler ausfindig zu machen, der Heroin vertreibt, es ist teurer, dieses Heroin zur Verfügung zu stellen, es ist teurer, die Qualität des Heroins zu gewährleisten, und es ist deutlich teurer, im Falle eines Betrugs eine Restitution beim Händler zu erwirken. Möglich aber ist es.

Diese Zusammenhänge sollten endlich in die Köpfe jener Politiker gepresst werden, die ständig das grosse, wichtig scheinende Wort des „Verbots“ im Munde führen. Sie verwechseln den Staat mit dem Papa und die Bürger mit Kleinkindern. Sie überschätzen völlig die Macht und die Fähigkeiten der Staates und unterschätzen jene des Marktes, von Angebot und Nachfrage. Sicher können Transaktionskosten durch staatliche Verbote so stark erhöht werden, dass einige Kunden darauf verzichten werden, die „verbotene“ Sache wirklich zu erstehen. Wer aber wirklich Kokain, Heroin, Waffen, Pornos, Alkopops oder eben Killerspiele haben möchte, wird diese immer und jederzeit auch erwerben können.

Die Macht des Marktes – auch die des schwarzen – sollte nie unterschätzt werden. Zu Zeiten des Kommunismus fand die Versorgung von Millionen Menschen im Ostblock mit elementaren Gütern des Alltags – bis hin zur Nahrung – weitgehend über „illegale“ Märkte statt. Verbot hin oder her. Die Schweizer Parlamentarier aber glauben wirklich, dass sie Killerspiele „verbieten“ können? In der Politik kennen Aberglaube, Naivität und Wunschdenken offensichtlich keine Grenzen!

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: MeMyselfAndI

Großartiger Artikel.

Was ich mich schon länger Frage, gibt es eigentlich Untersuchungen zur Verbreitung von Cannabis und Marijuana in Holland seit der Legalisierung? Ist die Verbreitung tatsächlich gestiegen und konsumieren dort mehr Menschen als z.B. in NRW?

Anonsten spricht der Artikel mir aus dem Herzen. Verbot von Prostitution könnte man noch anfügen. Verdrängt die Huren aus den sauberen, gepflegten Bordellen auf die Straße, ohne polizeilichen Schutz.

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