Die Gewerkschaften und die Geldentwertung

Um die Welt in ihrer Komplexität erfassen zu können, müssen wir in der Lage sein Wissen zu verknüpfen. Um eine Entwicklung zu verstehen, dürfen wir nicht nur auf einen Bereich sehen, sondern müssen begreifen, wie eine Entwicklung in einem Bereich sich auf einen anderen Bereich auswirkt.

Eine solche wichtige Verknüpfung ist die zwischen Arbeitsmarkt und Geldpolitik. Beides hängt sehr eng mit einander zusammen, auch wenn dies nicht offensichtlich ist. Die Gewerkschaften würden die Behauptung, dass sie einer der Hauptgründe für die Geldentwertung sind, brüsk von sich weisen, dennoch ist genau das der Fall.

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In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gab es den Goldstandard. Dieser garantierte ein hohes Maß an Geldwertstabilität und der Stabilität der internationalen Wirtschaft. Denn dauerhafte Instabilitäten wurden mehr oder weniger automatisch beseitigt.

Das funktionierte so: Wenn in einem Land die Lohnkosten stiegen, konnte dieses Land weniger Güter exportieren. Die steigenden Löhne führte zu mehr Kaufkraft und mehr Güter wurde importiert. Da alle Güter mit Gold bezahlt werden mussten, führte das dazu, dass mehr Gold ausgeführt als eingeführt. Gold wurde also knapp.

Dies führte dazu, dass die Preise in diesem Land wieder stiegen und die Nachfrage zurückging und die Reallöhne sanken. Sie sanken bis auf das Niveau, aber die Produkte wieder wettbewerbsfähig waren und wieder mehr exportiert werden konnte, dann drehe sich der  Prozess um und das Gleichgewicht wurde wieder hergestellt.

Mit Entstehung starker Gewerkschaften, die die Lohnverhandlungen monopolisierten, änderte sich das grundlegend. Da in den Tarifverträgen der Lohn nun festgeschrieben war, konnten sich die Lohnkosten nun nicht mehr "seismographisch", wie das der Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen nennt, anpassen. Der Mangel an Gold bzw. Geld bedeutete nun Arbeitslosigkeit.

Der britische Ökonom John Maynard Keynes entwickelte nun die Idee, die Reallöhne auf eine politisch opportune Weise zu senken, ohne mit den Gewerkschaften in Konflikt zu geraten. Statt die Löhne nominal zu senken, sollte der Geldwert durch die Inflationierung der Währung gesenkt werden. Der Nomiallohn blieb dadurch zwar gleich, seine Kaufkraft, der Reallohn,  wurde aber gesenkt.

Seit dem gibt es einen ständigen Wettlauf zwischen den Gewerkschaften, die die Löhne anheben, und der Zentralbank, die sie durch Geldentwertung wieder senken, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Das nennt man dann eine "Lohn-Preis-Spirale". Irgendwann komm der Punkt, an dem die Zentralbank das aber nicht mehr durchhält, weil die Inflation zu rapide steigt. Dann ist sie gezwungen die Anpassung zu stoppen. Das bedeutet dann: Massenarbeitslosigkeit.

Literaturempfehlung

Barry Eichengreen: Vom Goldstandard zum Euro. Die Geschhichte des internationalen Währungssystems, Berlin 2000.

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