Die Energiewende: Kalter Kaffee für den Klimaschutz?

Am Beispiel der für Vollautomaten nötigen Kaffeekapseln kann man häufige Trugschlüsse der Klima- und Energiedebatte besonders gut verdeutlichen.

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Viele Kaffeegenießer leisten sich mit Kapseln zu fütternde Vollautomaten. Die Vorteile liegen auf der Hand. Eine frisch zubereitete Tasse steht jederzeit und schnell zur Verfügung. So schmeckt der Kaffee besser, als abgestanden aus der großen Kanne. Auch kann man einfach zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen und Kompositionen wechseln. Dieser Luxus führt natürlich zu einem erhöhten Aufwand an Ressourcen und Kosten. Man denke allein an die Verpackung des portionierten Kaffeepulvers, die zu einem großen Teil aus dem energetisch aufwendig hergestellten Aluminium besteht.

Was Dr. Martin Iffert, dem Vorstandsvorsitzenden des Aluminium-Produzenten Trimet natürlich sehr gut gefällt, auch wenn Folien und Beschichtungen nur einen kleinen Teil des Umsatzes seines Unternehmens ausmachen. Am Beispiel der Kaffekapseln aber kann man nach seiner Auffassung häufige Trugschlüsse der Klima- und Energiedebatte besonders gut verdeutlichen.

Denn der höhere Aufwand pro Tasse darf nicht einfach hochgerechnet werden. Bezogen auf die gesamte Menge des in Deutschland gekochten Kaffees sparen Kapseln, Pads und entsprechende Automaten sehr wohl Energie ein. Weil sie ein bedarfsgerechtes Angebot gestatten. Anders ausgedrückt: Der auf diese Weise zubereitete Kaffee wird auch getrunken. Die herkömmliche Produktionsmethode hingegen erzeugt viel Abfall. Der am Ende einfach weggeschüttet wird. Auf den  Luxus zu verzichten und gar noch den Energieverbrauch herkömmlicher Kaffeemaschinen zu regulieren, hätte also gar keinen Effekt.

Berechnet haben das, so nehme ich es an, Ifferts Mitarbeiter. Er verwendete dieses Beispiel zu Beginn eines Vortrages vor etwa 40 geladenen Gästen aus der Wirtschaft, aus Verbänden und aus der Politik im Rahmen einer (nichtöffentlichen) Veranstaltung zur Energiewende in Hannover am vergangenen Freitag. Worauf er damit anspielte, wurde im Verlauf seiner Rede schnell deutlich. Noch mehr volatile Quellen in der Stromversorgung, also Windräder und Photovoltaikanlagen, erhöhen gerade nicht die Versorgungssicherheit und steigern auch nicht die Effizienz des Systems. Weil Strom, für den es keine Nachfrage und daher auch keine Abnehmer gibt, ebenso Abfall ist, wie die Reste aus großen Kaffeekannen.

Ein dem Bedarf folgendes Stromangebot in Deutschland hingegen ist für Trimet von zentraler Bedeutung. Der Mittelständler mit knapp 3.000 Mitarbeitern und sechs Produktionsstandorten hierzulande  benötigt mit 8 TWh pro Jahr etwa 1,3% der gesamten deutschen Elektrizitätsproduktion und stellt damit einen unserer größten Stromverbraucher dar. Im weiteren Verlauf geizte der CEO etwas mit Zahlen und verdeutliche vor allem den Nutzen von Aluminium für die Energieeffizienz, beispielsweise im Fahrzeugbau. In der anschließenden Diskussion ging es dann aber doch noch in die Details, die den ganzen Irrsinn der Energiewende verdeutlichen:

     

  • Wäre Trimet nämlich nicht als energieintensiver Betrieb von der EEG-Umlage weitgehend befreit, hätte man jährlich etwa 300 Millionen Euro an Zwangsabgabe für den NIE-Ausbau zu zahlen. Was ein Mehrfaches des Gewinns ausmachen würde, der um 50 Millionen Euro liegt.
  • Ein Anstieg des Strompreises um nur einen Cent pro kWh würde Mehrkosten von 80 Millionen Euro pro Jahr bedeuten und damit die Firma in die Verlustzone treiben. Die deutschen Hütten wären nicht mehr zu halten.
  • Zulieferer, Dienstleister und Abnehmer entlang der Wertschöpfungskette wären ebenfalls betroffen. Iffert sprach von einer typischen Zahl von 200 Unternehmen pro Standort. Deren Ansiedlung durch die Magnetwirkung des Trimet-Werkes induziert wurde – und nicht andersherum.
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Logischerweise hat man seine neuesten Werke im Jahr 2013 schon nicht mehr in Deutschland, sondern in Frankreich  eröffnet. Im Süden, wo Wasserkraft aus den Alpen preiswert in großen Mengen zur Verfügung steht. Die Entwicklung in den USA (Schiefergas) beobachtet man derzeit ebenfalls ganz genau. Eine weitere Alternative wäre China, auch wenn dort der Strom aus vergleichsweise ineffizienten und entsprechend emissionsträchtigen Kohlekraftwerken stammt.

Die Energiewende senkt den Bedarf an Aluminium nicht. Sie treibt nur entsprechende Produktionskapazitäten aus Deutschland in andere Regionen, in denen häufig weniger strikte Umweltregulierungen herrschen (ganz zu schweigen von der Arbeitssicherheit oder von sozialen Standards). So induziert die derzeitige Klimapolitik steigende Emissionen. Das zu bemerken, erfordert den Blick auf das große Ganze. Wie man eben bei den Kaffeekapseln nicht nur die einzelne Tasse betrachten darf, sondern die Summe aller aufgesetzten Kannen.

Eine klügere Politik hätte den Energiemarkt weiter liberalisiert, statt ihn mit Subventionen zu verzerren. Dann wären hocheffiziente fossile Kraftwerke neu gebaut und ältere Meiler längst modernisiert worden. Denn um im Wettbewerb bestehen zu können, hätten die Betreiber ihren Strom durch weniger Brennstoffeinsatz preiswerter anbieten müssen.

Die 22 Millionen Tonnen an Kohlendioxid, die Deutschland nach dem Willen der Bundesregierung noch einsparen soll, um seine selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen, wären laut einem bei der Veranstaltung anwesenden Vertreter der Firma Alstom jedenfalls allein durch Modernisierung des bestehenden Kraftwerksparks erreichbar – mit hocheffizienten Gas- und Dampfturbinen aus deutscher Produktion. Die als potentieller Exportschlager auch die Emissionen in anderen Teilen der Welt stärker beeinflussen könnten, als eine selbstgewählte Vorreiter-Rolle beim Ausbau volatiler Quellen.

Man stelle sich ein Gesetz vor, das nicht nur die Anschaffung herkömmlicher Kaffeemaschinen erzwingt, sondern auch noch deren ständige Produktion – unabhängig davon, ob dieser Kaffee auch getrunken wird oder überhaupt werden könnte. Nicht denkbar? Doch. Das EEG soll exakt nach diesem Konzept dem Klimaschutz dienen. In Wirklichkeit erzeugt es nur kalten Kaffee. Da steigen die, die man als mögliche Nachahmer identifiziert zu haben glaubt, vielleicht doch lieber auf Tee um. Den sie dann woanders kaufen.

Beitrag erschien auch auf: science-skeptical.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Rüdiger Braun

Nur kurz zur Begriffserläuterung. Ein Vollautomat ist ein Vollautomat (Bohnendepot, Wassertank, Mahlwerk, Brüheinheit, Tresterbehälter) und keine Kapselmaschine (Wassertank, Brüheinheit).
Einen Vollautomaten mit Kapseln zu füttern dürfte nicht gelingen.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

"Eine klügere Politik hätte den Energiemarkt weiter liberalisiert, statt ihn mit Subventionen zu verzerren. " Ja, und eine kluge Politik würde das Phantom "Klimaschutz" zum Teufel jagen und auf jegliche Regulierung des CO2-Ausstoßes verzichten, denn das CO2 hat mit der Entwicklung des Klimas nichts zu tun.

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