Die Fahrkarte hatte ich vorsorglich schon vor Wochen gebucht. Gestern Abend bekam ich über die Bahn-App mitgeteilt, dass sich mein Reiseplan geändert habe. Ich sollte statt in den Zug 45 Minuten früher in einen Bus steigen, der mich in 13 Minuten zur Station Hohenebra bringen sollte. Das ist ein Bedarfshalt auf der Strecke Erfurt-Nordhausen, wo es nicht mal ein Dach gibt. Dort sollte ich nach Willen der DB-Regio-Verantwortlichen 40! Minuten in Nebel und Regen auf den Zug warten. Ich zog es vor, mit dem Auto bis Greußen zu fahren, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass der Zug bei meiner morgigen Rückfahrt dort halten würde.
In Erfurt fuhr der ICE 785 pünktlich ein. Die zwanzig Minuten, die der Zug auf einen verspäteten Anschlusszug wartete, nahm ich noch mit Gelassenheit. Ob ich um 14.41 oder um 15.01 In München ankommen würde, gefährdete meinen Terminplan nicht.
Dann kam der ICE aber kurz hinter Erfurt zum Stehen. Nach etwa zehn Minuten wurden wir informiert, dass etwas am Bremssystem nicht stimmte. Der Lokführer würde versuchen, den Schaden mit Hilfe der Hotline zu beheben. Das war vor knapp zwei Stunden. Dann kamen noch andere Schwierigkeiten dazu, zwischenzeitlich war sogar die Air-Condition nicht in Betrieb. Irgendwann hieß es, der Zug würde in Richtung Bamberg auf ein Ausweichgleis fahren, um den hinter uns stecken gebliebenen ICEs Platz zu machen. Irgendwann würde es nach Erfurt zurückgehen. Dort könnten wir es erneut Richtung München versuchen. Eben, kurz nach 14.00 setzte sich unser Zug zurück nach Erfurt in Bewegung. Wenn ich Glück habe, bekomme ich dort um 14.31 den Zug nach München. Dann wäre ich, wenn alles gut geht. Um 17.03 dort und schaffte es noch zur Preisverleihung. Allerdings hätte ich keine Gelegenheit, mich frisch zu machen oder umzuziehen.
Früher wurden noch Formulare verteilt, wenn die Verspätung eine gewisse Zeit überschritt. Das scheint abgeschafft zu sein.
Dass ICEs wegen „Reparatur am Zug“ verspätet sind oder liegenbleiben, ist inzwischen Alltag. Der Bahn hatten geniale Unternehmensberater weis gemacht, sie müsste die betriebseigenen Ausbesserungswerke abschaffen und den Reparaturbetrieb „outsourcen“. Damit ging auch die regelmäßige Kontrolle der Fahrtüchtigkeit der Züge verloren. Das Dilemma könnte nur behoben werden, wenn diese betriebswirtschaftliche Entscheidung rückgängig gemacht wird. Danach sieht es nicht aus, denn die Verantwortlichen scheinen an der Zuverlässigkeit der Bahn nur noch marginal interessiert zu sein, die woken Fisimatenten haben Priorität.
In Erfurt fuhr der 14.31 fast pünktlich ein und fast alle Gestrandeten konnten einsteigen. Allerdings fuhr der Zug nicht ab, ehe alle, die in der Ersten Klasse in den Gängen standen, in die Zweite umgezogen waren. Das dauerte 18 Minuten, nun ist die Klassentrennung wieder hergestellt.
Mit großem Glück kam ich gerade rechtzeitig in die Burda-Bar, um den Preis entgegenzunehmen, allerdings ohne mich frisch machen, oder gar umziehen zu können.
Die DB ist ein Menetekel, wie weit der Abstieg Deutschlands schon gediehen ist. Aber, wie ich an manchen Mitreisenden feststellen konnte, es haben immer noch nicht alle begriffen.
Kommentare zum Artikel
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Es sind eben nun Zustände wie in einem Entwicklungsland üblich. Offenbar wird unser System an die neue bunte Bevölkerung angepasst. So eine Art Willkommenskultur, um es mal positiv sehen zu wollen.
Wer heutzutage noch mit der Bahn fährt, ist selbst daran schuld.