Die CDU sollte nicht Minderheiten nachlaufen

Der neue CDU-Generalsekretär will der Partei noch mehr Modernisierung zumuten. Doch dazu braucht es originelle Konzepte statt Anbiederung an den Zeitgeist.

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CDU-Generalsekretär Peter Tauber zieht Schlüsse aus den jüngsten Wahlen. Die CDU, so sagte er, müsse bunter und moderner werden. Eine atemberaubende Schlussfolgerung. Mir fehlt die Fantasie anzunehmen, dass die 500 000 neuen AfD-Wähler bei der Europawahl, die noch im September Union gewählt haben, mehr Frauenquote, mehr Christopher Street Day und mehr staatliche Gängelung zur Klimarettung wünschen.

Dabei verstehe ich, was Tauber meint. Wenn sich die Gesellschaft verändert, muss sich auch die Politik ändern. Eine 50er-Jahre-CDU braucht keiner mehr. Aber was die Parteispitze konsequent ignoriert, ist, dass sich ihr bisheriger Kurs der "Modernisierung" - ich sage: Anbiederung an den Zeitgeist - nicht auszahlt. Vor zehn Jahren hat die Partei angekündigt, sich besonders um urbane Wähler bemühen zu wollen. "Moderne Großstadtpartei" nannte sich das Konzept, das zum größten Flop in der Geschichte politischer Strategien geworden ist. Großstadt um Großstadt hat die CDU seither verloren. Karlsruhe, Wiesbaden, Stuttgart, Frankfurt, jüngst Düsseldorf - alle weg, trotz moderner Großstadtpolitik. Von den 20 größten Städten in Deutschland regieren die Christdemokraten inzwischen noch eine, nämlich Dresden.

Wenn Herr Tauber seine Partei neu aufstellen möchte, sollte er überlegen, wie er die Stammwähler halten und mobilisieren kann. Und wenn er modernisieren möchte, dann sollte er dafür sorgen, dass dies aus eigenen Ideen und auf Basis eigener Überzeugungen erfolgt. Er sollte den Blick auf Mehrheiten richten, statt Minderheiten nachzulaufen, bei denen sich die politischen Mitbewerber drängeln. 35 Prozent der Deutschen leben in Großstädten, aber 65 Prozent leben auf dem Land. Da empfehle ich Schützenfest und Freiwillige Feuerwehr statt Vernissage im alternativen Kulturzentrum. 75 Prozent der Kinder wachsen in Deutschland bei ihren verheirateten Eltern auf, die große Mehrheit zieht den Nachwuchs in den ersten drei Jahren selbst groß. Diese Familien haben nichts von immer mehr Krippen, sie brauchen aber auch Unterstützung. Und die Großstädte? Mehr Sicherheit ist ein Thema, bessere Schulen. Wo ist die CDU mit eigenen originellen Konzepten, die eine Alternative zu Rot-Grün wären?

Angela Merkel ist populär, aber sie allein ist für die Zukunft der Union zu wenig. Da muss jetzt Programmarbeit geleistet werden. Und ein Programm sollte nicht darauf aufbauen, all das einfach von der Konkurrenz zu übernehmen, was man jahrelang bekämpft hat. Der Wähler neigt nämlich dazu, dann lieber das Original zu wählen.

Beitrag erschien auch auf: rp-online.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jaques LeMouche

Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Angela Merkel ist vielleicht beim Qualitätsjournalismus beliebt, aber ganz sicher nicht in der Bevölkerung. Man mag sie ein Phänomen nennen, aber bei der Mehrheit der Wahlberechtigten ist sie nicht beliebt.

Gravatar: T. K.

Ihren Worten kann ich mich nur vollumfänglich anschließen, Frau Weber.

Gravatar: Karin Weber

Sehr geehrter Herr Kelle,

bei der Feststellung "Angela Merkel sei populär" schenken Sie offensichtlich den bestellten Meinungsumfragen vollumfänglich Glauben. Lesen Sie einfach nur mal bei T-Online die Kommentare, wenn´s um Frau Merkel geht. So "populär" und "beliebt" wie sie gerne durch die gleichgeschalteten Medien dargestellt wird, ist sie ganz sicher nicht. Die Wähler dieser Frau sind binnen 5-10 Jahren weg, wenn diese Generation auf dem Friedhof liegt. Sprechen Sie mal mit jungen Menschen über Frau Merkel, da ist nix mit "populär".

Ich war früher mal CDU-Wählerin, habe aber vor ca. 12 Jahren damit aufgehört. Einer der Gründe waren u. a. der Sachsensumpf. Ich persönlich habe den Eindruck, dass sie dem Glauben aufsitzen, diese Partei wäre noch zu retten. Ich glaube das ehrlich gesagt schon lange nicht mehr. Stromlinienförmig haben die sich angepasst und sind mit den anderen Parteien verschmolzen. Es gibt doch kein Thema der politischen Mitbewerber, dass Angela Merkel nicht zu "ihrem Thema" gemacht hat. Die CDU ist heute röter als die SPD und grüner als die Grünen. Politik für Familien machen die schon lange nicht mehr.

Die CDU ist seit vielen Jahrzehnten (mit) an der Macht. Der Scherben- und Schuldenhaufen, der familienpolitische Gau, die kulturelle Kapitulation und den demographischen Wandel haben wir auch und vor allem dieser CDU zu verdanken. Wenn die junge Generation erst mal begreift, was ihr von der CDU da hinterlassen wurde, dann Helm ab zum Gebet.

Gravatar: mestro

Peter Tauber halte ich für einen windigen Nachwuchspolitiker. Der vekauft seine Großmutter, wenn er dadurch Rückenwind für seine Karriere erhält.
Einfach nur ein weiterer charakterloser Kriecher vor dem Zeitgeist, wie ihn Frau Merkel gern um sich rum hat.

Gravatar: georg

minderheiten nachlaufen und mehrheiten vernachlässigen ist rot grüne alternative.
der umgekehrte fall ist rechtspopulistisch; sonstophob etc.
hoch lebe der pluralismus und die sonstige vielfalt.

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