Deutschlands Mütter haben wenig zu feiern

Familienförderung bedeutet in Deutschland vor allem: Mütter schnell wieder ins Berufsleben zu integrieren. Doch die meisten Eltern wünschen sich zunächst einmal mehr Zeit für ihre Kinder und die Familie. Wir brauchen einen Perspektivwechsel.

Veröffentlicht:
von

Und wieder ist Muttertag. Wieder Blumen. Wieder ein gedeckter Frühstückstisch für die Managerinnen kleiner, gut organisierter "Familienunternehmen". Und wieder Zeit für ein deprimierendes Fazit: Für Mütter hat sich im vergangenen Jahr in Deutschland nichts Entscheidendes verbessert.

Zugegeben: Nach all dem Hickhack wurde endlich das Betreuungsgeld eingeführt. 150 Euro monatlich für Eltern, die in den beiden ersten Jahren selbst erziehen und betreuen wollen. Ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin. Und die Mütterrente wurde reformiert. Auch gut, denn sie beseitigt nun eine Ungerechtigkeit zwischen Müttergenerationen bei der Altersversorgung. Jetzt haben alle gleich wenig.

Die wirklich entscheidenden Themen aber werden weiter ignoriert. Wie ermöglichen wir Frauen und Männern, trotz Berufstätigkeit ausreichend Zeit für Familie zu haben? Eine große Mehrheit der Eltern in Deutschland wünscht sich das mehr als zusätzliches Geld, glaubt man dem zehnten Familienbericht der Bundesregierung mit dem schönen Titel "Mehr Zeit für Familie".

Das Problem ist allerdings: Mehr Zeit hängt auch mit Geld zusammen. Manche Leute halten Familie und Kinder für so etwas wie ein nettes Hobby, das sich Eltern leisten. Was geht uns an, wenn andere Leute Kinder wollen? Solchen Ignoranten muss man bisweilen erklären, dass Kinder später den Laden am Laufen halten sollen. Bei der Rente. Bei den Fachkräften. Ein kinderfreundliches Umfeld ist kein Luxus, sondern sollte gesellschaftliche Priorität sein, auch für Menschen, die keine Kinder haben können oder wollen.

Und diejenigen, die die nächste Generation großziehen, sollten wir nicht belächeln oder beleidigen ("Heimchen am Herd"), wir sollten sie nicht finanziell ausbluten lassen und irgendwann in die Altersarmut schicken. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig macht Politik für Mütter, die möglichst schnell wieder in den Beruf zurück wollen. Das ist legitim. Aber wo sind die Modelle für die Mehrheit der Mütter und Väter?

In den skandinavischen Ländern, die uns immer als vorbildlich zum Beispiel bei der Bildung vorgeführt werden, wird elterliche Erziehung mit einem deutlich höheren Betreuungsgeld unterstützt. In Frankreich werden Familien ab dem dritten Kind massiv steuerlich entlastet, so dass sie praktisch steuerfrei leben.

Was ist mit flexiblen Arbeitszeitmodellen für Unternehmen? Alle Statistiken zeigen, dass vor allem Mütter in Deutschland mehr Teilzeitjobs wünschen.

Was bietet das Familienministerium? Ein Recht auf Vollzeitjobs für Mütter, das kaum jemand verlangt.

Mit Blumen am kommenden Sonntag ist es wirklich nicht getan.

Beitrag erschien auch auf: rp-online.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Dr. Gerd Brosowski

Kompliment und Dank für diesen Artikel!

Hier in aller Kürze zwei Vorschläge zur Praxis. Sie ergeben sich aus vielen Dutzend Gesprächen, die ich in meinem Vierteljahrhundert als Schulleiter mit jungen Lehrerinnen, die Mütter waren oder es bald zu werden vorhatten, führen konnte. Was sind zusammengefasst deren wichtigsten, immer wieder vorgebrachten Anliegen?

1) Möglichkeit zur Teilzeit, vor allem auch zum Unterbrechen der Berufstätigkeit über Jahre hinweg, ohne dass deswegen die berufliche Laufbahn beendet werden muss.
2) Wichtigstes Anliegen, größte Sorge der jungen Eltern, gleich ob Papa oder Mama: Dass dem in einer Tagesstätte weilenden Kind etwas zustößt, ohne dass sie umgehend davon erfahren und zu ihm eilen können. Eine überaus sympathische, eigentlich herzergreifende Sorge. Sie wäre mit gutem Willen der Unternehmen und der Kollegen zu beseitigen. Das Kind in Rufweite von Mama oder Papa. Rufweite heißt im Zeitalter der Mobiltelefone und Automobile vielleicht fünf Kilometer Entfernung. Ferner die Zusage, dass Mama oder Papa im Fall eines Problems umgehend informiert und – aufgrund einer Betriebsvereinbarung – auch sogleich zum Kind eilen können.
Wann immer ich diesen Vorschlag ins Gespräch brachte, schien meinen Gesprächspartnern ein Stein vom Herzen zu fallen: Genau das wünschten sie sich. Und – allen Bedenkenträgern gleich gesagt- sie würden dieses Recht nicht missbrauchen. Ja, sie wären sogar bereit, dafür zu bezahlen ( Was zu verlangen meiner Meinung nach unmoralisch wäre, aber die Bereitschaft zeigt, wie dringlich das genannte Anliegen ist).

Bitte an die Praktiker: Über die beiden genannten Vorschläge einmal nachdenken, vor allem über den an zweiter Stelle genannten. Falls ich offene Türen eingerannt haben sollte: Dank und Bitte um Pardon an solch weitsichtige und großzügige Arbeitgeber und Belegschaften, die diesem dringendsten Wunsch der Eltern auf die genannte oder auf eine bessere Weise entsprechen.

Und eine Bitte an alle Großeltern – wiederum verbunden mit der Bitte um Pardon, wenn ich offene Türen einrennen sollte - : Die beschriebene Rufbereitschaft anbieten und gewährleisten, falls sie im Betrieb nicht gegeben sein sollte. Wer sollte denn im Notfall an die Stelle der Eltern treten, wenn nicht die Großeltern? Vor allem, wenn sie schon Rentner sind.

Erstaunlicherweise spielte die finanzielle Ausbeutung der Familien in den Gesprächen keine allzu große Rolle. Was natürlich nicht heißt, dass sie nicht verwerflich wäre und dass nicht dagegen gekämpft werden müsste.

Gravatar: Lemke

Naja, naja, das "Modell" Frankreich ist auch keines! Schließlich hat sich das mit dem vielen Geld für viele Kinder auch bei den Nordafrikanern herumgesprochen, die nur am vielen Geld interessiert sind, den Westen samt Frankreich hassen und mit ihren vielen Kindern Frankreich so umhäkeln wollen wie Ihnen das passt: islamisch, nicht zukunftsorientiert, nicht rechtstaatlich, nicht demokratisch.

Gravatar: Josef

Es müsste mal groß in der Öffentlichkeit, in allen Zeitungen etc. stehen, dass Kindererziehung (also dass die Kinder mind. 4 Jahre nach der Geburt) Respekt verdient, weil es ein schwerer Job ist, der aber glücklich macht. Man müsste meinen, die Politik (vor allem die Linksgerichteten) verfluchen die Eltern, die Ihre Kinder selbst erziehen wollen.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang