Deutsche demokratische Öffentlichkeit

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Was bedeutet es, wenn sich im sogenannten Dschungelcamp ein paar Kretins beiderlei Geschlechts vor den Augen der deutschen demokratischen Öffentlichkeit allabendlich erniedrigen und entwürdigen (lassen)? Nun, man stelle sich Friedrich Schiller beim Betrachten dessen vor, was aus der ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts geworden ist. Die Feinsinnigen unter den Zeit-Abonnenten und Kulturzeit-Guckern würden jetzt wohl dagegenhalten, dass wir es bloß mit einem vom Boulevard angeheizten und zugleich ausgebeuteten Unterschichtsphänomen zu tun hätten, doch das ist ja nicht wahr, jede Galerie für moderne Kunst und nahezu jede zeitgenössische Theater- oder Operninszenierung belehren uns mit unbeirrbarer Konstanz darüber, dass Sperma, Kot und Müll, Entblößung und Erniedrigung, Verhässlichung und Destruktion hierzulande auch Modus, Habitus, Gestus, Duktus und Spasmus der allenfalls noch im Scherz so genannten Hochkultur sind. Das Omegaprominentencamp im Busch ist den deutschen Bühnen sogar noch insofern überlegen, als dort immerhin keine Klassiker und Meister, sondern bloß die besagten Kretins zum Defäkieren und Defäkiertwerden freigegeben bzw. bloßgestellt sind. Man könne, notierte Boris Groys, „die gesamte künstlerische Avantgarde ohne Weiteres als eine ständige Verunstaltung und Beschmutzung des würdigen Menschenbildes interpretieren“, und in der kommerziellen Massenkultur sei der „programmatische, kalkulierte Verlust der menschlichen Würde“ längst zum „Hauptverfahren“ geworden.

Vor diesem Hintergrund besitzt es eine gewisse Pikanterie, dass sich ein Verein in Deutschland lebender schwarzer Menschen über die parallel zum allerneuesten Madenfressen und Schlammschlucken anlaufende TV-Schau der Eisschnelläuferin Annie Friesinger entrüstet. In dieser Sendung bringt die Athletin i.R. drei Mohren das Schlittschuhlaufen bei, und deren erste Versuche auf dem Eis werden gewiss so ulkig ausfallen wie die jedes anderen Anfängers auch, was nach Ansicht der erwähnten Kritiker auf eine Vorführung ihrer Rassengenossen und mithin eine mehr oder weniger subtile Art von Diskriminierung hinauslaufe. Man stelle sich nun erst das Dschungelcamp mit durchweg schwarzen Insassen und zwei weißen Dompteuren vor! Aber solange nur Bleichgesichter entwürdigt werden, geht die Sache allweil in Ordnung.

Beitrag erschien zuerst auf: michael-klonovsky.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: GH

...und wie lächerlich macht sich erst ein Thomas ex Gotha, der nicht zu wissen scheint,dass jeder
Hauptsatz auch ein Prädikat benötigt (Nichts IST lächerlicher als ein Medienarbeiter, der..).

Gravatar: Helene

Warum soll sich ein Journalist nicht über das Medienschaffen äußern dürfen? Solche Sendungen, wie sie Klonovsky beschreibt, hätte ich früher einfach nicht für möglich gehalten. Ich glaube, ich habe einmal kurz so etwas angeschaut und wußte dann, daß es mich wirklich nicht interessiert oder sogar ekelt. Was mich aber geradezu fassungslos macht, ist, daß in angeblich renommierten Zeitungen, darüber berichtet wird, welcher angeblich Prominente wann und wo an einer solchen Zurschaustellung teilnimmt - wovon ich dann auch nur die Überschriften lese, nicht zuletzt deswegen, weil ich die "Prominenz" gar nicht kenne.
Und Klonovsky hat recht: Wurden früher entstellte, zwergwüchsige Menschen oder gefangene "Wilde" zur Schau gestellt - was heute mit Recht als Erniedrigung betrachtet wird - so scheint es völlig in Ordnung zu sein, wenn sich die weißen Gesunden selbst erniedrigen.

Gravatar: Thomas ex Gotha

Nichts lächerlicher als ein Medienarbeiter, der sich über die Arbeit der Medien echauffiert. Und wem von der Kulturindustrie jeglicher Begriff fehlt, der bedient zum Ausgleich die kleinbürgerlichen Ressentiments gegen Regietheater und Avantgarde und endet, um das traurige Spektakel der Geistlosigkeit abzurunden, in Witzchen über "Mohren".

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