Der Unvermeidliche – oder: Ich wollte, ich wäre Heiner G.

Was muss man denn als kleiner Blogger tun, um einmal diese Position zu erreichen? In die Politik gehen und so tun, als sei man Querdenker?

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Zu den Vorkommnissen im Bistum Limburg haben sich nun schon so viele geäußert, dass es fast gar nicht aufgefallen wäre. Jede Talkshow hat berichtet und Kirchen- und Vatikanexperten aufgefahren, Politiker von der ausrangierten Sorte wie Norbert „Die Rente ist sicher“ Blüm bis hinauf zur Bundeskanzlerin haben sich geäußert, es gibt auch kaum einen Kirchenmann, der noch nicht seine Meinung zum Ausdruck gebracht hat, ob nun verdeckt oder offensiv. Es fehlten bis gestern eigentlich nur noch zwei ausgewiesene Jesusexperten, die stumm geblieben sind, vielleicht noch nicht gefragt wurden – jetzt ist es nur noch einer: Hans Küng hat sich anscheinend noch nicht geäußert, Google gibt dazu jedenfalls nichts her.

Dafür durfte gestern Morgen wieder der bekannte Jesus Christus „Feelalike“ Heiner Geißler sein Gesicht in die Kamera des Morgenmagazins halten. Egal, was bei Kirchens vor sich geht: Heiner G. war schon dabei. Er weiß genau, was Jesus getan hätte und scheut sich auch nicht, seine Erkenntnisse in jedes hingehaltene Mikrofon zu plaudern. Zudem ist er Jesuit – naja, nicht wirklich, er war mal auf einem Jesuitenkolleg und anschließend Novize, aber das ist ja schon fast das gleiche – und weiß insofern nicht nur ganz genau, was Jesus getan hätte (zum Beispiel in der Frage des Baus des Stuttgarter Bahnhofs) sondern auch, was der Papst – seines Zeichens echter Jesuit – denkt. Man stellt sich die Frage, wieso man diese kirchlich-allwissende Enzyklopädie nicht schon längst befragt hat, da hätte man sich doch jede weitere Diskussion sparen können?!

Und er hat die ultimative (um nicht zu sagen: End-) Lösung der Limburg-Frage: Madagaskar! Oder irgendeinen anderen Ort am Ende der Welt, in Afrika! Egal, Hauptsache weit weg mit dem dort von vielen ungeliebten Bischof, weit weg von Limburg, irgendwohin „wo er beweisen kann, dass er seine Glaubwürdigkeit wieder zurück bekommt, denn er ist ja und bleibt ja Bischof“ Glaubwürdigkeit hat zwar in Limburg auch an anderer Stelle gelitten (ich kann mir nicht vorstellen, dass sich eines Tages ein Nachfolger von Tebartz-van-Elst mit dem bestehenden Verwaltungsrat belasten will), aber der Bischof steht eben am meisten im Feuer, und wenn es etwas für den sogenannten „Querdenker“ der CDU gibt, was er beherrscht, dann das Aussprechen von sowieso von allen angenommenen aber angeblich unbequemen „Wahrheiten“.

„Deswegen wird der Papst, glaube ich, ihn nicht verdammen, sondern wird ihm eine neue Aufgabe geben.“ – Verdammen? Ja, so denkt sich das der Mob, so stellt sich der Illuminati-geschulte Kirchenkenner die Abläufe in der Kirche vor. Aber zum Glück lässt selbst Heiner G. hier Milde walten. Irgendein Job in einer Strohhütte in Afrika wird sich doch für den Limburger Bischof schon finden lassen. Gut, der kennt dann weder deren Sprache noch deren Gepflogenheiten, kann also dort kaum so etwas wie ein Hirte sein, aber allzu leicht sollte man es ihm ja auch nicht machen, denn er hat schließlich seine Glaubwürdigkeit verloren. Und die in Afrika sind sicher froh, mal einen weißen Bischof bei sich haben zu dürfen, den man dorthin „strafversetzt“ hat wegen mangelnder Glaubwürdigkeit. So kann man doch mal richtige Entwicklungshilfe leisten, und sich dabei noch eines eigenen Problems entledigen.

„Die [Glaubwürdigkeit] muss er wiedergewinnen, aber die hat er nicht mehr. Und deswegen wird er im Bistum nicht mehr akzeptiert werden.“ Na, das ist ja mal ein Kirchenbild: ein Bischof wird also demnächst nach dem Vertrauen, dass die Gläubigen in ihn setzen ausgewählt? Oder besser noch nur durch die Vertreter von „Wir sind Kirche“ oder dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken? Am allerbesten einfach Heiner G. fragen, der wird wissen, was Jesus und Papst wollen sollen.

Aber vermutlich sind meine giftigen Einlassungen oben nur das Produkt eines tiefsitzenden Neides gegen einen – das muss man anerkennen – ansonsten in vielen Bereichen verdienten Politiker: Als Blogger will man ja gelesen und gehört werden, man hätte gerne, dass die Welt einem zuhört und die vorgebrachten Positionen und Meinungen zumindest bedenkt, sie am besten übernimmt. Und da kommt jemand, verbreitet gängige Mainstreampositionen oder krude angebliche Lösungsvorschläge, wird damit zu Interviews eingeladen und gilt auch noch als besonders fortschrittlich! Was muss man denn als kleiner Blogger tun, um einmal diese Position zu erreichen? In die Politik gehen und so tun, als sei man Querdenker? Dann bleibe ich doch lieber ein kleiner Blogger und bete für unsere Kirche um einen guten Umgang mit Vorgängen wie diesen. Und habe Geduld und Vertrauen in den Papst, dass er weise entscheiden wird, ganz ohne meine Ratschläge!

Zuerst erschienen auf papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Tilda

Wunderbar geschrieben, die Badewanne ist von 15.000 schon auf 3ooo gefallen,(hat die unsere auch gekostet) Mal sehen was noch kommt.
Wer allerdings das Interwiev des Domkapitels sehen konnte , der müßte hellhörig geworden sein. Jeder Bischof, der nicht diesen Kreisen angehört, eventuell romtreu ist, wird in Limburg keine Chance haben. Die Herren haben ein anderes Verständniss von Kirche.
Ich habe Mitleid mit jedem Bischof, der in diese Schlangengrube muß.

Gravatar: Stefanie Selhorst

Lieber Herr Honekamp,

selten habe ich einen Blog gelesen, der mir so aus dem Herzen spricht. Jetzt denke ich, am Ende wird die Liebe doch noch siegen.

Ihre Stefanie Selhorst

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