Der Stachel im Fleisch der SED- Linken

Als im Jahr 1990 ein kleiner Förderverein begann, eine einzigartige Spezialsammlung in der DDR verbotener Literatur in eine Gedenkbibliothek zu überführen, konnte niemand ahnen, wie gut sich dieses Unternehmen trotz aller Anfeindungen, nicht nur von Seiten der umbenannten SED, entwickeln würde.

Veröffentlicht:
von

Mitten in Berlin, im Nikolaiviertel, in dem bis zu seinem Ableben Stasi- Spionagechef  Markus Wolf wohnte und das noch heute überwiegend von alten SED- Funktionären bevölkert wird, befindet sich die Gedenkbibliothek für die Opfer des Stalinismus. Das Haus, das die Bibliothek beherbergt, könnte nicht passender sein. Hier wohnte Gotthold Ephraim Lessing in seiner Berliner Zeit. Die Gedenkbibliothek steht in seiner aufklärerischen  Tradition.

Am letzten Wochenende fand im Roten Rathaus eine bemerkenswerte Veranstaltung statt. Obwohl es der Hauptstadtpresse keine Erwähnung wert gewesen war, hatten sich im überfüllten Louise- Schröder- Saal zahlreiche Gratulanten eingefunden, um den 25. Jahrestag der Gedenkbibliothek zu feiern.

Als im Jahr 1990 ein kleiner Förderverein begann, eine einzigartige Spezialsammlung in der DDR verbotener Literatur in eine Gedenkbibliothek zu überführen, konnte niemand ahnen, wie gut sich  dieses Unternehmen trotz aller Anfeindungen, nicht nur von Seiten der umbenannten SED, entwickeln würde. Das ist vor allem der charismatischen, unermüdlichen und unerschrockenen Gründerin Ursula Popiolek zu verdanken, die sich weder durch Rufmordkampagnen, Brandanschläge auf ihr Haus, noch von gerichtlichen Klagen abschrecken ließ.

Von den bescheidenen Anfängen am Hauvogteiplatz, wo in einem Raum etwa 2000 Bände untergebracht waren, bis zu den heutigen, zehnmal größeren Räumlichkeiten im Nikolaiviertel mit über 12 000 Bänden, war es ein steiniger, aber erfolgreicher Weg.

Die wertvollste Stücke der Sammlung waren gleichzeitig ihr Grundstock: Wolfgang Leonhards „Die Revolution entlässt ihre Kinder“, für die DDR hergestellt, mit einem Tarneinband “Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR“ versehen, Solschenizyns „Archipel Gulag“, den Popiolek bei ihrer einzigen Westreise in die DDR schmuggelte und Jewgenia Ginsburgs „Marschrute eines Lebens“, das als Flugblatt in den 60er Jahren über der Altmark abgeworfen wurde.

Ginsburgs schreckliche Erinnerungen an die  Verhaftungswelle Stalins nach Ermordung des Leningrader KPDSU- Funktionärs Kirow 1934,  wurden für die Bibliothek der Einstieg in die inzwischen umfangreiche Sammlung der Haft- und Lagerliteratur, dem Herzstück der Gedenkbibliothek.

 

Auf diesem tragfähigen Bücherfundament  steht ein  ganzer Überbau mit DDR-Oppositionellen- und osteuropäischer, vor allem sowjetischer Dissidentenliteratur, sowie mit systemkritischer Sachliteratur unter politischen, juristischen und geschichtswissenschaftlichen  Gesichtspunkten.

Die meisten Bände sind Spenden, da wenig Geld für Erwerbungen vorhanden ist. Trotzdem ist inzwischen eine für Wissenschaftler relevante Sammlung entstanden, die an den Arbeitstischen in der gemütlichen Bibliothek genutzt werden kann. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, auszuleihen.

Das ist aber nicht alles. Seinerzeit hatte  sich bei der  Eröffnung  der bekannte SED- Regimekritiker  Professor Wolfgang Leonhard dieser  “ ein- und erstmaligen“  Spezialbibliothek in Berlin gewünscht, dass sie „ den Anstoß  zu einer aktiven Diskussion in den fünf neuen Ländern“ geben solle. Und analog dazu -  Leonhard damals weiter -  „sollen politische Referate, Auseinandersetzungen und Begegnungen ehemaliger Opfer zum künftigen Programm des Hauses gehören.“ Seine Hoffnung , die vor allem auch eine Hoffnung von Ursula Popiolek war,  erfüllte sich.

 

Alle vierzehn Tage, an ungeraden Dienstagen, findet eine Abendveranstaltung statt, mit Vortrag und Diskussion. Immer wieder gelingt es der Bibliothek, namhafte Referenten zu verpflichten. Es wird aber auch unbekannteren Autoren ein Podium geboten. Neben dem Stammpublikum gibt es immer wieder Besucher, die sich für das eine oder andere angebotene Thema interessieren. Für manchen ist es der Beginn regelmäßiger Besuche.

Alle der Veranstaltungen der letzten 25 Jahre sind von Unterstützern der Bibliothek rezensiert worden. So konnte am 25. Jahrestag ein eindrucksvoller Band mit diesen Berichten vorgelegt werden.

Neben den vielen Büchern und Dokumenten gibt es eine interessante Dauerausstellung zu besichtigen, mit dem Titel: HUMANISMUS  STATT  KOMMUNISMUS.

 

Es geht um die Verbrechen der Bolschewiki anhand der Werke zweier großer russischer Schriftsteller und Historiker:  Alexander Solschenizyn und Alja Rachmanowa.

Alja Rachmanowa hat die Zerstörung alles Geistlichen und Geistigen während der Bürgerkriege und auch danach  durch den Bolschewismus, sowie die Entzauberung des Faszinosums einer  „gerechten klassenlosen Gesellschaft“  in ihren „Russischen Tagebüchern“ sowie in der  „Fabrik des neuen Menschen“  entlarvt.

Sie ist ein Phänomen in der Literaturgeschichte:  Bis heute ist nicht ein einziges ihrer 19 in über 20 Sprachen  veröffentlichten literarischen Werke in  russischer Sprache   erschienen.

Mit der Ausstellung wurde dieser Aufklärerin ein Denkmal  gesetzt, auch mit einer erstmalig  inzwischen vorliegenden Rückübersetzung  aus dem Deutschen ins Russische   des Romans „Fabrik des neuen Menschen“.

Die  beängstigenden   Praktiken der Kommunisten, den Menschen verändern zu wollen,  sollten gerade heute in Putins Rußland  die Menschen warnen. Aber auch für den Westen, der nicht frei von volkspädagogischen Tendenzen ist, sind Rachmanowas Einsichten nachdenkenswert.

Solschenizyns  Werke zu sammeln und öffentlich zu machen, war von Anfang an Gewissensauftrag und Gebot der Bildungsstätte.Es ist ein beziehungsreiche Geste, dass diese Ausstellung im  zur Bibliothek gehörenden Lessinghaus untergebracht ist, in dem  der große deutsche Aufklärer  einst mit Moses Mendelssohn über  Menschheits-Erziehungs-Probleme  philosophierte.

 

Mit dieser Dauerausstellung wird das Ziel verfolgt, einer Verharmlosung des Sozialismus/Kommunismus entgegenzuwirken und  vor allem junge  (dadurch leichter verführbare) Menschen aufzuklären und fragen zu lassen: Warum fasziniert der Kommunismus noch immer? Wohin führt ideologische oder fundamentalistische Verblendung? Wie viel Demagogisches versteckt sich  im „Gutmenschentum“ hinter „sozialer Gerechtigkeit“?

Die Antwort auf viele solcher Fragen lautet immer: Utopie im Machbarkeitswahn führt zum Totalitarismus. Die Gefahr ist noch keineswegs gebannt.

Kommen Sie beim nächsten Berlin- Besuch doch mal vorbei. Bibliotheksleiter Thomas Dahnert wird sie freundlich begrüßen und gern herumführen

Gedenkbibliothek für die Opfer des Stalinismus, Nikolaikirchplatz 4, Mo- Do, 10.00-17.00

 

 

 

 

 

 

 

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Stephan Achner

"Utopie im Machbarkeitswahn führt zum Totalitarismus.":

Das erleben wir heutzutage mit der Brüsseler EU und dem Euro, auch wenn das nicht mit den üblichen Kommunismus/Sozialismus-Begriffen beschreibbar ist. Der heutige Totalitarismus kommt schleichend mittels schöner Worte, vermeidet "Kampfbegriffe" und verzichtet auf geschlossene Gedankengebäude - ist aber genau deshalb noch gefährlicher.

Gravatar: MAX

Wünsche Ihnen viel Erfolg , und
Standhaftigkeit gegen LINKSEXTREMISMUS.

Gravatar: Bartholomay

Die Gefahr des Totalitarismus ist längst nicht gebannt.Wer juristische Ordnungen und Regelungen aus politischen Interessen in der Praxis ,willkürlich unwirksam macht,der gründet einen Staat im Staate,der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie abschafft.Einzelfälle die dieses dokumentarisch belegen und beweisen,sind längst nicht mehr nur die Spitze eines Eisberges,nach 25 Jahren "deutscher Einheit".Was heute in diesem Land vor sich geht - war vor 10 Jahren noch nicht einmal vorstellbar.Die Warner und Mahner vor dieser Entwicklung,von vor 10 Jahren,hat man aber für "psychisch krank" erklärt und weggesperrt.Heute werden solche Menschen als Gefahr "von Rechts" deklariert und obendrein noch unter Mithilfe der Justiz terrorisiert und enteignet - auf dem Wege zum Totalitarismus sind wir schon weiter als viele "Schlafmützen" denken.Es wird ein böses Erwachen geben,keine friedliche Revolution,
aus denen die Linken Materialismusutopisten nicht noch einmal durch Medien Hetze und Propaganda verbreiten,und damit Massenmanipulation bestreiten.Licht kann die Finsternis beleuchten,die Finsternis kann aber das Licht nicht zu Finsternis machen.Das müßte eine Physikerin doch wissen,oder hat sie auch schon göttliche Macht die Naturgesetze zu verändern ?

Gravatar: Gernot Radtke

Noch ein Vorschlag: Parteimitglieder von 'Die Linke' bekommen ein kostenloses Dauer-Abo für die Bibliothek. Familienangehörige sind inkludierbar.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang