Der Selbstrauswurf der Pius-Bruderschaft

In der Traditionalisten-Bewegung scheinen sich jene Kräfte durchzusetzen, deren Kirchlichkeit vor allem aus einem "dagegen" besteht.

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"Und Rom schaut zu?" Diese Frage stellen sich mit Blick auf das Treiben der Pius-Bruderschaft nicht wenige Katholiken in diesen Tagen. Die Pius-Bruderschaft plant derzeit die Weihe von drei Diakonen und drei Priestern in ihrem Priesterseminar in Zaitzkofen bei Regensburg. Dazu will nun auch der Generalobere der Piusbrüder, Bischof Bernard Fellay, eigens anreisen. Der hatte bereits am 3. Mai im Benediktinerkloster im französischen Bellaigue eine Priesterweihe vorgenommen. Mit den Weihen im Bistum Regensburg würde auch das Jubiläum 25 Jahre Priesterweihen der Bruderschaft gefeiert – 1984 hatte es die ersten Weihen gegeben.

Die Weihen sind gültig, da sie von Bischöfen vorgenommen werden, die wiederum selbst von einem gültig geweihten Bischof, dem Begründer der Bewegung, Erzbischof Marcel Lefebvre, in ihr Amt eingeführt worden sind. Obwohl man aufgrund des immer noch nicht festgelegten kirchenrechtlichen Status der Bewegung in Rom auf den problematischen Charakter des Unternehmens hingewiesen hat, wollen die Piusbrüder an den Weihen festhalten. Dieser Akt öffentlich zelebrierten Ungehorsams stellt das Verhältnis der Bruderschaft zur römischen Kurie also auf die Zerreißprobe.

Die Weihen reihen sich ein in einen Reigen von Äußerungen und Akten, mit denen die Traditionalisten ihre Unabhängigkeit unter Beweis stellen wollen. Ihr Ziel ist es zu dokumentieren, dass die laufenden Gespräche mit dem Vatikan keineswegs eine Einschränkung ihres Handlungsspielraums bedeuteten. Man fragt sich so langsam, wer wem in der sogenannten "Pius-Krise" entgegen gekommen ist: Nach der Wiedereinführung der alten Messe, der Aufhebung der Exkommunikation und der Wiederaufnahme der Gespräche mit der Piusbruderschaft ist Rom mit seinem Latein am Ende. Mehr geht nicht. Mehr darf auch der Papst nicht. Sein Spielraum ist begrenzt.

Genau das sollte nun auch kommuniziert werden. Die unerlaubte Weihe von Priestern kann die Selbst-Exkommunikation der Beteiligten bedeuten. Zwischen den anstehenden Geschehnissen vom 27. Juni 2009 und jenen vom 30. Juni 1988, die zur Exkommunikation der Handelnden am folgenden Tag führten, bestehen keine wesentlichen Unterschiede. Es ist verständlich, dass man in Rom die gemachten Fortschritte nicht mutwillig zurückgehen will. Doch mit dem Amt sind auch Pflichten verbunden.

Erschreckend ist die ernüchternde Erkenntnis, dass der Aufstand der Anständigen in der Bruderschaft selbst ausbleibt. Scheinbar erwartet man, dass die Katholische Kirche in der Bruderschaft aufgehe, nicht jedoch der umgekehrte Prozess eintrete. Aus einer theologischen Auseinandersetzung über Entwicklungen des Zweiten Vatikanischen  Konzils ist eine kirchenpolitische Fehde geworden. Man fragt sich, ob manche Führungsgestalt bei der Bruderschaft vielleicht Einfluss und Position höher stellt als die reine Lehre des Glaubens. Derzeit jedenfalls erinnert die Bruderschaft an den Pinguin des Comic-Zeichners Uli Stein, dessen Botschaft auf einem Banner kurz und bündig zusammengefasst heißt: "Dagegen".

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