Der Papst, die Hirten, die Herde und die Welt

Selbst wenn man Ahnung hat (oder sie zu haben meint): Einfach mal die Klappe halten! Da habe ich mich doch in der vergangenen Woche hinreißen lassen, meinem Vorsatz, zur Bischofssynode über die Familie nichts zu schreiben, untreu zu werden.

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Und zumindest bei der Veröffentlichung auf Facebook gab es denn auch Gegenwind, bin ich doch zumindest mit der kritischen Nennung des Namens von Kardinal Burke dem einen oder anderen auf die Füße getreten. Wenn ich ehrlich bin, dann war seine Nennung in der Tat eine Provokation, steht Kardinal Burke doch stellvertretend für eine konservative Richtung, von der viele meinen, sie komme unter Papst Franziskus zu wenig vor, werde im Unterschied zu Papst Benedikt XVI. durch Sichten von Liberalen wie Bischof Kasper abgelöst.

Dabei hatte ich meine liebe Mühe, selbst meiner Frau klar zu machen, was ich mit meinem letzten Beitrag eigentlich sagen wollte, dass es mir nämlich nicht um die Positionen ging (bei denen ich einem Kardinal Burke natürlich näherstehe als Kardinal Kasper) sondern um die Art der Kommunikation, die ich auf allen Seiten – besonders im Umgang mit den Medien und Journalisten – für mindestens unprofessionell, ab und zu auch opportunistisch halte. Meine Bischofsschelte richtet sich nicht dagegen, dass ein Bischof an der Lehre der katholischen Kirche festhält oder sie zu verändern sucht, sondern dass er Inhalte aus der Synode vor der Presse ausplaudert, die daraus natürlich eine Meldung machen (Stichwort „Synode der Medien“), was wiederum zur Verwirrung der Menschen beiträgt. Und mit letzterem meine ich nicht in erster Linie alle diejenigen, die die Kirche mit einem eher voyeuristischen Blick beobachten, die die Berichterstattung hören, wie sie auch von Streikandrohungen oder der Verbreitung des Ebolavirus hören, sondern die kleiner werdende Herde von Menschen, die sich tatsächlich Orientierung von der Kirche erwarten.

In einem Beitrag der vorletzten Woche hatte ich geschrieben:

Die Not wiederverheirateter Geschiedener, die auf eine Zulassung zur Eucharistie hoffen, die Not von Homosexuellen, die im Einvernehmen mit der katholischen Lehre leben wollen, die Not auch derjenigen, die versuchen, die kirchliche Lehre in der Verkündigung an die Frauen und Männer und Familien zu bringen, all diese Notlagen, egal ob selbst verursacht und egal wie man sie mit den Augen Christi sieht, sie verbieten Schnellschüsse in der Berichterstattung, die immer zu Fehlern führen werden. Und sie verbieten es, dass jetzt im Umfeld der Synode und unter den Bischöfen selbst „Politik“ auf dem Rücken der Betroffenen gemacht wird.

Das mag verdeutlichen, dass meine Kritik in der vergangenen Woche nicht in eine inhaltliche sondern in Richtung der Vermittlung ging. Wer die Diskussionen aus der Synodenaula in die Öffentlichkeit trägt, egal ob aus eigenem Antrieb oder als Reaktion auf diejenigen, die bereits vorgeprescht sind, der trägt zur Verwirrung der Gläubigen bei – und wird damit seiner Funktion als Hirte, wie ich sie verstehe, nicht gerecht.

Nun sind aber auch hier, wie überall, Menschen am Werk. Und sowenig wie ich selbst meinem Vorsatz der „Synode ohne den PAPSTTREUENBLOG“ treu geblieben bin, so mögen auch die in Rede stehenden Kardinäle Anderes geplant haben und durch spontane Nachfragen – wie im Fall Kasper –, durch scheinbar notwendige Reaktion auf die Äußerungen anderer Kardinäle oder – wenn es schon mal menschelt dann aber auch richtig – durch persönliche Eitelkeit dazu verführt worden sein, dass Spiel der Medien mitzuspielen und die Streitpunkte, deren synodeninterne Diskussion doch der Bildung eines gemeinsamen Standpunktes dienen soll, in die Presse zu tragen. Da darf ich mich auch selbst fragen: Warum habe ich den Beitrag der vergangenen Woche geschrieben? Bin ich wirklich der Ansicht, die Welt, die Kirche dadurch besser gemacht zu haben, zur Orientierung beigetragen zu haben?

Ganz anders, und in dieser Hinsicht erneut Vorbild, der Papst, dessen Haltung zwar dieser Tage in den Medien breit analysiert wird – da wird von der Enttäuschung des Papstes über den ersten Synodenteil fabuliert, darüber, welche Richtung der Papst selbst der Synode geben wolle etc. – der sich aber in seiner Rolle bewusst aus den aktiven Diskussionen heraus gehalten hat. Die einen nehmen ihm auch das übel, andere betrachten es als Nachweis ihrer These, was der Papst eigentlich wolle, besser müsste man sagen: in ihren Augen wollen solle! Seine Botschaft zum Ende des Synodenteils diesen Jahres – nur noch mal zur Erinnerung: egal welche Mehrheiten, egal welche verabschiedeten Inhalte, die Synode entscheidet nichts, kann nichts entscheiden, und kann auch die Lehre der Kirche nicht ändern! – beschreibt die Atmosphäre der Beratungen, die Erfolge und auch die Fallstricke, geht aber – wohl bewusst – nicht auf die Inhalte ein.

Dabei bekommt auch jede Richtung, die sich zu sehr der Beratung entzogen haben und sich in ihrer Position verbissen haben, ihr Fett weg, wenn der Papst von den Versuchungen spricht, die eine solche Beratung heraufbeschwört:

Die Versuchung der feindlichen Erstarrung: Das ist der Wunsch, sich im Geschriebenen einzuschließen und sich nicht von Gott überraschen lassen wollen, vom Gott der Überraschungen, dem Geist. Im Gesetz einschließen, in der Sicherheit dessen, was wir wissen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Das ist die Versuchung der Eifrigen, der Skrupulösen, der sogenannten "Traditionalisten" und auch der Intellektualisten.

Die Versuchung des zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie zuvor zu behandeln; dabei handelt es sich um ein Symptom, nicht um Gründe oder Wurzeln. Es ist die Versuchung der "Gutmenschen, der Ängstlichen und auch der so genannten "Progessiven und Liberalen".

Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln um ein langes, schweres und schmerzhaftes Fasten zu beenden (Lk 4:1-4). Eine weitere Versuchung: Brot in Steine zu verwandeln und sie auf die Sünder zu werfen, die Schwachen und die Kranken (Joh 8:7) und ihnen so unerträgliche Lasten aufzubinden (Lk 11:46).

Die Versuchung, vom Kreuz herunter zu steigen, um den Menschen zu gefallen, und nicht dort zu bleiben um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich vor dem Geist der Weltlichkeit zu verbeugen anstatt sich zu reinigen und vor dem Geist Gottes zu verneigen.

Die Versuchung, das "depositum fidei" zu vernachlässigen und sich selber nicht als Hüter, sondern als Besitzer und Herren zu verstehen oder andererseits die Versuchung, die Realität zu vernachlässigen und eine einengende Sprache zu benutzen und so zu sprechen, dass man viel redet und nichts sagt!

Durch diese Worte scheint die Absicht des Papstes durch, die er mit der Synode verfolgt: Er sieht Handlungs- und Entscheidungsbedarf, wenn nicht in der Lehre dann doch in der Pastoral und in der Mission und wird keine Entscheidungen ohne intensive Beratung treffen. Das ist nicht eine Position der Schwäche, wie sie ihm auch einige andichten wollen, sondern eine realistische Position: Fragen wie die aufgeworfenen, und das sind nur am Rande die „Klassiker“ wie der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, machen einen Blick über den Tellerrand notwendig. Eine Entscheidung sollte nicht getroffen werden, ohne alle inhaltlichen Argumente zumindest mal gehört zu haben! Er sucht nach den erforderlichen Mitteln, seine eigene Rolle wahrnehmen, die er selbst wie folgt beschreibt:

Die Aufgabe des Papstes ist es nämlich, die Einheit der Kirche zu garantieren; es ist seine Aufgabe, alle Gläubigen an ihre Pflicht zu erinnern, treu dem Evangelium Christi zu folgen; es ist seine Aufgabe, die Hirten daran zu erinnern, dass es ihre wichtigste Aufgabe ist, die Herde zu hüten, der Herr ihnen anvertraut hat und die verirrten Schafe zu suchen und willkommen zu heißen, in Väterlichkeit, Barmherzigkeit und ohne falsche Angst.

Dazu dient diese Synode, und das relativiert auch die Aufgeregtheiten, die mich selbst ebenfalls befallen, wenn es um bestimmte Themen geht. Wie gesagt: Entscheidungen wurden – trotz Abstimmungen – nicht getroffen, und in dem, was bislang aus der Abschlussdokumentation, die lediglich als Vorbereitung für die Synodenfortsetzung im kommenden Jahr dient, veröffentlicht wurde, kann ich keinen Glaubensabfall entdecken. Man wird sicher über die unterschiedlichen Positionen auch im laufenden Jahr diskutieren müssen, und die Pause wird neben der Orientierung sicher auch der „Lobbyarbeit“ dienen, aber einen Richtungswechsel der Kirche herbeizureden, egal ob erwünscht oder unerwünscht, dazu wird sich auch dieses Dokument nicht eignen. Auch diese Perspektive beschreibt der Papst im Schluss seiner Botschaft:

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben jetzt noch ein Jahr um die hier vorgeschlagenen Ideen in einer wirklichen geistlichen Unterscheidung reifen zu lassen und konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen; Antworten zu geben auf die vielen Entmutigungen, welche die Familien umgeben und einschnüren. Ein Jahr, um an der „Relatio Sinodi“ zu arbeiten, welche die getreue und deutliche Widergabe dessen ist, was in dieser Aula und in den Arbeitskreisen gesagt und diskutiert wurde.

Darum geht es, nicht um Entscheidungen, nicht um eine „neue Lehre“, nicht um eine von den Medien herbeigeredete „sexuelle Revolution der Kirche“, es geht erst mal um die Dokumentation des Gesagten und Diskutierten – als Grundlage für weitere Gespräche und anschließend möglicher Richtungsentscheidungen. Die Revolution durch Papst Franziskus, der Umsturz der katholischen Morallehre, von den einen erhofft von den anderen befürchtet, von einer nicht unbedeutenden Schnittmenge aus beiden herbeigeredet, sie ist bis auf weiteres ausgeblieben und wird uns auch in den kommenden Monaten nicht ereilen!

Beitrag erschien auch auf: papstteuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Waldgänger aus Schwaben

Sie verkennen die Natur des Rosenkranzes. Das Abschotten gegen Argumente ist so ziemlich das letzte, was der Betende dabei im Sinn hat.

Den Rosenkranz bete ich still oder allenfalls in einer Kirche laut.
Herr Datko dagegen gibt wiederholt seinen Sermon laut unter denen, die er für ungläubige Atheisten hält.

Gravatar: Peter Schaefer

Ich kann auch nur vermuten, "wovandat Kengche si Hemdche esu naß hat".
Leider bringt das keinen von uns weiter.

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse.

@ Peter Schäfer

"....ähnlich wie einen Rosenkranz..."
Der war gut !!!
Bleibt zu fragen, ob unser Herr Datko weiß, was ein Rosenkranz ist.

Gravatar: Peter Schaefer

Nein, aber Sie müssen sich das ähnlich wie einen Rosenkranz vorstellen - es hat was meditatives immer denselben Sermon zu wiederholen und sich gegen Argumente abzuschotten.

Gravatar: Joachim Datko

Zitat: "Gibt es es eigentlich spezielle Tastaturen für Atheisten – nur mit den Tasten
Strg, C und V ?"

Wer als Atheist nur wegen der Kleinkindtaufe noch Mitglied in einer Kirchensteuerkirche ist, kann je nach Bundesland im Standesamt oder beim Amtsgericht den Kirchenaustritt durchführen.

Bei uns in Regensburg sind in den ersten 9 Monaten des Jahres 1071 Kirchenmitglieder ausgetreten. Wir hatten bei den Mitgliedern mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Regensburg 58% mehr Austritte als im schon guten Vorjahr im selben Zeitraum.

Gravatar: Danton

Ein dem historischen Buddha zugesprochenes Zitat lautet: "Und glaubt mir nicht nur , weil es ein Buddha gesagt hat, sondern prüft selbst!"

Die Christen aber scheinen im allgemeinen gerne "geführt" zu werden - sie sind ja schließlich eine Herde von Schafen.... Gut, dass es Kirchenfunktionäre gibt, die ständig daran arbeiten, die Gläubigen zu lenken - vollkommen ohne Eigeninteressen versteht sich.

Wenn die Kirchen nicht anfangen, endlich die spirituellen Lehren ihres "Erlösers" Jesus Christus zu verbreiten und den Menschen aus einer erlebbaren universellen Spiritualität heraus ihren "Gott" näherzubringen, werden auch noch die letzten hellen Köpfe diese Kirchen verlassen. Was übrig bleibt ist eine abhängige lenkbare Masse ohne eigenen Vestand, die sich statt autentischen Belehrungen lieber Vorschriften machen lässt.

Gravatar: Waldgänger aus Schwaben

Gibt es es eigentlich spezielle Tastaturen für Atheisten - nur mit den Tasten
Strg, C und V ?

Gravatar: Joachim Datko

Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen!

Zitat: "Der Papst, die Hirten, die Herde und die Welt"

Wenn Sie noch zur Herde gezählt werden, wird es höchste Zeit die Kirchensteuerkirche zu verlassen.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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