Der Nord-Euro, ein Traum!

Am Wochenende schlief ich im ICE zwischen Berlin und Hamburg ein.

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Ich träumte, dass der französische Staatspräsident der deutschen Bundeskanzlerin den Wunsch Frankreichs und anderer Südländer nach einem Ausstieg Deutschlands aus der Eurozone übermittelte. Es sei dem Süden nicht länger zuzumuten, dem deutschen Stabilitätsfetischismus weiter zu frönen. Auch in Paris sei man zur Überzeugung gekommen, dass der Euro für die Mehrzahl der Unternehmen im Süden zu schwer und für die im Norden zu leicht geworden sei.

Während Deutschland immer mehr exportiere, wachse im Süden die Anzahl der Insolvenzen, schrumpfe dort die Steuerbasis und steige die Arbeitslosigkeit. Insbesondere entwickle sich die Jugendarbeitslosigkeit überall im Süden zu unbeherrschbarem sozialen Sprengstoff. Hinzu käme, dass nicht nur alle Südländer, sondern auch Frankreich die gerade im Fiskalpakt festgeschriebenen Stabilitätsziele weder in diesem noch im nächsten Jahr werde erreichen können.

 

Vom Ausstieg Deutschlands aus dem Einheitseuro erhoffte sich Hollande eine Abwertung des Euro und damit einen wichtigen Impuls zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit der Südländer. „Madame“, so hörte ich Holland im Traum sagen, „Sie erwarten ja auch nicht von den Deutschen, dass sie sich ihre Löhne, Renten und Pensionen um 30 Prozent kürzen lassen!“.

Daraufhin beriet sich Merkel mit einigen Wirtschaftsführern und ich erinnere mich daran, dass ich im Traum Zeuge lautstarker Auseinandersetzungen wurde; nicht nur zwischen Vertretern von Familienunternehmen und Sparkassen einerseits und angestellten Managern und Großbanken andererseits, sondern auch zwischen Mitgliedern der Koalition. FDP-Spitzenkandidat Brüderle machte Finanzminister Schäuble klar, dass ein „Weiter so!“ nichts anderes als eine groteske Subventionspolitik sei, von der „die deutsche Exportindustrie zwar kurzfristig profitiert, für deren finanzielle Folgen im Süden aber der deutsche Steuerzahler und seine Kinder aufkommen müssen“.

In einer Sondersendung der ARD, so mein Traum, verliehen die Ex-Kanzler Schmidt und Kohl sowie Ex-Außenminister Genscher ihrer Sorge vor einem Dritten Weltkrieg Ausdruck. Der Moderator, WDR-Chef Schönenborn, beeilte sich, „diese Sorge mit Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern teilen zu müssen“ und stellte die Frage, warum man denn Franzosen keine weitere Zugeständnisse mache, um sie in der Einheitswährung zu halten.

 

 

Sowohl SPD-Chef Gabriel als auch DGB-Chef Sommer forderten daraufhin, sofort deutsche Löhne, Gehälter und Renten um 20 Prozent anzuheben, „um einen Beitrag zur Nivellierung der die Einheitswährung bedrohenden Produktivitätsunterschiede zu leisten“. Grünen-Chef Trittin wies darauf hin, dass dies auch durch die wegen der Energiewende entstehenden Mehrkosten erreicht werden könne. BDI-Chef Grillo warnte vor den Folgen einer Aufwertung, denn „60 Prozent der deutschen Exporte gehen nach Europa!“. Der Vertreter der Bundesbank, Dombret, wies dagegen darauf hin, dass „über 60 Prozent unserer Exporte nicht mehr in die Eurozone gehen“, was relevanter sei, und „inzwischen über 40 Prozent unserer Exporte vorher importiert und im Aufwertungsfalle billiger werden“.

Nach Annahme des französischen Vorschlages durch Finnland, Holland und Österreich, so träumte ich weiter, sah sich auch die Bundesregierung genötigt, zuzustimmen. Auch wurde bekannt, dass sich der neuen Währung – auf Vorschlag der Holländer „Eurogulden“ genannt – die Nichteuroländer Dänemark, Schweden, Polen und Tschechien anschließen wollen. Alle Teilnehmer der neuen Eurowährung würden den ursprünglichen Vertrag von Maastricht einhalten, einschließlich der „No-Bail-Out“-Klausel, die jede Vergemeinschaftung von Staatschulden untersagt.

Ich träumte weiter von einer Rede der Kanzlerin an die „in Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürger“. Sie freue sich, dass „wir jetzt in Europa sogar weniger Währungen haben als vorher“ und hätte ja immer schon gewusst, „dass es besser ist, eine Währung den ökonomischen Realitäten anzupassen als umgekehrt“. „Es bleibt Präsident Hollandes und mein strategisches Ziel, beide Währungen zusammenzuführen, aber erst, wenn die ökonomischen Bedingungen dafür gegeben sind. Das kann einige Dekaden dauern.“

Kurz vor dem Aufwachen träumte ist noch, dass Premier Cameron über die, wie er sich ausdrückte, „neue realistische Europapolitik“ so erfreut war, dass er das angekündigte Referendum über die britische Mitgliedschaft in der EU absagte. Erst als Bundespräsident Joachim Gauck den Professoren Hankel, Renate Ohr, Schachtschneider, Starbatty und Spethmann das Bundesverdienstkreuz wegen ihrer „trotz jahrelang erlittener Marginalisierung demonstrierten Zivilcourage“ anheftete, wachte ich auf; in Altona. Ich war zu weit gefahren, aber das war das geringste Problem.

Beitrag erschien zuerst im Handelsblatt

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hans von Atzigen

Einwandfrei: Ein Ende dieses Grossmacht und Allianzen-Wahnes ist ein dringendes Gebot der Zeit. Zurueck zu einem Europa Freier SELBSVERANTWORTLICHER Nationen. Damit eroeffnet sich zumindest die Chance ein noch sehr viel groesseres Desaster abzuwenden. Doch selbst Das ist angesichts der Irren Verwerfungen auch nicht mehr als eine Chance. Innernationale umfangreiche Anpassungen sind ohnehin innzwischen unvermeidlich. Dieser Weg ist einer Gesamteuropaeischen Buchstaeblichen Hoelle vorzuziehen. Angesichts der absolut Irren Verwerfungen ist sogar ein solcher Weg auch nicht sehr viel mehr als eine Chance. Einfach und absolut Irre was da angerichtet wurde.

Gravatar: Fixboy

Tja, leider nur ein Traum und zu schön um wahr zu werden. Aber träumen wird man ja noch dürfen.

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