Der MYTHOS von der „Willkommenskultur“ deutscher Vertriebener!

Politiker sprechen angesichts der aktuellen Flüchtlingszuwanderung von einer „Rückbesinnung auf die Willkommenskultur“ deutscher Vertriebener nach 1945! Doch das ist ein Mythos! Denn deutsche Vertriebene wurden von den eigenen Landsleuten wie „Aussätzige“ behandelt!

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Die Flüchtlingsdebatte innerhalb der EU um die Aufnahmequoten, die Fluchtbekämpfung, die Fluchtrouten und offene oder geschlossene Grenzen sowie die Aufnahme der ukrainischen Kriegsflüchtlinge ist auch 2022 nicht beendet. Ganz im Gegenteil. Angesichts der Corona-Pandemie, der Energie-Krise, knapper Steuergelder und sinkender Konjunktur ebenso wenig die Diskussionen über die Kosten für die Millionen Flüchtlinge, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind und der weiteren Hunderttausenden 2022 aus der Ukraine.

Dabei wurde und wird noch immer vielfach von hiesigen Politikern fast aller Parteien darauf hingewiesen, dass hierzulande schon einmal eine Masse von Flüchtlingen aufgenommen worden sei.

Gemeint damit sind jene rund 14 bis 20 Millionen Vertriebene aus den Ostgebieten nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

Doch war das tatsächlich so? Schlug den Vertriebenen wirklich eine Welle von Solidarität und Hilfsbereitschaft der „einheimischen“ Deutschen – den sogenannten „Reichsdeutschen“ –  entgegen, wie es uns heute angesichts der Debatte um die Flüchtlinge überwiegend aus dem Nahen Osten und Afrika verkauft wird?

Haben die deutschen Vertriebenen ebenfalls eine solche „Willkommenskultur“ erfahren, wie die heutigen „Neubürger“, mit der Politiker hierzulande so werben?

Eine „Willkommenskultur“, die anscheinend so ins bundesdeutsche Kollektiv-Bewusstsein eingefroren ist, das wir sie nie mehr vergessen sollten, auch nicht angesichts Hunderttausender Flüchtlinge aus fremden Kulturen?

Ich bin diesen Behauptungen nachgegangen, habe Bücher und Archive gewälzt, mit Vertriebenen gesprochen. Und bin zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen!

Harte Fakten räumen wahrlich auch mit dem Mythos und der Geschichtsverklitterung der „Willkommenskultur“ der „Einheimischen“ bezüglich der vertriebenen deutschen Flüchtlinge auf, die nicht einmal ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen konnten, weil dieser von den Alliierten festgelegt wurde.

Alles war anders. Ganz anders.

Geradezu beschämend.

Zunächst sei an dieser Stelle festgehalten: Tausende Vertriebene, die nach ihrer Flucht endlich im Westen ankamen, starben bereits nach ihrer Ankunft, denn sie fanden weder ein Dach über dem Kopf, erhielten weder medizinische Hilfe noch ausreichende Nahrung.

(Quelle: Keith Lowe: „Der wilde Kontinent – Europa in den Jahren der Anarchie 1943-1950“, Stuttgart 2014, S. 14, 41, 302).

Alleine schon dieser Sachverhalt unterscheidet sich frappierend von dem der heutigen Zustände!

Tatsächlich sahen sich auch die Westdeutschen im Chaos der Nachkriegszeit vom Strom der Vertriebenen aus dem Osten regelrecht überrollt.

Dabei ging es den Flüchtlingen zweifellos noch elender als ihnen selbst, hofften jetzt auf Solidarität oder nur auf Mitgefühl.

Doch sie erfuhren etwas ganz anderes: Ablehnung und Ausgrenzung als „unerwünschte Fremde“. Gerade auf dem Land, wo mehr als siebzig Prozent von ihnen untergebracht wurden.

Auf Anordnung der Siegermächte erhielten sie sogar „Zuzugssperre“ in die Städte (Kossert, S. 53).

Auch dieser Fakt wird hierzulande oft und gerne verschwiegen!

Deutschland verfiel in zwei Schicksalsgemeinschaften, wie der Migrationsforscher Kaus J. Bade beschrieb: In die Einheimischen und in die Vertriebenen, die zueinander in einer „Opferkonkurrenz“ standen. „Dieser Konkurrenzkampf trug ‚deutliche Züge eines Nationalitätenkampfes und eines Klassengegensatzes.‘“

(Quelle: Klaus J. Bade: „Homo migrans – Wanderungen aus und nach Deutschland – Erfahrungen und Fragen“, Essen 1994, S. 45).

Dabei wurden die Vertriebenen als „Polacken“ oder „dahergelaufenes Gesindel“ (und Schlimmeres, wie noch aufzuzeigen sein wird) beschimpft.

„Die erlittenen Traumata während der Vertreibung, ‚soziale Isolation und Deklassierung sowie das nachfolgende Ringen um eine Identität zwischen Hier und Dort‘ machte das Heimischwerden in der fremden Umgebung oft geradezu unmöglich. Es ist an der Zeit, deutsche Vertriebene endlich als Opfer zu begreifen, die nicht nur unter Flucht und Vertreibung gelitten haben, sondern auch unter der Hartherzigkeit ihrer eigenen Landsleute“, meint der deutsche Historiker Andreas Kossert.

„Dass die Aufnahme der 14 Millionen ‚nicht zur politischen Dauermalaise wurde, die Radikalisierung ausblieb‘ dafür zahlten die Vertriebenen mit Verleugnung ihres Schmerzes und kultureller Selbstaufgabe, Schlesier, Ostpreußen, Pommern, Deutschböhmen und Banater Schwaben, die über Jahrhunderte beigetragen haben zur Vielfalt der deutschen Identität, hatten fern der Heimat nichts mehr zu melden.

Sie mussten sich anpassen im Westen ihres Vaterlandes, das ihnen zur kalten Heimat werden sollte.“

(Quelle: Andreas Kossert: „Kalte Heimat – Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945“, München 2009, S. 12-16)

Oft kamen die Vertriebenen in Viehwaggons im Westen an, wurden an den Zielorten wie auf Sklaven- oder Viehmärkten verteilt.

Die Alliierten hatten sich auf bestimmte Kontingente geeinigt und brachten sie dort unter, wo noch Kapazitäten vorhanden waren. Aber erst nach bürokratischen Prozeduren, Registrierungen, medizinischen Untersuchungen, Impfungen und Entlausungen.

Die örtlichen deutschen und kirchlichen Fürsorgestellen kümmerten sich danach um die weitere Verteilung und Unterbringungen.

Allerdings gab es für die Westdeutschen keine Möglichkeit, die „Annahme“ zu „verweigern“.

Dabei schlug den Vertriebenen, die alles verloren hatten und denen fast alles fehlte, von den Einheimischen Verachtung und Abwehr entgegen …

Dazu morgen mehr …

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: werner S.

Es gab absolut keine Willkommenskultur für die deutschen Vertriebenen und Füchtlinge aus dem Osten. Sie wurden nur auf Befehl der Alliierten von den Einheimischen aufgenommen. Wenn es nach ihnen gagangen wäre, hätte man sie verhungern lassen sollen.
Es ist eine dreckige Lüge dieser derzeitigen Verbrecheregierung.

Gravatar: Alexander Achtstätter

Ich hoffe doch dass die Verbände und Vereinigungen der Vertriebenen, aufgrund des 2. Weltkrieges, die von unseren Politikern gepriesene "Willkommenskultur" angemessen kommentieren!?
Es sei denn sie hätten sich mit den neuen Kulturbereicheren solidarisiert!?

Gravatar: Croata

Richtig, Danke!
Auch Donauschwaben - Volksdeutschen bitte nicht vergessen.

Gravatar: HapeHase

Ich, Bj 1948, kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass die sogenannten "Flüchtlinge" nur sehr ungern aufgenommen wurden. Und als "evangele" hatte Mann/Frau es im Rheinland besonders schwer.

Gravatar: Jabber

Das war tatsächlich genau so, wie Sie es Herr Grandt, be schreiben. Ich habe noch die Unterlagen der US- Meldestellen für meine Mutter, von 1945, nebst der ihr damals abgenommenen Fingerabdrücke. Im Flüchtlings- Nissenlager, in Ingolstadt kam jeden Tag die Polizei, weil angeblich Flüchtlinge deren "Wäsche" u.a., geklaut haben. Das war aber gar nicht notwendig, wer konnte brachte seine Wäsche aus Schlesien mit, und die war, so mein Vater, ex Textilkaufmann, Luftwaffenangehöriger, und Verleger im Nachkriegsdeutschland, schlichtweg besser.

Wir Flüchtlinge, aus Deutschland, ich muss mich dazu zählen, obwohl hier geboren, haben zum Teil andere Namensschreibung, anderes Sozialverhalten und ein größeres Geschichtsbewusstsein, als hiesige Deutsche.
In der Schule wurde immer nur einer verkloppt und zusammengeschlagen, das war ich und das ging bis zum Beinbruch, nebst 2 monatiger Auszeit und meinem erzwungenem Abgang. Nicht zu vergessen die Spätaussiedler, denen wurde übelst nachgeredet. Von denen aber viele gute Berufe erreichen konnten. Polizei, Olympiaschwimmerin, Zahnarzt u.s.w.

Um zu verdeutlichen, dass die östlichen Staaten des deutschen Reiches vollumfänglich deutsche Staaten waren. Und zur Erinnerung und zum Bewusstsein aller:

Freiherr Manfred von Richthofen, der rote Baron, wurde am 2. Mai 1892 in Breslau / Schlesien geboren.

Gravatar: Hajo

Kann ich nur bestätigen und zwar aus der Zeit heraus, wo es wahrlich nicht so freundlich zuging und auch die Flüchtlinge schön separiert wurden um mit ihnen möglichst wenig Kontakt zu haben.

Das alles hat sich dann im Laufe der Jahre stabilisiert und während die meisten Älteren ihre alten Aversionen hatten, haben sich die Jüngeren dann vermischt und auch geheiratet und somit war das Band geschlossen, wobei das Image je nach Herkunft noch lange darüber hinaus geblieben ist, das betraf alle Geflüchteten, die aus Ecken kamen, wo der Ruf nicht sonderlich gut war und die brauchten annähernd anderthalb Generationen bis sich auch diese Betrachtung verflüchtigt hat.

Da gab es auch viel Neid, weil die Neuen mit Anlaufkrediten zu neuem Vermögen kamen und die Einheimischen immer noch in ihren alten Hütten leben mußten und es hat doch sehr lange Zeit gedauert bis sich das alles eingespielt hat und ich kann mich noch gut erinnern, daß die Zugereisten innerhalb der Schulklassen nicht sonderlich geliebt waren und ihre eigenen Wege gehen mußten, weil man etwas gegen sie hatte und das kam in der Regel aus den Elternhäusern, wo sich beeinflußt wurden, wobei auch Ausnahmen gegeben waren, aber als Bereicherung wurden sie sicherlich lange nicht gesehen, eher als Hindernis.

Geschäftlich wurde es auch anders betrachtet, denn sie waren für die Wirtschaft ein Zugewinn und so mancher Geschäftsmann konnte aufgrund der zugewanderten Flüchtlinge im Laufe der Zeit um -und anbauen und so war damals auch schon die Gesellschaft gespalten, obwohl es sich um Landsleute handelte, was heute ein ganz anderes Thema ist und weit gefährlicher, als damals, wo man eng zusammenrücken mußte, aber immer noch gewisse Gemeinsamkeiten hatte, im Gegensatz zu heute, wo es zu differenziert ist um da einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Gravatar: Klaus Reichel

Kann ich nur bestätigen. Die sudetendeutschen Flüchtlinge, die am Selber Bahnhof in Baracken hausten, wurden von fast allen gemieden und als Menschen 2.Klasse angesehen. Zu uns Kindern hieß es immer; "Geht dort nicht hin, soielt nicht mit denen." Erklärt hat man uns das nicht.

Selbst in den 70ern kamen noch Neidkommentare auf, als ich in Roth bei Nbg bei der Bundeswehr war. Über den Kantinenpächter wurde geredet: "Der kam vor Jahren abgemagert mit einem Leiterwagen an und heute ist er vollgefressen und fährt einen dicken Mercedes."

Gravatar: Graf von Henneberg

Richtig, die Heimatvertriebenen wurden nach 45 in der Dörfern als Fremdlinge, Zugezogene, Umsiedler behandelt. Das hat sich übrigens manchenorts bis heute erhalten. In einem Dorf ist man sowieso frühestens nach der 2ten Generation angekommen und darf mitreden.

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