Der Klimawandel und seine Skeptiker

Ist die Frage nach globaler Erwärmung wirklich schon gegessen? Eine Replik auf Leserkommentare.

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In den Kommentaren zu meinem Blogbeitrag Kopenhagen wird auch kein Kyoto habe ich den Begriff "unwissenschaftlich" um mich geworfen. Daraufhin erhielt ich E-Mail von einem Kommentator, für die ich mich sehr bedanken möchte – auch wenn sie nicht das gewünschte Ergebnis hatte. Die E-Mail war nämlich ein schönes Beispiel für klassische Taktiken von Wissenschaftsleugnern.

Dabei möchte ich ausdrücklich (!) nicht unterstellen, dass der Kommentator ein solcher war, denn die angesprochenen Taktiken machen es einem Laien sehr schwer, einen realistischen Überblick über ein komplexes Thema zu bekommen, und man wird sehr leicht mit einschlägigen Webseiten verlinkt, die das Gesagte zu unterstützen scheinen.

Das vordringlichste Ziel von Leugnern ist immer gleich, ob es sich nun um Evolutionsleugner, Holocaustleugner oder Klimawandel-Leugner handelt. Das Ziel ist, eine Kontroverse vorzugaukeln. Zu diesem Zweck werden einzelne Stimmen überbewertet, wird so getan, als sei die Sache noch nicht so sicher, wie sie ist. Dann kann man einsteigen und Zweifel säen.

Problematisch ist dabei, dass wir eigentlich einen guten Grund haben, Autoritäten zu misstrauen und einzelnen, widersprechenden Stimmen Gehör zu schenken. Das ist sehr wichtig, kann aber dazu führen, dass man eben einem tatsächlichen Konsens nicht traut.

Die Leugner nutzen das auch aus, gehen gegen das "politisierte" IPCC vor, greifen Al Gores Film Eine unbequeme Wahrheit an, als würden sie, indem sie diesen Film angreifen, die Wissenschaft dahinter berühren können. Al Gore ist kein Klimawissenschaftler, sondern ein Politiker, und sein Film eine politische Botschaft.

Wissenschaft ist ein Konsens-System. Wer wissenschaftlich publiziert und die Fakten auf seiner Seite hat, der obsiegt langfristig. Wenn eine Hypothese nicht korrekt ist, stellt sie sich als falsch heraus, je öfter und besser sie getestet wird.

Im Falle des Klimawandels gibt es bekannte Mechanismen, weshalb Menschen für Klimawandel verantwortlich sein können. Es gibt Daten, die eine Erwärmung sogar entgegen dem solaren Zyklus belegen. Je besser die Modelle und Messungen werden, desto stärker werden diese Belege – sie gehen nicht zurück, sondern werden genauer eingegrenzt.

Ein Problem bei der Frage des Klimawandels ist, dass die m.E. beste und ausführlichste Informationsquelle englischsprachig ist. Trotzdem empfehle ich RealClimate. Dort gibt es umfangreiche Informationen für Laien und auch besser informierte Menschen, und es gibt Antworten auf die gängigen Behauptungen der Klimaleugner. RealClimate verlinkt auf Prima Klima, was vielleicht eine deutsche Anlaufstelle sein kann – wenn auch lange nicht so ausführlich und ausgereift.

Einen Kommentar muss ich noch loswerden zum Blog Watts up with that. Hierbei handelt es sich tatsächlich um ein unwissenschaftliches Machwerk von Klimalügen. Die Auszeichnung als "bestes Wissenschaftsblog", wie auf der Seite geprahlt wird, ist allerdings korrekt. Hierbei handelt es sich um eine Abstimmung im Internet, also ein reiner Popularitätswettbewerb, und dass dieser Blog als Wissenschaftsblog konkurriert, hat auf anderen Blogs durchaus für Missstimmung gesorgt.

Wir haben tatsächliche Temperaturmessungen, Modelle für die Zukunft, wir haben Messungen vergangener Zeiten (z.B. durch Sedimente in der Arktis). Klimawandel ist erst einmal ein Faktum. Es ist außerdem sehr wahrscheinlich – nicht gesichert –, dass Menschen einen signifikanten Anteil daran haben. Das ist zunächst einmal darum wichtig, weil das bedeutet, dass wir evtl. auch etwas dagegen unternehmen können.

Wo wir uns streiten können, sind die genauen Auswirkungen. Das lässt sich nur schwer prognostizieren, weil es sich beim Klima um ein dynamisches System handelt und auch davon betroffen sein wird, wie wir auf den Klimawandel reagieren. Aber schon jetzt stehen die Folgen an, und natürlich treffen sie die armen Gebiete. Hier ist eine PDF-Datei von Oxfam über Vietnam und den Klimawandel. Höhere Temperaturen lassen Malaria-Fälle ansteigen. Der Monsun in Indien und Asien könnte durch Klimawandel beeinflusst sein. In Afrika haben wir natürlich Dürren.

Gibt es Panikmacher? Ja. Wird womöglich dem Klimawandel etwas zugeschrieben, was andere Erklärungen hat? Ja. Aber nur, weil ein Lehrer zu Unrecht ADHS diagnostiziert, ist ADHS keine Lüge. Und der Klimawandel ebensowenig.

Womit wir zum Abschluss kommen: in meiner Selbstbeschreibung habe ich mich als Skeptiker bezeichnet. Leider ist dies ein Label, dass auch die Leugner sich gerne geben. Ich bin Skeptiker, allerdings im Sinne der GWUP, das bedeutet, dass ich mich stets auf die Seite gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu stellen versuche, und, wenn sich der Konsens ändert, meine Ansichten entsprechend auch.

Nach allem, was ich gelesen habe – und ich habe bspw. den letzten IPCC-Bericht gelesen, aber ich bin kein Klimatologe –, sind die Misstönenden bezüglich des Klimawandels nur Randerscheinungen. Dazu gehören ernsthafte Forscher, die aller Wahrscheinlichkeit nach in die Irre geleitet sind, und professionelle Leugner, die sich aus ideologischen oder niederen Gründen nicht mit den Daten abfinden können.

Erst wurde der Klimawandel an sich bestritten. Nachdem die Daten dafür zu überwältigend waren, war der anthropogene Anteil an der Reihe. Auch hier wird es sicherer und sicherer. Bald werden die Folgen der Hauptkritikpunkt sein, dass der Wandel gar nicht so schlimm werde. Und während all dieser Zeit wird die eine wirkliche Debatte – was können, was sollen wir tun – nicht geführt. Gah.

Ich entschuldige mich allerdings, dass ich die Kommentare als unwissenschaftlich abgetan habe. Sie waren vielleicht auch un- oder fehlinformiert. Das hätte ich berücksichtigen sollen.

(kreuzgeschrieben bei Derangierte Einsichten)

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Patrick Pricken

Dafür bin ich mir nicht sicher, was der Kommentar bezweckt. Dann sind wir ja gleich auf :-)

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