Der Fall Gysi unterhöhlt den Rechtsstaat (2)

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Einer der fleißigsten IM der Stasi, genannt Sputnik, Gregor oder Notar hat „Zielpersonen“, die oft mit Rechtsanwalt Gysis Mandanten identisch waren, genauestens beobachtet und detaillierte Berichte über sie abgeliefert.

 

Allein die Beobachtungen über Robert Havemann, dem bekanntesten Dissidenten der DDR, füllen Bände. Gysi war dem Haftkameraden von Partei- und Staatschef Honecker im Zuchthaus Brandenburg, als Pflichtanwalt zugeteilt worden, nachdem alle Wunschanwälte Havemanns abgelehnt worden waren.

 

IM Notar hatte den ausdrücklichen Auftrag der Staatssicherheit, das Vertrauen von Havemann zu gewinnen, was Rechtsanwalt Gysi dann auch gelang. Nachzulesen ist das alles im Abschlußbericht des Immunitätsauschusses des Deutschen Bundestages, der die Stasitätigkeit des Abgeodneten Gysi untersuchen musste und am 8. Mai 1998 zum Ergebnis kam, dass diese „Erwiesen“ sei.

 

Es gibt daneben dutzende Mandanten von Gysi, die sich von ihm verraten fühlen können. Selbst in seinem Trabant, dessen Kennzeichen witzigerweise mit IM begann, war Gysi für Horch und Guck tätig.

 

Eines Tages traf Gysi bei einem seiner Besuche in Grünheide, wo Robert Havemann in Hausarrest gehalten wurde, den jungen Maler Thomas Erwin. Weil der Rückweg nach Berlin langwierig war, nahm Gysi seine Zufallsbekanntschaft mit zurück nach Berlin. Während der Fahrt erzählte Erwin dem Rechtsanwalt seine Geschichte.

Nach der Stasiaktenöffnung fand Erwin, der heute Klingenstein heißt, einen ausführlichen Bericht von IM Notar über dieses Gespräch in seinen Akten.

 

Dieser Fund ist für Gysi besonders fatal, weil die beiden allein im Auto waren.

 

Was soll man davon halten, dass trotz der Brisanz dieses Vorgangs Klingenstein nicht vom ermittelnden Staatsanwalt in Hamburg selbst befragt wurde, sondern lediglich von der Bundespolizei?

Dagegen konnte ein ehemaliger Stasioffizier, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, direkt in Hamburg eidesstattlich zu Protokoll geben, Gysis Trabant sei bei dieser Gelegenheit abgehört worden.

 

Als ich das bei meinem Gespräch mit dem ermittelnden Staatsanwalt erfuhr, fragte ich ihn, für wie glaubwürdig er diese Erklärung halte.

 

Jeder, der schon einmal in einem Trabant saß, weiß, dass man bei dem Lärm, den die „Rennpappe“ veranstaltete, Mühe hatte, das eigene Wort zu verstehen. Unmöglich, dass eine Abhöranlage ein Gespräch aufnehmen konnte. Die Abhörgeräte der Stasi konnte man damals durch laufendes Wasser außer Kraft setzen!

Gänzlich absurd ist auch, dass Gysis Trabant ausgerechnet an diesem einen Tag verwanzt worden sein soll. Niemand konnte wissen, dass Gysi auf Erwin treffen und dessen Geschichte hören würde.

Last not least, sind in den Stasiakten Abhörprotokolle immer als solche gekennzeichnet und deutlich von Berichten zu unterscheiden. Abhörprotokolle sind, auch wenn sie von Festnetzgesprächen stammen, voller Hör- und Verständnisfehler.

Der Bericht von IM Notar ist aber völlig fehlerfrei.

Müsste sich der ermittelnde Staatsanwalt angesichts eines solchen „Zeugen“ nicht fragen, wie glaubhaft die Stasioffiziere und ZK- Mitarbeiter sind, die zu Gysis Verteidigung antraten, statt sich zu weigern, Anklage zu erheben?

 

Bei meinem Gespräch im Januar 2014 hab eich den Staatsanwalt auf einen anderen eindeutigen Fall hingewiesen.

 

Als frischgebackener Anwalt bekam Gysi das Mandat eines im Stasigefängnis Hohenschönhausen einsitzenden jungen Mannes. Nach dem Gespräch mit seinem Mandanten ging Gysi auf einen der Wachhabenden zu und erzählte ihm brühwarm alles, was er mit seinem Mandanten besprochen hatte. Dem Stasimann, von dem der Bericht darüber stammt, war die Sache sichtlich unangenehm. Er wies Gysi mehrmals darauf hin, dass er nur der Wachhabende sei und nicht befugt, sich solche Berichte anzuhören.

Aber der Rechtsanwalt war nicht zu bremsen. Am Schluss fügte der Wachhabende an, dass er den Eindruck gehabt hätte, Gysi würde sich für eine Tätigkeit bei der Stasi interessieren.

Ich habe diesen Bericht gelesen, als ich im Immunitätssauschuss dem Gysi- Ausschuss angehörte. Ich habe für den Abschlußbericht über diese und andere kleine Aktenfunde einen kurzen Bericht geschrieben, kann aber nicht mehr sagen, ob der in den Abschlußbericht einfloss, weil eine Zweidrittelmehrheit der Meinung war, dass genug sonstige Beweise für die Stasitätigkeit von Gysi vorlagen.

 

Nun geht es aber darum, ob Gysi „wissentlich und willentlich“ an die Stasi berichtet hat und dafür ist dieser Bericht ein Beweis.

Da ich als ehemalige Abgeordnete nicht mehr befugt bin, in die Akten des Immunitätsausschusses einzusehen, habe ich dem Staatsanwalt genau beschrieben, wo er das Blatt finden kann. Der Staatsanwaltschaft liegt das komplette Aktenmaterial, das wir damals im Ausschuss zur Verfügung hatten, vor.

 

Wie der ermittelnde Staatsanwalt dennoch zu dem Schluss kommen kann, dass trotz eindeutiger Beweise für eine eidesstattliche Falschaussage Gysis keine Anklage erhoben werden soll, ist ein Rätsel, das er der Öffentlichkeit gegenüber lösen sollte.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: kassandro

Der Gysi-freundliche Staatsanwalt will eben Karriere machen. 1946 hat die SPD angeblich unter Zwang mit der KPD fusioniert. 1990 versuchte die SPD erneut mit der SED zusammenzukommen, und lehnte jeden Kontakt mit den in der DDR sich bildenden sozialdemokratischen Gruppen ab, untersagte ihnen sogar den Namen SPD zu verwenden. Jetzt unternimmt sie einen dritten Anlauf und da würde ein Strafverfahren gegen die Galionsfigur der Linken arg stören.

Gravatar: Sansfanion

Ein Staat, der mit Recht auch noch einen bald 100-Jährigen vor Gericht stellt, weil dieser vor 70 Jahren großes Unrecht begangen hat, sollte wohl auch in der Lage sein, das von einem 67-Jährigen vor 25-30 Jahren begangene Unrecht zu untersuchen und ggf. zu ahnden. Im Gegensatz zu Ihnen finde ich das überhaupt nicht langweilig, sondern überaus spannend, vor allem vor dem Hintergrund der Frage, ob wir überhaupt noch ein Rechtsstaat sein wollen oder unser Rechtsbewusstsein zur beliebigen Manövriermasse von selbsternannten Sittenwächtern und Relativierern machen lassen wollen.

Gravatar: Thomas Rießler

Warum machen eigentlich alle Leute ein Geheimnis aus dem Namen dieses Staatsanwalts?

Oder wie es in Herr der Ringe so schön gesagt wird: „The stars are veiled. Something stirs in the East. A sleepless malice. The eye of the enemy is moving. He is HERE.“

Gravatar: Jana

Für jemanden der gelangweilt tut, reagieren Sie erstaunlich gehässig.

Gravatar: hans

Langweilig. ......aber wenn man sonst nichts hat als Lebensinhalt und - ziel......Hauptsache, Frau Lengsfeld fühlt sich jetzt besser. ....

Gravatar: Klaus Horn

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, inzwischen ist die Geschichte mit/um Gysi bald 25 Jahre alt. Auch Sie sind längst bekannt. Gegen die Wahrhaftigkeit nicht nur Ihres familiären Schicksals und damit die Berechtigung dem Fall nachzugehen, dürfte es keinen Zweifel geben. Ihre Anzeige vom 28.Mai ist inzwischen die aktuellste.
Mir ist unklar, wieso man Ihrem Anliegen wieder nicht folgt. Zumal Zeugen von Ihnen genannt werden. Hängt das damit zusammen, dass die Zeugen nicht aussagen wollen, dass "man" nicht mehr interessiert ist, den Fall aufzuklären. Der Fall Gysi würde natürlich weitere Unruhe erzeugen, von dem der Rechtsstaat zur Zeit wieder genügend Vorrat besitzt. Oder fürchtet man sich etwa vor einem ... Anwalt, was glatt überzogen wäre.
Betrachtet man Gysis Verhältnis bzw. seinen Umgang mit der Fraktion und der Partei, so wirkt sich seine Intelligenz beherrschend auf die einfachen als auch die oberen GenossInnen - gemessen an konkreten Begenheiten - nachweisbar aus. Eine sehr wesentliche Feststellung.
Im übrigen sieht Gysi sich im Hinblick auf den Parteitag in Bielefeld mit einer von ihm angekündigten Rede und im letzten Interview mit dem nd, deutlich widerspiegelt nicht nur in der "BZ" - man kann sagen - als ein Auslaufmodell oder wohin mit mir zukünftig.. Hätte er sich in der Wende einer anderen Partei zugewendet, dann wäre diese Überlegung dank persönlichem Aufstieg mehr als nur ein Fraktionsführer ...überflüssig.
Es wäre von Vorteil, wenn Sie Ihre Anstrengungen, Licht in dieses Dunkel zu bringen, einer überzeugenden Lösung zuführen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Horn

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