Der Euro im internationalen Währungssystem

Im Gegensatz zu den öffentlich bekundeten Treueschwüren der europäischen Machteliten herrscht in amerikanischen Regierungskreisen, was die politisch relevante Zukunft der Euro-Zone betrifft, beachtliche Skepsis:

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 Die Euro-Zone könnte zerbrechen, und damit ginge auch der Euro seiner –  immerhin nach dem USD zweitwichtigsten – Funktion als Transaktions- und Reservewährung  der Welt verlustig. Hinter dieser Auffassung steht einerseits das bekannte Pro-domo-Denken der Amerikaner in Sachen eigener Währung, aber andererseits auch eine den Amerikanern ebenfalls nicht fremde analytische Nüchternheit, die sich nicht zu weit von den einschätzbaren Realitäten entfernt.

Zudem wird der Ruf nach einer „Neuordnung des Weltwährungssystems“ international immer lauter. Meist steckt – wie z. B. bei den Reformvorschlägen des chinesischen Zentralbankchefs Zhou – die politische Ambition dahinter, die Bedeutung des USD als dominante „key currency“ zu schwächen indem dieser durch einen anderen Weltwährungsanker ersetzt werden soll. Analysiert man die vielfältigen Reformvorschläge für die internationale Währungsszene, so liegt hier – nämlich in der traditionellen Vorstellung der Notwendigkeit eines (neuen) Weltmonopolwährungsankers – ein Irrtum vor, der mit der absehbaren Entwicklung der Weltwährungsarrangements kollidiert.

Die wohl wichtigsten Vorschläge für eine neue Weltwährungsordnung sind: Zurück zu einem (modifizierten) Bretton-Woods, zurück zum Goldstandard, Etablierung eines Rohstoffstandards, Ausbau der Sonderziehungsrechte (SZR) zur Weltwährungsfazilität. Ohne hier auf die „Pros and Cons“ im Einzelnen einzugehen, müssen alle diese Vorschläge aber als unrealistisch klassifiziert werden, weil sie nicht mit der kompetitiven Welt der Globalisierung vereinbar sind. Globalisierung heißt Wettbewerb im Weltmaßstab, sie generiert die Anti-Welt der wettbewerbslosen Monopole, auch der Währungsmonopole. Deshalb ist Währungswettbewerb im Weltmaßstab schon jetzt und erst recht zukünftig das prägende Muster der Weltwährungsordnung.

Das gegenwärtige Weltwährungsszenario ist 3polar: USD, Euro und Yen bilden ein enges Welt-Oligopol von „anchor currencies“ (mit allerdings ungleichen Gewichten). Ihre Wechselkurse untereinander sind flexibel. Das entspricht der der modernen Wechselkurstheorie und –politik inhärenten Entwicklung zur Gestaltung von „corner solutions“: Entweder völlig flexible oder irreversibel feste Wechselkurse. Die Wechselkursflexibilität bezieht sich dann auf große Länder untereinander, die festen Wechselkurse auf kleinere, die sich fest an die großen Ankerwährungen „andocken“: z. B. durch fixierte Kurse, currency boards, Wechselkursmechanismen mit Interventionsverpflichtungen, Beitritt zu Währungsunionen. So wird das Weltwährungssystem charakterisiert durch Wettbewerb zwischen großen – meist regionalen – Ankerwährungen mit angedockten Währungen kleinerer Integrationsräume. Indirekt stehen dann auch diese untereinander im Währungswettbewerb.

Aus dem engen Oligopol des 3polarigen Systems wird sich ein weites multipolares Oligopolsystem entwickeln, mindestens ein 4polariges, wenn man China in Betracht zieht: Der Yuan hat nicht kurzfristig, aber wohl auf längere Sicht das Potential zu einer vierten regionalen „key currency“, an die sich vor allem die Währungen asiatischer Staaten andocken. China betreibt diesbezüglich bereits eine aktive Politik, indem es in Asien heftig dafür wirbt, den innerasiatischen Handel zunehmend in Yuan zu fakturieren. Ein diesbezüglicher Erfolg bedingt allerdings eine ökonomische (und politische) Öffnung Chinas, eine Liberalisierung des Handels und Kapitalverkehrs sowie eine nachhaltige Stabilitätsorientierung seiner Geld- und Wirtschaftspolitik. In der arabischen Welt, in Südamerika und auch in Afrika gibt es ähnliche Bemühungen zur Bildung regionaler währungspolitischer Cluster.

Und wie wird sich die Position des Euro in diesem Währungswettbewerb entwickeln? Währungswettbewerb bedeutet, daß über die Wechselkurse – als relative Preise der nationalen Währungen – die Einschätzung der internationalen Kapitaldisponenten hinsichtlich der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden Staaten oder Integrationsräume indiziert wird. Cum grano salis bedeutet eine trendmäßige Aufwertung dann, daß der betreffende Integrationsraum als zunehmend wettbewerbsfähiger eingeschätzt wird, und eine Abwertung entsprechend das Gegenteil.

Angesichts der sich gegenwärtig mehr als deutlich herauskristallisierenden institutionellen Fehlkonstruktionen der Europäischen Währungsunion (EWU) wird in Verbindung mit den gigantischen nationalen Schuldenbergen und anreizschädlichen „Sicherheitsnetzen“ für insolvente EWU-Mitglieder das Tor zu einer umfassenden Transfer- und Umverteilungsunion aufgestoßen. Es scheint nicht ausgeschlossen und sogar eher wahrscheinlich, daß die EWU aus diesem Grunde zerbröselt: Es wird Mitgliederbereinigungen durch freiwillige oder unfreiwillige Exits geben.

Wenn die politische Machtelite dies durch immer neue „Schutzschilde“ zu verhindern trachtet, „um den Euro zu retten, koste es, was es wolle“, wird sie das Gegenteil bewirken, weil die Euro-Zone an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Die Abwertung des Euro ist dann vorgeprägt, die währungspolitische Bedeutung und also Andockung wäre für kleinere Staaten weniger attraktiv. Erst dann, wenn sich die EWU von denjenigen Mitgliedern trennt, die die für die EWU notwendige umfassende Stabilitätsorientierung der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik nicht durchhalten wollen oder können, werden EWU und Euro wettbewerbsfähiger und mithin attraktiver. Nur mit einer Rest-EWU der relativ stabilitätsorientierten Mitglieder – z. B. Deutschland, Benelux, Finnland, Österreich – würde der Euro also im internationalen Währungssystem als Ankerwährung weiterhin wettbewerbsfähig sein können. Denkbar wäre natürlich auch, daß es gerade diese Länder (oder nur ein großes) sind, die aus der EWU austreten: Das hätte dann denselben Effekt.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 29. Mai 2010 auf "wirtschaftlichefreiheit.de"

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Die Wirtschaftselite in USA hat sich schon mehrfach getäuscht. Biespiele: Vietnam-Krieg, Irak-Krieg, Afghanistan-Krieg, Lehmann-Pleite, Finanzierung der Außenhandelsdefizite durch China etc.. Vom Euro versteht man in USA, dank eigener Nabelschau, nicht all zu viel. Fragen Sie mal in USA einen Boss wo Slowenien, ein Euro-Staat, liegt.

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