Dem eigenen Frust auf die Spur kommen

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Ausgangslage

Es fällt uns Eltern auf, dass unser zweiter Sohn bei der Erarbeitung des Lernstoffs an verschiedenen Stellen des Tages unzufrieden wird. (Anmerkung: Wir unterrichten zu Hause.)

Ungünstig

Die Unzufriedenheit breitet sich aus, der Lernunwille wächst. Auch für Dinge, die er eigentlich gerne macht, kann er sich nur noch mit Überwindung aufrappeln. Er beginnt seine Brüder zu stören und hält sie von ihren Aufgaben ab. Oft entlädt sich sein Unmut gegenüber uns Eltern. Wir werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Arbeiten nicht vorwärts gehen, er Inhalte nicht versteht und dass wir nicht rechtzeitig zur Stelle sind, wenn er Unterstützung braucht.

Alternative

Wir gehen erst einmal den Signalen der Unzufriedenheit nach. Wann innerhalb des Tagesverlaufs treten sie auf? Gibt es Regelmässigkeiten? Wann beginnt es? Wann und warum hört es wieder auf? Wie lief der Vortag?

Uns fiel dadurch auf, dass unser Junior eine andere „Energiekurve“ als seine Brüder hat. Er taut erst gegen Mitte des Vormittags auf, arbeitet gerne am späteren Nachmittag und dreht dann nochmals richtig auf, wenn alle anderen müde sind.

Zudem bemerkten wir, dass er jeweils Anlauf nehmen muss, um in ein neues inhaltliches Thema hineinzukommen. Einmal angekommen, möchte er nicht mehr aufhören und unbedingt einigen Fortschritt sehen. Dabei kommt ihm seine Müdigkeit in die Quere. Gleichzeitig schielt er auf seine Brüder und bemerkt, dass es bei ihnen anders läuft.

Wir begannen diese Beobachtungen durch Nachfragen mit ihm zu besprechen. Unser Ziel ist es dabei, dass er selbst seine Müdigkeitsgrenzen bemerkt. Auch seine Reaktion thematisieren wir: Warum wächst der Lernunwille und Widerstand? Warum machen dich diese Grenzen wütend? Wie reagierst du darauf? Diese Fragen besprechen wir gemeinsam.

Aus diesen Gesprächen wuchsen neue Ideen. Unser Sohn beginnt sein Lernen anders zu strukturieren. Er setzt sich zeitliche Grenzen oder wechselt die Lernaktivität. Und siehe da: Er merkt, dass sich Stimmung und Resultate verändern. Wichtig ist uns, dass diese neue Selbstwahrnehmung von der Erkenntnis begleitet ist, dass Gott aktiv in sein Leben eingreift. Sonst erwächst das nächste Problem: Das Überwinden von Schwierigkeiten wird eine Angelegenheit, die durch eigene Anstrengung zu bewältigen ist.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Johannes Klinkmüller

Hallo Herr Strebel,

klar finden Sie eine familienverträgliche Lösung des Unmut-Problems.
Aufgrund von Analyse.

Nur: Was sagt ein ehrliches Gefühl?
Und hat Ihr Sohn wirklich die Möglichkeit, dem, was Sie herausfinden, ganz unmutig nicht zuzustimmen?

Kann es sein, dass Ihr Sohnemann auch gegen den Übervater rebelliert, der allgegenwärtig ist und für alles eine Lösung findet?
Kann es sein, dass es ihr Kind stört, wie es sich - zum Beispiel auf der Freien Welt - dargestellt findet?

Sicherlich ist Ihnen schon einmal der Gedanke gekommen zu fragen, was Ihre Söhne für Möglichkeiten haben, wenn es Ihnen nicht danach ist, sich mit dem Vater gutzustellen, wenn Sie sich, was erforderlich ist, damit sie erwachsen werden, ablösen wollen, wenn sie ganz unabhängig ihre eigenen Blickwinke finden wollen, ihre eigenen Positionen - ohne dass die Eltern sie bewerten.
Ständig sind Vater und Mutter präsent.

Für mich - klar, ich bin da als Lehrer voreingenommen - ist das Wertvollste an der Schule die Möglichkeit des sozialen Lernens, die Vermittlung der Vielfalt des Lebens, dass Kinder im Sport Handball, Fußball, Volleyball, Basketball, Völkerball spielen, die Kugel stoßen, Speer werfen, sich dem Barren konfrontiert sehen, dem Reck, dem Kasten, dass sie schwimmen, Handstandüberschläge und Salti probieren - Vergleichbares gilt für andere Fächer. Dass sie Schulsanitäter werden, sich der Wahl zum Klassensprecher stellen, eine Mediatorenausbildung machen können, Wandertage, Exkurse Schullandheimaufenthalte; dass sie ganz viele unterschiedliche Lehrer, also Erwachsene kennen lernen, sich Gemeinheiten von Gleichaltigen ausgesetzt sehen und ehrlichen Gefühlen, sich in jeder Stunde mit einer neuen Situation konfrontiert sehen, den ersten Berührungen mit Mädchen . . .

Ich kann mir vorstellen, dass der Unmut Ihres Kindes auch ganz andere Ursachen hat.

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