Das UBA im Glashaus

In den vergangenen 100 Jahren hat sich den Messungen zufolge die Temperatur der bodennahen Luftschichten unserer Atmosphäre um etwa 0,8°C erhöht. Man kann sich ja mal fragen, ob das beachtenswerte negative Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft hatte und ob sich solche Folgen daher auch in der Zukunft einstellen werden – falls denn die mutmaßlich menschgemachte Klimakatastrophe doch noch irgendwann eintritt. 

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Das Umweltbundesamt (UBA) versucht sich an einer solchen Aussage in seiner neuesten Broschüre „Und sie bewegt sich doch“ in Kapitel 4 ab Seite 24. Erstaunliches kann man dort unter der Überschrift „Wird das Klima extremer? Sind die sich häufenden Überschwemmungen ein Indiz dafür?“ erfahren:

 

Extremereignisse sind Bestandteil der natürlichen Klimavariabilität.

 

Es hat sie also vor der industriellen Revolution, während und danach gegeben, die Starkregen, Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen. Es gibt sie heute und es gibt sie auch in Zukunft. Ganz gleich, ob sich das Klima nun erwärmt, oder nicht, und ganz unabhängig davon, wie schnell dieser Vorgang abläuft. Es ist eben ein Kreuz mit der Zukunft, man kann sie einfach nicht vorhersehen:

 

Diese empirisch-statistischen Befunde lassen sich nicht ohne weiteres auf die Zukunft hochrechnen, […] Zukünftige mögliche Extremereignisse einzuschätzen, ist sehr unsicher.

 

Es bleibt dem von Dürre bedrohten Landwirten also nichts anderes übrig, als sich vor diesen zu schützen. Durch robuste Pflanzen und Bewässerungssysteme. Es bleibt den von Fluten bedrohten Küsten nichts anderes übrig, als sich ausreichend hohe und robuste Deiche zu bauen. Das müssen sie in jedem Falle, ob wir nun Emissionen reduzieren, oder nicht. Warum eigentlich nicht gleich auf Klimaschutz verzichten und in ohnehin erforderliche Anpassungsmaßnahmen investieren? Selbst das UBA gibt zu, die durch Dekarbonisierung angestrebte Risikominimierung niemals nachweisen zu können:

 

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei der Bewertung eines einzelnen Ereignisses nicht beurteilt werden kann, ob dieses konkrete Ereignis ein zufälliges Ereignis innerhalb der natürlichen Klimavariabilität darstellt, oder ob die durch den Menschen verursachte Klimaerwärmung die Ursache dafür ist.

 

Da sollte man doch wirklich Zweifel bekommen. Wird man jemals die unbedingte Notwendigkeit einer Dekarbonisierung aus Prognosen künftiger klimatischer Entwicklungen ableiten können? Wo es doch unmöglich ist, aus globalen Temperaturanomalien oder aus Kohlendioxid-Konzentrationen Rückschlüsse auf regionale und lokale konkrete Witterungsbedingungen und Wetterereignisse in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten zu ziehen? Wie sinnvoll kann denn eine Politik sein, deren Erfolg niemals belegbar sein wird? Da doch unmöglich ist, das Nichteintreten eines Extremereignisses in der Rückschau auf den Klimaschutz zurückzuführen? Wie steht es um die mit einer Dekarbonisierung verbundenen ökonomischen und ökologischen Risiken? Sind diese wirklich geringer einzuschätzen, als die eines spekulativen Klimawandels? Und ist letztendlich eine umfassende Dekarbonisierung im globalen Maßstab überhaupt möglich? Ohne erhebliche soziale Verwerfungen zu erzeugen und Freiheitsrechte spürbar einzuschränken?

Alle diese drängenden Fragen spricht das UBA nicht an. Stattdessen legt man einen im Stile eines Rahmstorfschen Blogartikels gestaltetem Text vor. Wie man den Quellenangaben entnehmen kann, hat man ja auch intensiv auf dessen Artikel zurückgegriffen. Um letztendlich im zweiten Teil des Heftes ab Seite 98 diejeinigen an den Pranger zu stellen, die die oben genannten Zweifel hegen. Man benennt die Klimaskeptiker zwar, verweigert sich aber gleichzeitig, deren wirkliche Argumente aufzugreifen.  

Denn Zweifel sind dem UBA zufolge grundsätzlich verwerflich. Wer zweifelt, ist entweder verantwortungsloser Lobbyist, von kurzsichtigen und egoistischen monetären Motiven getrieben, oder schlicht zu dumm, um die Wissenschaft zu verstehen.

ExxonMobil wird beispielsweise vorgeworfen, zwischen 1998 und 2005 insgesamt 16 Millionen Dollar an 43 verschiedene Institutionen in den USA gezahlt zu haben, damit diese dort klimaskeptische Positionen in der Öffentlichkeit vertreten. Konkret genannt werden Think Tanks wie das George C. Marshall Institut, das Competitive Enterprise Institut und das Heartland-Institut. Das ist Lobbyismus, keine Frage. Aber in einer freien und pluralen Gesellschaft hat nun einmal jeder das Recht, seine Haltung zu vertreten, sich Verbündete zu suchen und deren Arbeit auch zu honorieren. Daraus abzuleiten, die in den Denkfabriken tätigen Experten hätten gegen ihre eigenen Überzeugungen agiert, ist böswillig. Zumal die Summen (pro Institut und Jahr kaum 100.000 Euro) auch äußerst gering sind. Man nehme zum Vergleich einen typischen deutschen Think Tank wie das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung PIK. Dieses erhält mehr als 20 Millionen Euro im Jahr durch die öffentliche Hand und durch Auftraggeber aus der Industrie, um Studien zu den Gefahren des Klimawandels erstellen und veröffentlichen zu können. Das UBA selbst verfügt über ein Budget von 7 Millionen Euro pro Jahr, das an deutsche Denkfabriken aus dem ökologistischen Spektrum ausgeschüttet wird. Allein eine Million Euro an Steuermitteln stehen für Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung, zu denen auch die hier betrachtete Broschüre gehört.

Wenn es also in den USA ein Netzwerk der Klimaskeptiker gibt, die aus der Wirtschaft Unterstützung erhalten, dann sollte man dem sowohl die amerikanischen wie auch die deutschen Netzwerke auf alarmistischer Seite entgegenhalten, die durch öffentliche Mittel weit besser ausgestattet sind. Wo ExxonMobil auf der einen Seite agiert, steht auf der anderen das Umweltbundesamt selbst mit der zehnfachen Summe. Und wenn man wie das UBA die amerikanische Praxis kritisiert, kompetente Lobbyisten aus der Industrie zeitweise sogar als Regierungsberater oder leitende Beamte für entsprechende Themenstellungen einzustellen, dann sollte man sich auch an die eigene Nase fassen.

In der ersten Fassung der Broschüre, auf die ich durch einen Hinweis von Pierre Gosselin von der NoTricksZone aufmerksam wurde, fehlte jegliche Angabe konkreter Autoren. Auf die anhaltende Kritik aber hat man reagiert und seit zwei Tagen wissen wir nun, wer für das Papier verantwortlich ist: Dr. Harry Lehmann, Abteilungsleiter des Fachbereiches 1 (Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien). Ein ehemaliger Mitarbeiter von Carlo Rubbia am CERN. Ja genau: Der Carlo Rubbia, der heute ein Nachhaltigkeits-Institut gemeinsam mit Klaus Töpfer leitet, das wiederum eng mit dem PIK kooperiert. Na, da tun sich doch schon Seilschaften auf. Aber es geht noch weiter: Harry Lehmann hat lange Jahre für den von Hermann Scheer gegründeten Lobbyverband Eurosolar gearbeitet und es dort immerhin bis zum europäischen Vizepräsidenten gebracht. Aus dieser Position heraus wechselte er dann 2007 gleich in eine Spitzenstellung als Abteilungsleiter in das Umweltbundesamt, in eine mit hoheitlichen Aufgaben betraute Regierungsbehörde. Für Eurosolar ist er natürlich als wissenschaftlicher Berater weiterhin tätig. Ein Lobbyist also. Nur eben nicht für “Big Oil”, sondern für “Big Solar”. Ein Lobbyist einer Industrie, der als leitender Beamter nun die Regierung berät und das in Fragen, die für eben diese Industrie von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind.

Was in den USA normal ist, wird in Deutschland also ebenso gehandhabt. Man zeigt besser nicht mit dem nackten Finger auf angezogene Leute, das fällt schnell auf einen selbst zurück.

Eine Motivation des UBA-Papiers könnte durchaus sein, ein für die zuletzt stark kritisierte Solarbranche positives Meinungsklima herzustellen. Zumal die aufgeführten deutschen Klimaskeptiker allesamt solche sind, die in jüngster Vergangenheit kritische Texte zur Subventionierung der Photovoltaik veröffentlicht haben. Allen voran Günter Ederer, der über seine Recherchen zur Verflechtung der Solarlobby mit Ökoverbänden und Regierungsstellen einen beachtenswerten Vortrag auf einem EIKE-Kongreß gehalten hat. EIKE selbst steht daher natürlich auch im Fadenkreuz. Hier wertet eine staatliche Behörde normale Bürger ab, die sich in ihrer Freizeit unbezahlt für eine andere Politik engagieren, weil die gegenwärtige sie mit Sorge erfüllt. Und kritische Journalisten wie Dirk Maxeiner und Michael Miersch, oder auch die in der Energiebranche tätigen Autoren Fritz Vahrenholt (übrigens ein ehemaliger Mitarbeiter des UBA) und Sebastian Lüning in dieselbe Schublade zu stecken, zeigt ein gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit. Das kann nicht mehr nur als Kampf der Lobbyisten Solar gegen Öl abgetan werden, das sind die Vorboten der Großen Transformation, die ja eine staatlich gesteuerte intellektuelle Gleichschaltung erfordert.

Sicher darf das Umweltbundesamt der Öffentlichkeit die Gründe für das Regierungshandeln erläutern. Aber darauf hat es sich als behördliche Einrichtung dann auch zu beschränken. Der Versuch, kritisches Denken durch Verunglimpfung seiner Protagonisten zu unterdrücken, ist dem Verhalten von Administrationen in totalitären Systemen nahe.

Wie war das mit dem Glashaus? Das Umweltbundesamt hat ein paar Steine geworfen. Getroffen hat es nur sich selbst.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Wolfgang

Eine Korrektur möchte ich anbringen. Der Autor ist leider auch Opfer der ökodiktatorisch gesteuerten Sprachmanipulation geworden. Der Satz:"Warum eigentlich nicht gleich auf Klimaschutz verzichten und in ohnehin erforderliche Anpassungsmaßnahmen investieren?" ist gut und richtig gemeint, aber trotzdem falsch.
Wir können das Klima nicht beeinflussen, das tun für uns die Sonne und andere Faktoren. Infolgedessen können wir es auch nicht schützen. Wir müssen also die ideologische Irreführung, genannt Klimaschutz, überwinden und uns um den Umgang mit den Folgen der ständigen Klimaveränderungen kümmern.

Gravatar: Kitsch

Sehr geehrter Herr Dr. Heller,
Sie merken an:

"Der Versuch, kritisches Denken durch Verunglimpfung seiner Protagonisten zu unterdrücken, ist dem Verhalten von Administrationen in totalitären Systemen nahe."

Leider drücken Sie dies viel zu moderat aus, denn diese BRD wurde schon ungeheuer weit von den Merkels, Schäubles, Steinbrücks, Gabriels, Roths, Trttins, Westerwelle, Niebels etc. in eine "totalitäre Demokratie" transformiert!

Gravatar: Klaus Ermecke

Deutschland hatte früher weder ein Umweltministerium, noch eine Umweltbürokratie. Das war die Epoche, in der unsere Wirtschaft herausragend funktionierte und der steigende Wohlstand es erlaubte, Kläranlagen und Kanalisationen zu errichten, Kraftwerks- und Hochofenabgase zu filtern und Umgehungsstraßen zu bauen, um den steigenden Verkehr aus den Stadtkernen herauszuleiten.

Die Frage ist, wozu Deutschland jetzt diese Institutionen braucht.

Um die Landschaft zu schützen?

Vögel und Fledermäuse zu retten?

Gifte von unseren Dächern fernzuhalten?

BMU und UBA sind nach unserer Einschätzung zentrale Bausteine eines parasitären grünen AgitPropSystems. Für das Funktionieren des Staates sind sie (ebenso wie ein 2600-köpfiger staatlicher Wetterdienst) schlicht überflüssig und angesichts der Tatsache, daß wir ja für griechische Staatsschulden aufkommen wollen, schlicht nicht mehr finanzierbar.

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