Das rechte Maß finden

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Mir geht es gerade, vermutlich aus ganz anderen Gründen, ähnlich wie Alipius. Berichten oder Bloggen über kirchliche Themen ist kein Spaß in diesen Tagen.

Aufgeblasene Marginalien liegen quer im Magen und sorgen für publizistische Verdauungsstörungen. Klar, Bloggen ist ein erprobtes Heilmittel dagegen, doch dazu muß man sich erst einmal überwinden.

Zum Glück ist an der Limburger Front gerade mal ein wenig Ruhe eingekehrt. Selbst die Staatsanwaltschaft in Limburg sekundiert dem Bestreben der Versachlichung, indem nun nicht wegen Veruntreuung ermittelt wird. Die Prüfungskommission arbeitet und wird nicht(!) an die DBK berichten oder eigenständig eine Veröffentlichung vornehmen. Der Prüfbericht geht an die Bischofskongregation und wird von dort aus veröffentlicht werden. Dort wird auch die Entscheidung fallen oder für den Papst vorbereitet werden, ob der Bischof von Limburg im Amt bleibt. Was passieren sollte, wenn die beschriebene Situation im Bistum dann immer noch so ist, daß der Bischof sein Amt deswegen nicht ausüben kann, wird auch wohl erst dann entschieden werden. Vielleicht wäre ja eine Auflösung des Bistums eine Option.

Eine andere Welle schwappt aus einem im Südwesten gelegenen Bistum über die Republik. Da wird pastoral die Hand gereicht, welcher der Präfekt der Glaubenskongregation auf zwei Finger schlägt, was den Diözesanadministrator selbiger Diözese bockig werden läßt. Die Wellen schlagen in katholischen Medien hoch und auch bürgerliche Medien nehmen wahr, daß die “Kirche” jetzt endlich mal öffnen will und es sind erneut die bösen, ominösen konservativen Kreise, die dies zu verhindern suchen.

Es geht natürlich um die Handreichung zur Pastoral an wiederverheiratet Geschiedenen, die von der Glaubenskongregation in zwei Punkten beanstandet wurde und dessen Rücknahme angeordnet wurde. Dem wurde bislang nicht Folge geleistet, was zuweilen als ein Akt des Ungehorsams gewertet wurde. Nun braucht den normalen Gläubigen nicht wirklich interessieren, was anderen Diözesen passiert. Die meinetwegen das Meßbuch rückwärts lesen oder – was realistischer ist – ganz darauf verzichten. Darum muß ich mich nicht kümmern.

Nun leben wir in einer Mediengesellschaft und es ist kaum jemandem klar zu machen, daß etwas, das in Freiburg passiert, für Paderborn keinerlei Bedeutung hat. Das Internet reicht weit über alle Domtürme hinaus und die Kirche wird nicht in ihrer Diözesanstruktur sondern als Block wahrgenommen. Es gibt auch keine Bestrebungen, die Kirche in ihrer komplexen Struktur zu erklären. Es gibt keinerlei Ansätze, die in der Realität doch recht flachen Hierarchien zu verdeutlichen. Jeder Bischof ist in seiner Diözese der oberster Hirte und Lehrer. Es ist auch kein Bischof etwa dem Papst so unterstellt, als wäre er sein Dienstvorgesetzter. Erst recht gilt dies nicht für den Vorsitzenden der DBK, der von den Medien und den Menschen im Lande schon mal gerne als deutscher Oberbischof wahrgenommen wird.

So ist die pastorale Handreichung aus Freiburg, einem Miniklecks auf der Karte der Weltkirche, nicht etwa eine globale kirchliche Katastrophe sondern eine regionale Entgleisung, die auch von Rom aus genau so wahrgenommen wird. Man nimmt es wahr, zieht sie Stirne kraus und schreibt einen Brief.

Wie sich gerade zeigt, übt man sich in Freiburg darin, auszuprobieren, was passiert, wenn nichts passiert. Und da kommt dann wieder der Papst ins Spiel. Nicht in Form eines globalen Oberbischofs, der in jede Diözese hineinregiert, sondern als der Bischof von Rom, der in der lateinischen Kirche den Jurisdiktionsprimat inne hat und der unter bestimmten Voraussetzungen in Fragen der Lehre irrtumslos verkündet.

Der Papst kann anordnen, daß so, wie in der Handreichung geschrieben, nicht verfahren werden darf. Und dann ist das so. Man kann schon jetzt getrost davon ausgehen, daß genau das passieren wird. Da die Kirche in Jahrhunderten denkt und ihr jegliche Hektik fremd ist, kann es noch eine Weile dauern. Man hat wichtigeres zu tun, als irgendeinem emeritierten Bischof irgendwo in der Provinz nachzustellen, ob er sich an eine Anordnung der Glaubenskongregation hält. Die Anordnung der Glaubenskongregation gilt auch unabhängig davon, ob der jeweilige Bischof sie umsetzt oder nicht.

Mag sein, daß nun, da die Glaubenskongregation ihre Duftnote gesetzt hat, die ja durchaus universal gilt, mithin auch für Seelsorger verbindlich ist, der Papst einfach abwartet, bis in Freiburg ein neuer Bischof eingesetzt ist, um dann noch einmal hinzuschauen.

Es ist in unserer hektischen Zeit auch von glaubenstreuen Katholiken oft gar nicht zu verstehen, mit welcher Ruhe und Gelassenheit die Universalkirche Fragen der Lehre und der Praxis klärt. Es geht nämlich nicht darum, auch da ist die Kirche der Welt fremd, daß ein Chef zu einer Entscheidung kommt und hierarchisch durchdrückt bis ins letzte Gleid. Es geht darum in der Welt den Willen Gottes zu verkünden und so weit möglich umzusetzen. Priestern im Bistum Freiburg kann man raten, nun eher dem Brief aus Rom als der Handreichung Folge leisten. Doch niemand kann einen Priester des Erzbistums Freiburg dafür verurteilen, wenn er gemäß der pastoralen Handreichung agiert. Der Gehorsam, den Priester versprochen hat, gilt nämlich seinem Bischof.

Gehorsamskonflikte, die sowohl Priester als auch einfache Gläubige treffen können, sind nun allerdings keineswegs trivial. Es gilt dem Bischof gehorchen. Daran führt kein Weg vorbei. Irrt der Bischof scheinbar und gibt es eine entgegenstehende Äußerung der Universalkirche (hier: der Glaubenskongregation), dann ist eine Gewissensentscheidung erforderlich. Dem Gewissen, auch dem irrenden, so lehrt der Hl. Thomas, ist zu folgen. Das kein Akt der Beliebigkeit, das ist ein harter Weg. Es ist ein Weg, der eine geistliche Entscheidung verlangt, die gut abgeklärt und gut begleitet sein will. Der gewonnenen Erkenntnis ist zu folgen. Und zwar auch dann zu folgen, wenn es erhebliche oder schmerzhafte Konsequenzen hat.

In der Praxis neigen sowohl Laien als auch Priester leider eher zu Schnellschüssen. Allfälliger Applaus oder leichtfertiges Bischofsbashing sind schnell zur Stelle und leicht zu ergreifen. Weder das eine noch das andere ist eine Lösung.

Sowohl Limburg als auch Freiburg zeigen eines ganz deutlich:

Es gibt eine bedenkliche Entfremdung der Gläubigen von ihrem Bischof.

Da liegt der Hund begraben. Bischöfe sind heute eher Manager als Hirten.

Das ist die Folge einer Entwicklung, die nicht nur negativ zu beurteilen ist. Die Kirche hat sich in vielen Aspekten professionalisiert. Eine Körperschaft mit hohem Vermögen (z.T. dreistellige Millionenbeträge) und hohen fiskal generierten Einnahmen sowie dem gegenüber stehenden Ausgaben kann man nur professionell führen. Trotz aller angestrebten Professionalität verlangt das Kirchenrecht den Bischof als letzten Entscheider in seiner Diözese, leider auch in Bereichen, in denen wirklich kein Bischof ein Profi ist. Ferner resultiert eine hohe Arbeitsbelastung aus überdiözesanen Aktivitäten. Die DBK legt mit ihren Komissionen und Arbeitsgruppen eine große Last auf bischöfliche Schultern.

Wem es gelingt, der Entfremdung zwischen Bischof und Volk entgegen zu wirken, hat einen großen Beitrag zur Lösung kirchlicher Probleme unserer Tage bewirkt. Und damit sind nicht großartig organisierte Dialogveranstaltungen gemeint.

Beitrag erschien zuerst auf: blog.peter-winnemoeller.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Danton

Es gibt jemanden, der noch missionarischer ist, als die RK Kirche selbst: Joachim Datko ...

Lass ihnen doch ihren Gott "um Himmels Willen" - wichtig ist doch nur, dass die verblendeten Kreationisten nicht versuchen, uns ihr Weltbild überzustülpen.

Es ist aber bestimmt nicht schlau, zu glauben, dass diese Menschen überhaupt in der Lage sind, auch nur annähernd zu begreifen, was es bedeutet, die Ebene der Ratio zu verlassen und in tiefer Versenkung / Meditation das "eins in allem" zu verwirklichen. Man kann der tiefen Erfahrung der Natur des Geistes natürlich auch noch viele andere Namen geben aber das soll hier nicht Thema sein.

Und selbst die rationale Untersuchung im Sinne der Philosophie ist doch von den Gläubigen weder erwünscht, noch sind die meisten aufgrund vieler intelektueller Blockaden (hiermit ist nicht die Intelligenz gemeint !!!) in der Lage dazu.

Also - meinetwegen dürfen alle einen Gott haben (wenn's geht, bitte einen gerechten und liebenswürdigen...) und Du Joachim kannst im Gegenzug ja Deinem Atheismus frönen - wie auch immer der bei Dir aussieht (hoffentlich tolerant, liebenswürdig etc. ;.)

Mit dem freien Gruß des Geistes.....

Gravatar: Joachim Datko

Vorab: Es gibt keinen Gott, es gibt keine Götter

Zitat: "Der Prüfbericht geht an die Bischofskongregation und wird von dort aus veröffentlicht werden."

Da wird es keinen bischöflichen Filter geben, die Öffentlichkeit wird sich nichts mehr von den r.-k. Oberpriestern gefallen lassen. Die Journalisten werden die Zahlen fordern und sie selbst interpretieren. Jede Verweigerung wird als Manipulation gewertet werden. Da wartet schon die nächste öffentliche Diskussion über die Machenschaften der r.-k. Kirche im Hintergrund. Die heiligen Geldsäcke der r.-k. Kirche werden weiterhin in der Diskussion bleiben.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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