Das Leiden der Normalbürger

Manfred Smolka Smolka wurde zum tödlichen Verhängnis, dass er nicht bereit war, seine Mitmenschen grundlos zu schikanieren.

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Manfred Smolka Smolka wurde zum tödlichen Verhängnis, dass er nicht bereit war, seine Mitmenschen grundlos zu schikanieren.

Er war ein Flüchtlingskind. Er kam mit 15 Jahren  aus Schlesien nach Thüringen. Wie mein Vater sah der aufgeweckte, redegewandte Junge in den freiwilligen Grenzbrigaden eine Möglichkeit, seinem aus den Fugen geratenen Leben wieder einen  Hallt zu geben.

Er machte dann auch eine Art Karriere und brachte es zum Kompaniechef der inzwischen professionellen Grenzpolizei. Eine kleine Wohnung, Frau und Kind vervollständigten sein Glück.

Smolka wurde zum tödlichen Verhängnis, dass er nicht bereit war, seine Mitmenschen grundlos zu schikanieren.

Als die SED- Politbürokraten verfügten, am 17. Juni 1958 sollte nicht gearbeitet werden, um mögliche Spontandemonstrationen zur Erinnerung an den Volksaufstand fünf Jahre zuvor zu verhindern, gestattete Smolka den Bauern seines Grenzabschnitts trotzdem, ihre Felder zu bestellen.

Das brachte ihm eine erste Abmahnung ein. Als Smolka aber weiter zu viel Verständnis für die Nöte seiner Mitmenschen aufbrachte und Besuche im abgeriegelten Grenzdorf auch ohne den nötigen Passierschein durchgehen ließ, kostete ihn das bald seine Stellung.

Er flüchtete in den Westen. Beim Versuch, Frau und Kind nachzuholen, lief er in eine Falle, die ihm von der Staatssicherheit gestellt wurde. Vor den Augen seiner Familie wurde er niedergeschossen, vom Boden der Bundesrepublik in die DDR geschleift und ins Gefängnis gebracht.

Normalerweise hätte sein „Vergehen“ ein paar Jahre Gefängnis gekostet, aber die Arbeiter-, und Bauernmacht wollte ein Exempel statuieren. Smolka sollte als abschreckendes Beispiel für seinen „Verrat“ hingerichtet werden.

Dafür hängte man ihm eine angebliche Spionagetätigkeit an. Smolka wurde mit den bei der Stasi üblichen drastischen Verhörmethoden zum „Geständnis“ gezwungen, das er aber im Gerichtsaal mehrmals widerrief.

Das half ihm nicht. Er wurde mit dem persönlichen Einverständnis von Stasichef Mielke zum Tode verurteilt und mit dem Fallbeil hingerichtet. Er wurde nur 29 Jahre alt.

Sein letzter Wunsch war, seiner Frau und seinem Kind einen Abschiedsbrief schreiben zu dürfen. Man gestattete es ihm. Der Brief wurde aber nie abgeschickt. Erst nach der Vereinigung erfuhr seine Familie, wie Smolka ums Leben gekommen war und konnte seine letzten Grüße und Wünsche lesen.

Die DDR- Behörden dachten aber gar nicht daran, Smolka auf dem Friedhof des Dorfes, das seine zweite Heimat geworden war, bestatten zu lassen. Er wurde als „Anatomieleiche“ verbrannt, seine Asche an einem unbekannten Ort entsorgt.

Manfred Smolkas Leben wurde heute vor 55 Jahren gewaltsam beendet. Es ist gut, dass wenigstens die Ostthüringer Zeitung seiner gedacht hat.

 

 

 

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