Das Kreuz im öffentlichen Raum

Die Organisation „Europe for Christ“ hat als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der am Dienstag befand, Kruzifixe in Klassenzimmern verstießen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, zwölf Thesen zum Kreuz im öffentlichen Raum aufgestellt.

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Eine italienischer Staatsbürgerin finnischer Abstammung, zweifache Mutter und bekennende Atheistin, hatte sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt, weil sie ihr Recht, ihre Kinder nach ihren Überzeugungen zu erziehen sowie deren Recht auf Religionsfreiheit verletzt sah. Der Gerichtshof gab ihr Recht und verhängte ein entsprechendes Urteil gegen Italien, das dort von Kirche und Politik mit Unverständnis aufgenommen wurde. Auch hierzulande gibt es kritische Stimmen zum Urteil (obgleich dieses keine Wirkung auf Deutschland hat). Die katholische Deutsche Bischofskonferenz bezeichnete das Urteil als „große Enttäuschung“.

Die Organisation „Europe for Christ“ hat als Reaktion auf das Urteil zwölf Thesen zum Kreuz im öffentlichen Raum aufgestellt und ihre Mitglieder und Unterstützer, zu denen ich mich rechne, um Verbreitung gebeten. Dem komme ich gerne nach.

Die Thesen sind auf Englisch formuliert. Sie finden dazu jeweils meine deutsche Übersetzung.


1.
The right to religious freedom can only mean its exercise - not the freedom from confrontation. The meaning of “freedom of religion” has nothing to do with creating a society that is “free from religion”!
Das Recht auf Religionsfreiheit kann nur bedeuten, Religion ausüben zu dürfen – nicht, ihr keinesfalls ausgesetzt zu sein. „Religionsfreiheit“ bedeutet nicht, eine Gesellschaft „frei von Religion“ zu schaffen!

2.
Forcibly removing the symbol of the Cross is a violation on the same level as would to force atheists to mount this symbol.
Eine zwangsweise Entfernung des Kreuzes als Symbol wirkt genauso verletzend wie ein etwaiger Zwang für Atheisten, dieses Symbol zu errichten.

3.
The blank white wall is also an ideological statement – especially, if over the previous centuries, it had not been empty. A "value-neutral" state is fiction, which is often used for propaganda purposes.
Die leere weiße Wand ist auch eine ideologische Aussage – besonders dann, wenn sie über die vergangenen Jahrhunderte nicht leer war. Ein „wertneutralen“ Staat ist eine Fiktion, die oft Propagandazwecken dient. [Anmerkung: Wer das Kreuz abnimmt schafft nicht Neutralität sondern Leere. (Edmund Stoiber)]

4.
An alleged right not to be confronted with religious content, cannot be stronger than the right to free exercise of religion.
Ein vermeintliches Recht, nicht mit religiösen Inhalten konfrontiert zu werden, kann nicht schwerer wiegen als das Recht auf freie Religionsausübung.

5.
The states, which have signed the European Convention on Human Rights, have understood that the "right to freedom of religion" is certainly not a "freedom from religion".
Die Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben haben, verstanden das „Recht auf Religionsfreiheit“ sicherlich nicht als „Freiheit von Religion“.

6.
Lawyers speak of the "slippery slope". Resist the beginnings! Today institutions are affected by iconoclastic attempts, tomorrow I will no longer be allowed to wear a religious chain around my neck.
Juristen sprechen von der „schiefen Ebene“. Wehret den Anfängen! Heute geht es um Symbole in öffentlichen Einrichtungen, morgen darum, ob man noch eine Kette mit religiösem Symbol tragen darf. [Anmerkung: Für einige englische Krankenschwestern ist das kein „Morgen“, sondern ein „Gestern“]

7.
Instead of fighting religious intolerance, religion, by way of its symbols, is being attacked.
Statt religiöse Intoleranz zu bekämpfen, wird Religion über ihre Symbole angegriffen.

8.
One cannot fight political problems by fighting against religion.
Man kann nicht politische Probleme bekämpfen, indem man gegen Religion vorgeht.

9.
Anti-religious fundamentalism makes itself an accomplice of religious fundamentalism when it provokes through intolerance.
Anti-religiöser Fundamentalismus macht sich zum Verbündeten des religiösen Fundamentalismus’, wenn er durch Intoleranz provoziert.

10.
Christianity by its very nature pushes outwardly – it can never be dismissed as private nor be locked into a ghetto!
Das Christentum drängt seinem ureigenen Wesen gemäß nach außen – es kann niemals ins Private zurückgedrängt oder in ein Ghetto gesperrt werden!

11.
The majority of the affected population would like to retain the cross! It is also a problem of democratic politics, giving priority to individual interests so blatantly.
Die Mehrheit der Bevölkerung, die es betrifft, würde das Kreuz gerne behalten. Es ist mithin auch ein Problem für eine demokratische Politik, Einzelinteressen so offenkundig Vorrang einzuräumen.

12.
The cross is the logo of Europe. It is a religious symbol, but still much more than that.
Das Kreuz ist das Zeichen Europas. Es ist ein religiöses Symbol, doch darüber hinaus weit mehr als das.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Hallo,
Kaugummi-Geschmack. Diese Idee ist gut.
An einem Tag schmeckt einem der, an einem anderen Tag ein anderer. Es gibt auch ganz abscheuliche, gleich ausspucken.
Grüße
Freigeist

Gravatar: Meinert

Da muß ich Herrn Gladstone recht geben, es geht hier um Rechtsgleichheit.

@ Christiane W. was hat das mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen von Kaugummisorten zu tun? Es gibt nunmal nicht nur eine Religion sondern neben dem Christentum noch den Hinduismus, Buddhismus, das Judentum, den Islam um nur ein paar große Glaubensrichtungen zu nennen. Glaubensfreiheit bedeutet, das ich meinen Glauben frei wählen kann und mir eben nicht ein Glauben als der einzig Wahre aufgezwungen wird nur weil er zum Kulturerbe gehört.

Gravatar: Gladstone

Zu einer der wichtigsten kulturellen Errungenschaften zählt die Rechtsgleichheit. Niemand darf privilegiert werden. Ich bin sehr für die Pflege der abendländischen christlichen Tradition. Mir hat noch niemand erklären können, warum das in staatlichen Institutionen geschehen muss.

In den USA sind religiöse Belange auch privat und das Christentum spielt dort in der Kultur ohne Zweifel eine größere Rolle als bei uns. Was spricht dagegen, es auch in Deutschland so zu regeln?

Die Schule ist eine Zwangsanstalt, in die Schüler aller Konfessionen und aus unterschiedlichen Elternhäusern gehen müssen. Die Werteerziehung ist nach meiner Ansicht Sache der Eltern und nicht des Staates. Das muss man akzeptieren, auch wenn einem persönlich die Werteorientierung der Eltern nicht gefällt.

Gravatar: Christiane W.

Sehr geehrter Gladstone,

in Ihren Worten schwingt ein solch tiefer Mangel an europäischem Kulturverständnis mit, von jedwedem religiösen Glaubensverständnis ganz zu schweigen, daß ich erschüttert bin.
"Dieser öffentliche Raum wird vom Steuerzahler finanziert, diese haben ganz unterschiedliche religiöse Überzeugungen... Also entweder alle religiösen Symbole im Klassenzimmer oder keins."
Als ob es um unterschiedliche Geschmacksrichtungen von Kaugummisorten ginge... Wow!
Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

Freundliche Grüße,
Christiane W.

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