Das geheimnisvolle Schweigen der Männer

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Der Geschlechterforscher Gerhard Amendt enträtselt das Geheimnis, warum sich Männer gegen ihre Dämonisierung und Diskriminierung nicht wehren, und plädiert für eine neue Geschlechter-Debatte.In der Geschlechter-Debatte werden Frauen immer noch als Opfer und Männer als Täter betrachtet. Männer als Kollektiv werden zum Sündenbock dafür gemacht, dass Frauen beruflich und privat nicht vorankommen. Man unterstellt Männern, dass sie Frauen Steine in den Weg legen und ihre Karrieren behindern. Männer lassen diese Vorwürfe über sich ergehen. Sie schweigen zu ihrer kollektiven Verdammung.

Sie schweigen auch zu dem Mythos, der sie als alleinige Gewalttäter beschreibt, obwohl internationale Studien belegen, dass häusliche Gewalt auf Männer und Frauen gleich verteilt ist. Auch der längst wissenschaftlich entkräfteten Behauptung, wonach Frauen bei gleicher Arbeit und Qualifikation weniger verdienen, wird von den meisten Männern nicht mit Nachdruck entgegengetreten. Schließlich schweigen Männer zu ihrer eigenen Diskriminierung im Berufsleben, die durch Gleichstellungs- und Quotenregelungen verursacht wird. Was sind die Gründe für all dieses Schweigen?

Der Geschlechterforscher Gerhard Amendt schildert in seinem neuesten Buch „Von Höllenhunden und Himmelswesen“ die vielfältigen Gründe für dieses Schweigen. In erster Linie sind es Schuldgefühle, die durch ständige Schuldvorwürfe erzeugt werden. Männer, die diese Schuldgefühle haben, glauben daran, für eine angebliche Jahrtausende währende Unterdrückung der Frauen büßen zu müssen. Sie möchten das Leid, das Männer Frauen angeblich zugefügt haben, wiedergutmachen. Schuldgefühle bei Männern zu wecken, hat sich als erfolgreiches Mittel der Durchsetzung von Frauenprivilegien erwiesen.

Aber es sind nicht nur die Schuldgefühle, die das Schweigen der Männer begünstigen. Viele Männer empfinden dabei ein Überlegenheitsgefühl, Frauen schwach zu sehen, sie von Verantwortung freizusprechen, um selbst mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie möchten Frauen schwach sehen, weil dadurch ihr eigenes Selbstwertgefühl gestärkt wird. Die als hilfsbedürftig angesehenen Frauen sollen von einflussreichen Männern in Politik, Medien und Wissenschaft versorgt und beschützt werden. Diese neue Ritterlichkeit beseitigt Amendt zufolge nichte die traditionellen Rollenbilder, sondern lässt sie in einem neuen Gewandt erscheinen.

Die traditionelle Versorgermentalität kommt in der Forderung nach einer Frauenquote besonders stark zum Ausdruck: Frauen wird nicht zugemutet, Eigeninitiative zu entwickeln, eigene Firmen zu gründen und sie zum Erfolg zu führen. Sie sollen von einflussreichen Männern mit Stellen versorgt werden. Und wenn das die einflussreichen Männer versäumen oder nicht in ausreichendem Maße tun, dann soll es der Vater Staat richten.

Doch Amendt sieht einen Ausweg aus der Sackgasse, in der sich das Geschlechterverhältnis derzeit befindet: Frauen sollten die Vorwurfshaltung gegenüber Männern aufgeben. Erst wenn Frauen Männer für ihr Leben nicht verantwortlich machen, sondern dafür selbst Verantwortung übernehmen und sich dadurch von ihrer Opferrolle befreien, könnten Männer ihre Schuldgefühle überwinden und sich von überkommener Ritterlichkeit befreien. Als Folge davon würden Männer ihr Schweigen brechen und eine aktive Rolle in der Geschlechter-Debatte spielen. Nur auf diese Weise könnten Männer und Frauen einen Dialog auf Augenhöhe führen.

Gerhard Amendt, Von Höllenhunden und Himmelswesen. Plädoyer für eine neue Geschlechter-Debatte, Ikaru Verlag, Frankfurt am Main 2013.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Bert E. Wilhelm

Da ist wohl Ihre schmutzige Phantasie mit Ihnen durchgegangen, gelle?

Gravatar: Alexander Ulfig

In den Medien werden immer noch Männer als die alleinigen Gewalttäter dargestellt, die längst als falsch erwiesene Behauptung, dass Frauen 23% weniger als Männer verdienen, wird immer noch verbreitet, und durch die Quotenregelungen, die auch Gleichstellungsmaßnahmen genannt werden, werden Männer massiv diskriminiert. Deshalb ist es berechtigt zu fragen, warum Männer zu all dem schweigen.

Gravatar: Johannes Klinkmüller

Ob Gerhard Amendt in seinem neuen Buch dieses große Geheimnis, warum Männer sich nicht wehren, enträtselt, will ich wirklich bezweifeln, ganz einfach deshalb, weil es für die meisten Männer dieses Problem nicht gibt. Ich habe in meinem beruflichen Umfeld Frauen und Männer in Führungspositionen erlebt und nie hatte ich das Gefühl, in ihre Berufung und Beurteilung flösse ihr Geschlecht mit ein. Es geht darum, wie sehr sie in der Lage sind, Vertrauen zu schaffen, wie sie Entscheidungen herbeiführen und eigene vertreten und vieles andere mehr.
Bei manchen Profs und Wissenschaftlern hat man einfach auch den Eindruck, sie kämpfen mit künstlich aufgeblasenen Problemen um die Legitimation ihres Stuhls.

Warum sollen Männer zu etwas Stellung nehmen, was es für sie nicht gibt?

Oder sieht Gerhard Amendt womöglich in seinem Buch die ganze Debatte gelassener, als Sie das darstellen, Herr Ulfig?

Klar gibt es immer wieder Reibungspunkte, dazu war das Verhältnis der Geschlechter in der Vergangenheit tatsächlich zu sehr belastet.
Klar gibt es in einigen Köpfen noch traditionelle Rollenbilder, die sich auch in Ereignissen im Alltag niederschlagen; aber es ist unübersehbar, dass sie sich auflösen. Nur, wenn ich das nicht sehen will, finde ich ständig Belege dafür, dass das Gegenteil noch ganz ganz schlimm der Fall ist. Ui, ui.
Dass für das Management und für die Politik es noch sinnvoll ist, Quoten zu haben, damit kann ich mich arrangieren, ganz einfach deshalb, weil da zum Teil auch die größten Sturköpfe mit den größten Egos sitzen.

Für den Alltag unserer Gesellschaft sehe ich nicht, dass es den Mythos der alleinigen Gewalttäter noch gibt. Wer ihn meint hochstilisieren zu müssen, wird von mir jedenfalls nicht mehr ernst genommen.
Klar gibt es Auswüchse, aber warum soll ich ihnen durch Aufmerksamkeit Energie geben?
Wenn ich betroffen bin, engagiere ich mich für ihre Beseitigung, aber ich möchte einfach sagen, dass es diese Auswüchse in dem Bereich nicht gibt, den ich überschaue.
Vielleicht geht es anderen auch so.
Aus dem Kampf der Geschlechter haben die Allermeisten gelernt.

Der Titel von Amendts Buch klingt so reißerisch, wie ungut er für die Entwicklung unserer Gesellschaft ist.
Wir haben wahrlich im Moment dringlichere Probleme, als überholte ständig am Köcheln zu halten.
Unsere heranwachsenden Jugendlichen gehen noch um einige Grade selbstverständlicher und sehr gelassen und unaufgeregt, ja auf gute Weise selbstverständlich, weil oft sehr menschlich miteinander um, als ein Amendt das womöglich wird wahrhaben wollen.
Es gibt Schulklassen, da dominieren eher Jungen, es gibt Schulklassen, da dominieren eher Mädchen; das hängt einfach davon ab, welche Charaktere zusammenfinden.
Es gibt Schulklassen, da sind Mädchen leistungsmäßig auch in Mathe und Physik ganz vorne, es gibt Schulklassen, da ist es umgekehrt und es gibt solche, da hält es sich die Waage.
Ich kann auch nicht erkennen, dass Jungen oder Mädchen bevorzugt werden; partiell mag das der Fall sein; das sind dann individuelle Probleme, die ein Mensch, der Lehrer ist, mitbringt; aber ich kann nicht sehen, dass das noch ein gesellschaftliches und pädagogisches Problem ist

Seit über 30 Jahren schreibt Amendt seine Bücher. Wenn das Vorliegende tatsächlich in diese Richtung verfasst ist, wie Sie, Herr Ulfig das hier wiedergeben, dann möchte man Amendt zurufen:
Lass es gut sein. Amen.

Wenn das nicht der Fall ist, dann würden Sie IHR Thema auf seinem Rücken austragen; davon möchte ich jetzt erst mal nicht ausgehen.
Der Gesamtthematik aber möchte ich durch das Kaufen dieses Buches keine Energie geben, eben, weil ich ich finde, dass es Wichtigeres zu lösen gilt.

Gravatar: franz sommersperger

Zu diesem Thema gehört auch, dass sich noch kein Mann öffentlich aufgeregt hat, dass durch das outing eines Fussballers , schwul zu sein, doch die gemeinsame Dusche eine ganz andere Dimension- auch nachträglich- erhält: plötzlich sind/waren alle anderen Männer dort Sexobjekte für den einen!!! Doch halt, Männer sind keine Sexobjekte, nur Subjekte... Stellt Euch mal vor ein getarnter Mann(???) hätte sich so in die Frauendusche gewagt....

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