Das EU-Parlament, ein unverständliches Wesen

Ob bei der Bekämpfung von Schlepperbanden, der Eisenbahnreform oder den Wahrhinweisen auf Zigarettenpackungen: Das EU-Parlament handelt oftmals gegen die Wünsche und Interessen seiner Bürger. Angesichts der bevorstehenden Wahl ist dies ein Rätsel.

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Das EU-Parlament ist ein absolutes Rätsel. In fast all seinen Abstimmungen verhält es sich anders, als der Großteil der Europäer denkt und fühlt. Es gibt sich EU-fundamentalistischer als Kommission und Rat zusammen. Und es versucht noch viel mehr als diese, sich ständig regulierend in unser privates Leben einzumischen. Dabei müssen die EU-Abgeordneten in Kürze vor die Wähler treten. Während ja Rat, Kommission, Gericht und alle sonstigen EU-Behörden weit weg von einem direkten Urteil der Europäer sind. Welchen Sinn soll das haben?

Gewiss: Viele der Abstimmungen im europäischen Parlament werden in den heimischen Medien ignoriert. Haben die doch zum Großteil gar keine ständigen Korrespondenten, die aus dem Parlament berichten würden. Vieles von den Resolutionen des Parlaments ist auch rechtlich aufs erste unverbindlich.

Aber dennoch bleibt es beispielsweise absolut unverständlich, warum sich ausgerechnet das Parlament regelmäßig für höhere Ausgaben der EU einsetzt. Während vor allem der Rat, aber auch die Kommission deutlich mehr auf die Interessen der Steuerzahler geschaut haben. Sieht sich das Parlament so wie die österreichischen Bundesländer immer nur für das Geldausgeben zuständig, während dessen Beschaffung nicht interessiert, anderen Körperschaften zugeschoben wird?

Sind Eisenbahn-Holdings wichtiger als Konsumenten?

Es war auch das Parlament, das die europäische Eisenbahnreform neuerlich verwässert hat. Gegen die Interessen der Konsumenten. Denn es hat durchgesetzt, dass auch bei dem jetzt beschlossenen vierten Eisenbahnpaket die sogenannten Holdingstrukturen erlaubt bleiben. Das Parlament hat damit durchgesetzt, dass der – theoretisch zur Neutralität verpflichtete – Schienen- und Bahnhofsbetreiber auch selber eine fahrende Gesellschaft besitzen kann. Das wird mit Sicherheit natürlich auch in Zukunft zu einer – zumindest indirekten, weil offiziell ja verbotenen – Diskriminierung von privaten Konkurrenten führen, die a la „Westbahn“ tapfer gegen den Fast-Monopolisten angetreten sind. Zwar gehen den Gewerkschaften sogar jene paar Detailreformen zu weit, die das nun angenommene Paket enthält. Aber ÖBB-Chef Kern erkennt die klare Vorteilen für die ÖBB und alle ähnlichen Bahn-Unternehmen. Weshalb er hat zu Recht darüber gejubelt hat.

Dabei wäre ja das Eisenbahnwesen ein absolut typisches Beispiel dafür, worum sich Europas Parlament im Interesse der Konsumenten schon seit Jahrzehnten kümmern hätte müssen. Es hat sich aber lieber ständig mit Randthemen befasst,wie den Aufschriften auf Zigarettenpackungen. Diese sind zwar längst EU-einheitlich (und werden nun noch einheitlicher), aber bei der Eisenbahn haben wir bis heute in der EU: 28 verschiedene Sicherheitszonen, sieben Signalsysteme, sieben Spurweiten, von Land zu Land unterschiedliche und bis zu zwei Jahre dauernde Genehmigungs-Bescheinigungen, die pro Lok bis zu vier Millionen Euro kosten!

Aber dieser, jeder Binnenmarkt-Idee spottende Wirrwarr hat das EU-Parlament nie sonderlich gestört. Dort sind die Interessen der Eisenbahn-Gesellschaften offensichtlich besser vertreten als die der Konsumenten.

Hilfe für Einwanderer und Schlepper

Das EU-Parlament stellt sich auch immer dann an die Spitze, wenn es darum geht, das Migranten-Tor Richtung Europa noch weiter zu öffnen. Die Abgeordneten nennen es halt euphemistisch „Flüchtlingsschutz“, was sie da jetzt beschlossen haben: Dazu gehört etwa die Pflicht zur „Nicht-Zurückweisung“ solcher Migranten. Dazu gehört Straffreiheit für alle, die ihnen „in Notsituationen“ Hilfe leisten.

Das klingt harmlos, ist aber eine massive Öffnung Europas für Migranten und Schlepper. Auch wenn es vielleicht bei manchen nicht zynisch, sondern gutmenschlich gemeint ist. Zur Täuschung von Gutmenschen mag ja auch die Semantik der Vorlage dienen. Denn darin heißen die Migrationswilligen natürlich nicht so, sondern „Flüchtlinge“ und die Schlepper heißen „Helfer“. Jetzt bekommt nun praktisch jeder Schlepper parlamentsoffiziell für sein einträgliches Gewerbe einen Persilschein, um nicht zu sagen Heiligenschein.

Während sich das EU-Parlament also massiv an die Seite von Einwanderern und Schleppern stellt, stellt es sich ebenso massiv gegen „Homophobe“. Damit sind dort pointiert ausgedrückt mehr oder weniger alle gemeint, die nicht täglich das Hohelied der Homosexualität singen. In einer Resolution dieses Parlaments werden etwa nach kommunistischer Art „Toleranzschulungen“ für Journalisten verlangt oder die Bestrafung von Äußerungen gegen Homo- und Transsexuelle.

Zwar haben sich aus Österreich ÖVP-, FPÖ und BZÖ-Abgeordnete (genau die Hälfte) gegen diesen Text gewandt. Aber dennoch fand die von der österreichischen Grün-Abgeordneten und Lesben-Aktivistin Lunacek eingebracht Resolution mit einer Reihe weiterer ähnlicher Forderungen eine breite Mehrheit des EU-Parlaments. Man darf fast – wenn auch hypothetisch und daher leicht polemisch – vermuten, die Mehrheit wäre selbst dann nicht kleiner, wenn als nächster Schritt die christlichen Kirchen verboten werden, weil sie ja in Sachen Homosexualität gegen die politisch korrekte Lehre verstoßen.

Heterosexuelle haben hingegen im EU-Parlament keine Lobby. Das sieht man etwa daran, dass wenige Tage nach der Lunacek-Resolution eine weitere Resolution ebenfalls mit großer Mehrheit angenommen wird. Diese verlangt, dass jeder Besuch bei Prostituierten in Europa strafbar werden soll. Rätselhaft bleibt nur, ob man bei dieser Resolution nicht auf strafbefreiende Ausnahmen für Homosexuelle vergessen hat. Denn auch diese sollen ja ihre eigenen Formen von Prostitution haben. Oder ist nach der Lunacek-Resolution eh klar, dass Homosexuelle von Bestrafungen befreit sind? Unklar bleibt auch, wie sich die besonders großzügige Haltung der rotgrünen Gemeinde Wien gegenüber jeder Form der Prostitution mit dieser Bestrafungslust verträgt, die rotgrüne EU-Abgeordnete im EU-Parlament demonstriert haben.

Ich würde allerdings wetten, dass es das älteste Gewerbe der Welt auch dann noch lange geben wird, wenn sich niemand mehr an das EU-Parlament erinnert. Allerdings fürchte ich, dass niemand bei dieser Wette dagegenhalten wird.

Nur Kommission hat Anerkennung verdient

Freilich gibt es auch in der EU viele vernünftige Dinge. Diese kommen aber praktisch immer aus der Kommission, wo in bestimmten Teilen die wirtschaftliche Vernunft ja durchaus noch beheimatet ist. So hat die Kommission ab dem Jahr 2024 Betriebsbeihilfen an Flughäfen verboten. Das wird zwar so manche kleine Flughäfen treffen, die aus regionaler Eitelkeit – etwa eines Landeshauptmannes – ins Leben gekommen sind, und die ohne ständige Förderungen nicht leben können. Den Steuerzahler freut solches jedoch sehr. Betrübt ist er nur deshalb, weil diese Regelung erst in zehn Jahren greifen wird, und weil sie etliche Schlupflöcher offen lässt, durch die weiter Steuergelder fließen können. Aber die Richtung stimmt eindeutig.

Eindeutig richtig wäre es auch, wenn die EU endlich beim Straßenverkehr wenigstens ein paar Vereinheitlichungen durchsetzen würde. Aber Straßenverkehr interessiert das EU-Parlament offensichtlich kaum, obwohl sich dessen Regeln in den diversen europäischen Ländern ständig noch weiter auseinander entwickeln. In jedem Land gibt es andere Autobahn-Gebühren, gibt es unterschiedliche Verkehrszeichen, werden national neuerfundene Regeln oft nur in einer Landessprache und da nur sehr kompliziert affichiert.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: C. Huber

Mir scheint ihnen gehen die Fakten aus, darum bringen Sie das Stammtisch-Keulchen. Können Sie den Artikel nicht sachlich, mit Gegenargumenten kritisieren? Oder sitzen am Stammtisch einfach Menschen zweiter Klasse, nach dem Motto: mit "denen" reden wir schon gar nicht?

Gravatar: aLuckyGuy

@ C. Huber
Nein, natürlich ist wahre Demokratie mehr als nur eine Wahl alle vier Jahre. Deshalb haben wir ja auch keine reine Demokratie, die gibt es nämlich auf der ganzen Welt nicht, sondern lediglich die parlamentarische Demokratie. Das dies noch lange nicht der Weißheit letzter Schluß ist, nun darüber müssen wir uns gewiss nicht unterhalten. Aber Kritik sollte schon da ansetzen wo sie berechtigt ist und wirklich etwas bringt. Einfach alles nur niederzumachen und mit dem Schild "ich bin dagegen" auf untersten Stammtischniveau Stimmung zu machen, bringt keinen was.

Gravatar: C. Huber

Definieren Sie Demokratie alleine an der Durchführung einer Wahl..? Na dann, gute Nacht. Sie bedienen mit ihrer Aussage sämtliche Gutmenschen- und Namensklatscher-Klischees. Was ist mit dem sonst sehr beliebten Hinweis, Hitler sei demokratisch gewählt worden? Kürzlich wurde Kim Jong Un zum "geliebten Führer" Nordkoreas gewählt. Die Macht über Europa hat nicht das EU Parlament in Strassburg, sondern die EU Kommission in Brüssel. Ich finde aber, die Macht gehört dem Volk. Wer bezahlt, befiehlt. Das ist Demokratie.

Greets from Switzerland

Gravatar: aLuckyGuy

Nun ja - das EU-Parlament mag manchmal nicht so handeln wie manche Bürger es gerne hätten. Auf alle Fälle bedienen Sie lieber Herr Dr. Unterberger sämtliche Stammtisch-Klischees. Das das EU-Parlament in einer ganz normalen demokratischen Wahl gewählt wurde - wem interessiert das schon. Sie ja offensichtlich schon mal nicht.

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