Darf man Kernenergie erzwingen?

Es war nicht schwer zu erkennen und alle, von Sigmar Gabriel bis Guido Westerwelle, haben es sofort verstanden: Es ist das Thema Kernenergie,

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dem die Grünen ihre Wahlerfolge in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verdanken. Ein grüner Bundeskanzler ist mittelfristig nicht länger unvorstellbar. Mit anderen grünen Forderungen dürfte kein Blumentopf zu gewinnen sein: Ob es der ständige Ruf nach noch mehr Frauenquoten ist, die Forderung eines Verbots von Süßigkeitenwerbung, einer Abschaffung der Gymnasien oder eines Verbots von Motorrollern oder der in der Grünen Jugend artikulierte Wunsch nach einem Verbot des motorisierten Individualverkehrs (Baden-Württemberg und Autos, war da nicht was?): Solche Ideen sind nicht mehrheitsfähig und gehen am Bürgerwillen eher vorbei, als dass sie ihn berücksichtigen.

Es gibt jedoch ein Thema, da sind die Grünen tatsächlich ganze nahe am Bürger und das ist die Kernenergie. Skepsis gegenüber dieser Technologie ist in allen politischen Lagern verbreitet und bei den Grünen absoluter Konsens. Offenbar ist die Ablehnung von Atomkraft so ausgeprägt, dass sie alles andere in den Schatten stellt. Da in Deutschland Braunkohle, Steinkohle und Erdgas allesamt vorhanden sind, dürfte es nicht unmöglich sein, ein Stromnetz auch ohne Kernenergie zu betreiben. Ob sie genutzt wird oder nicht, war ohnehin immer eine staatliche Entscheidung, keine Entwicklung des Marktes. Deshalb stellt sich durchaus die Frage, ob es nicht selbst dann unberechtigt ist, die Kernenergie gegen den Bürgerwillen zu erzwingen, wenn technische und wirtschaftliche Argumente dafür sprechen sollten. Denn dies entspricht weder dem Wesen der Demokratie noch dem des freien Marktes und führt zudem zu einer Energieplanwirtschaft, die kaum die besten Ergebnisse liefern dürfte.

Der planwirtschaftliche Ansatz dominiert die grünen Energiekonzepte zwar erst recht, aber er ist eben auch auf dem jetzigen Energiemarkt nicht zu verkennen. Unter anderem aufgrund der Oligopolstruktur des Energiemarktes findet dort nicht wirklich Wettbewerb um den Kunden statt. Es handelt sich eher um einen Wettbewerb um Subventionen und andere Vergünstigungen, die von der Regierung gewährt werden. Bei Atomkonzernen genauso wie bei Solarfirmen. Die Liberalisierung des Strommarktes ist nicht abgeschlossen, solange sich aufgrund der umfangreichen, staatlichen Eingriffe, vom Erneuerbare-Energien-Gesetz bis hin zur staatlichen Förderung von Forschungsreaktoren, die Preise nicht am Markt bilden können. Zu dieser Preisbildung gehört selbstverständlich auch die Absicherung gegen Risiken und die Beseitigung von Spätfolgen durch den Betreiber.

Warum aber sollte ausgerechnet auf dem Energiemarkt Planwirtschaft der ideale Weg sein? Welche Energieform sich auch an einem freien Markt durchsetzen wird, es wird nicht die teuerste und ineffizienteste sein, weil diese niemand freiwillig wählen würde. Zu einer solchen Entscheidung muss man schon von einer Behörde gezwungen werden. Wünschenswert scheint daher eine weitergehende Liberalisierung des Energiemarktes, auf dem sich Kernenergie bewähren oder scheitern wird, nicht aber die planwirtschaftlich erzwungene Durchsetzung dieser Energieform.  Der Preis dafür könnte zu hoch sein.

ebenfalls erschienen auf "kingofblog.de", "oekowatch.org" und "science-skeptical.de"

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freidenker

Planwirtschaft ist immer abzulehnen, freier Markt ist die einzige Alternative. Aber das würde den Großteil der Gesellschaftsklempner obsolet machen, insofern werden wir das nicht erleben. Und mit den beschriebenen Ideen, die möglicherweise nicht mehrheitsfähig und am Bürgerwillen vorbeigehen, wäre ich auch vorsichtig. Die sind dann nicht automatisch vom Tisch, sondern werden über das europäische Zentralkomitee in Brüssel dann doch eingeführt! Die Zeiten sind lausig!

Gravatar: Klimax

"Warum aber sollte ausgerechnet auf dem Energiemarkt Planwirtschaft der ideale Weg sein?" Das frage ich mich auch schon lange. Und außerdem: warum wollen wir überall mehr Berücksichtigung von Bürgerinteressen, in Fragen der Kernenergie, die nun einmal auch im Bürgertum nicht mehrheitsfähig ist, aber nicht?

Baden-Württenberg ist nicht allein an die Grünen gegangen, weil CDU-Wähler, konservatives Profil vermissend, nicht zur Wahl gegangen sind, sondern weil viele CDU-Wähler Grün gewählt haben, um die Atomkraft zu verabschieden. So ist das nun einmal, das muß man akzeptieren, egal wie man selbst darüber denkt.

Das große Problem aber wird sein: Man kann nicht gleichzeitig auf Kernenergie verzichten und der Anti-CO2-Religion angehören.

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