CDU-Mitgliederbefragung: Demokratische Scheinlegitimationen

Welche Bedeutung sollte das Ergebnis der Mitgliederbefragung der Berliner CDU zur Homo-Ehe haben? Außerhalb der CDU: Keine wesentliche!

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„Basisdemokratie ist immer dann toll, wenn die Basis das Gleiche meint wie ich. Denkt sie dagegen anders als ich, dann ist das entweder Populismus oder beweist nur die Rückständigkeit des Denkens der Masse oder der befragten Klientel.“ So kann man die Reaktionen beschreiben, die am Wochenende über die Berliner CDU ausgegossen wurde, die bei ihren Mitgliedern nachgefragt hat, wie sie zur Gleichstellung der sogenannten „Homo-Ehe“ stehen. Ich muss zugeben, ich hatte selbst die Luft angehalten, lag für mich doch der Verdacht nahe, man wolle sich seitens der CDU als „moderner Großstadtpartei“ selbst zu einer Richtungsänderung legitimieren.

Aber siehe da, das Parteivolk in Berlin hat gesprochen, und das vergleichsweise eindeutig: Nach Presseberichten entschieden sich bei der Frage, ob auch Homosexuelle heiraten können sollten, 45 % für die Antwort „gar nicht“, 7 % für die Antwort „eher nicht“. Auf der anderen Seite antworteten 35 % mit „voll und ganz dafür“ bzw. 7 % mit „eher dafür“, nur 1 % enthielten sich und 3 % halten das Thema für nicht wichtig. Und nun streitet man sich in der CDU selbst wie beim politischen Gegner, wie dieses Ergebnis zu interpretieren ist. Sind es lediglich die Ewiggestrigen, die sich in der CDU versammalt haben – und die sich überhaupt geäußert haben; die Wahlbeteiligung bei dieser Mitgliederbefragung lag bei unter 40 % und nach Berichten des Tagesspiegels votierten Mitglieder über 60 Jahren deutlich gegen die „Homo-Ehe“, unter 60-jährige eher dafür? Es bleibt viel Interpretationsspielraum, was denn eine zukunftsfähige Position sein kann und wie das Ergebnis bei einer 100-%-Beteiligung ausgesehen hätte.

Trotzdem, Abstimmung bleibt Abstimmung, und zumindest der Berliner Landesverband der CDU sollte sich wohl eher schwer tun, seine Position vor diesem Hintergrund neu auszurichten. Wenn man ein anderes Ergebnis erwartet oder erhofft hatte, sieht man sich nun mit den Unwägbarkeiten einer demokratischen Entscheidung konfrontiert, an der man nicht ohne weiteres vorbei kommt. Da das so ist, kommen Befürworter der „Homo-Ehe“ nun auch auf den Gedanken, ob denn eine solche Befragung überhaupt legitim wäre – bestreitet da nicht eine Mehrheit einer Minderheit das „Recht“ auf die Ehe? Es ist letztlich die Formulierung, die Benjamin Franklin zugeschrieben wird, und die ich schon des öfteren zitiert habe, meist nur in der anderen Richtung: „Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf über die nächste Mahlzeit abstimmen.“ Hinter diesem prägnanten Satz steht die Frage, wieweit eine Legitimation eigentlich demokratisch sein kann.

Stimmte man darüber ab, ob Menschen mit roten Haaren zukünftig nicht mehr in Deutschland leben dürften, und schafften es Agitatoren, das diese Entscheidung tatsächlich getroffen würde – wäre diese Entscheidung dann legitim, nur weil sie von einer Mehrheit getragen wird? Man nähert sich hier den Fragen des Naturrechts – Fragen also, die kultur- und religionsunabhängig eine „wahre“ Antwort haben, die man nicht einfach überstimmen kann. Das heißt umgekehrt nicht, dass man nicht auch Umfragen zu solchen Themen durchführen kann, fraglich ist dann nur, ob eine darauf fußende Entscheidung irgendeine bindende Wirkung haben kann. Die Verfechter der Zulassung der „Homo-Ehe“ verweisen ja auf ein „Recht auf Eheschließung“, das Homosexuellen verwehrt würde.

Gibt es aber ein solches Recht? Bislang existiert das in der deutschen Rechtsordnung jedenfalls nicht, da ist es schon ein sportlicher Ansatz zu behaupten, eine Mehrheit wolle hier einer Minderheit ihr „Recht“ vorenthalten. Als Mensch kann natürlich jeder in Deutschland heiraten, der die Voraussetzungen erfüllt – zum Beispiel das Alter oder auch der Geisteszustand. Er kann aber nicht völlig frei bestimmen, wen er heiratet. Menschen gleichen Geschlechts zum Beispiel können in Deutschland nicht heiraten – immer mal wieder lohnt der Hinweis, dass es sich dabei um geltendes Recht handelt und nicht um eine Feld-Wald-und-Wiesen-Meinung. Von einem solchen Ausschluss, der sich auch durch den Förderauftrag der Ehe durch den Staat ergibt, zu einem Naturrecht zu kommen, das entsprechend also schon seit Jahrhunderten mit Füßen getreten wird, erfordert zumindest eine tiefere Argumentation. Einfach ein Recht zu postulieren, kann da nicht ausreichen.

Im Gegenteil stellt sich die Frage, ob eine „Homo-Ehe“ nicht eher gegen das Naturrecht verstößt: Die Ehe und eheähnliche Beziehungen werden weltweit und religionsunabhängig zwischen Mann und Frau geschlossen. Die Toleranz oder Akzeptanz gegenüber homosexuellen Beziehungen differiert deutlich, aber die Forderung nach und die gesetzliche Regelung zu einer homosexuellen Ehe ist ein eher neues und westliches Phänomen. Ich würde auch hierüber kein Naturrecht etablieren wollen, da mögen sich Theologen und Philosophen drüber streiten. Aber wenn man darüber diskutiert, dann wäre das Naturrecht auf eine Einschränkung der Ehe auf gemischtgeschlechtliche Paare deutlich naheliegender als eine Ausweitung auf gleichgeschlechtliche. Zumal sich aus einem Recht auf eine „Homo-Ehe“ direkt die weiteren Fragen der verbleibenden Einschränkungen ergeben: Wieso nur zwei? Wieso nur zwischen Erwachsenen? Dem naturrechtlich postulierten „Recht auf Ehe“ sind keine Grenzen mehr zu setzen.

Den Kritikern der Berliner Umfrage kann man insofern in einer Hinsicht Recht geben: Mehr als ein Stimmungsbild kann es nicht sein, rechtliche Bindung kann auch eine allgemeine Umfrage – nicht nur unter Berliner CDU-Mitgliedern – nicht haben. Das gilt aber unabhängig vom Ergebnis! Geklärt sein sollte mit dem Ergebnis in Berlin, welchen Auftrag der Positionierung die Mitglieder von ihrer Parteiführung erwarten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr – der Debatte um die „Homo-Ehe“ kann man dem keinen wesentlichen Mehrwehrt entnehmen.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karin Weber

Ein beliebiges Mitglied einer sogenannten "Volkspartei" hat doch mittlerweile genauso einen Einfluss auf die Politik, wie ein SED-Mitglied vor 30 Jahren. Insofern ist jede Art von Befragung doch nur eine einzige Lachnummer.

Politik wird nicht mehr von der Mehrheit gestaltet, sondern von Minderheiten und Lobbygruppen. Sieht man sich öffentliche Umfragen an, dann stimmen die Leute immer anders ab, als die Politik im Nachgang dann vollzieht. Der Bürger wählt, die Lobbygruppen fordern. Der Bürger ist also nur Instrument in einer Scheindemokratie, das dazu genutzt wird, um die Umsetzung von Lobbyinteressen öffentlichkeitswirksam als mehrheitlich getragen zu darzustellen.

Das kann man beim Genitalverstümmelungsgesetz gegen Jungen anfangen und bei der ganzen Euro-Rettungskiste aufhören.

Wir haben keine Wahl, denn die Wahl zur Abwahl ist ausdrücklich ausgeschlossen. Auch ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass Parteien, die eindeutig abgewählt wurden, über sogenannte GroKo trotzdem wieder weiterregieren. Wo bitteschön, wird denn da der Wählerwille noch reflektiert?

Im Prinzip ist das wie im SED-Staat, dort war´s genauso. Das richtige Parteibuch und man konnte leben wie heute Pofalla oder Mackenroth. Die sind ja als Parteisoldaten auch auf den politischen Gnadenhöfen endgelagert.

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