Bye-bye Darwin: Die philosophische Widerlegung der Evolutionstheorie durch Josef Seifert

Wer immer sich mit der Darwinschen Evolutionstheorie näher auseinandergesetzt hat, merkte, dass da „irgendetwas“ nicht stimmt. Nur konnte man selber die Zweifel vielleicht nicht professionell genug äußern. Nun ist ein Werk erschienen, das bei der Kritik der Evolutionstheorie neue Wege geht. Es zeigt wissenschaftlich und methodisch rigoros, was Philosophie gegen eine Naturwissenschaft, die nicht bei ihren Leisten bleibt, vermag.

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Der Philosoph Josef Seifert unternimmt mit diesem Werk, das man der Metaphysik zuordnen kann, nichts weniger als die „definitive Widerlegung“ der neodarwinistischen Evolutionstheorie und ihrer zeitgenössischen Verteidiger, die unter dem Namen „Neue Atheisten“ bekannt geworden sind. Diese Widerlegung bettet er in einen großen metaphysischen und anthropologischen Rahmen, besonders den Nachweis der personalen Schöpfung der Welt aus dem Nichts und der absoluten Unmöglichkeit, Person und Seele als Produkt von Materie und Evolution darzustellen. 

Da der Szientismus – Seifert nennt ihn „Naturwissenschaftsfetischismus“ – heute sogar seitens vieler Philosophen breite Akzeptanz besitzt, ist es von immenser Wichtigkeit, dass auch Positionen Gehör finden, die diese einseitige Ausrichtung hinterfragen. Die äußerlichen Erfolge der quantitativ-mechanistischen Induktion führten zu einer Ausrichtung am rein im material Technischen befindlichen Zweck des empiristisch ermittelten „Wissens“ und damit unweigerlich sowohl zu einer Verengung des Blicks als auch zu überdehnten und damit falschen Annahmen. Diesen Reduktionismus mit seiner Folge immer weiter ausgedehnter Scheinwahrheiten kann und muss man aus einer anderen Perspektive auch eine Überschreitung der Grenzen nennen, die der Naturwissenschaft gesetzt sind: Sie gebärdet sich philosophisch. Sokrates sprach von der doxa, einer „verworrenen und von Irrtümern durchsetzten philosophischen Meinung“. Seifert sieht die Evolutionstheorie nicht primär als naturwissenschaftliche Theorie, sondern als eine solche doxa an. Wenn dem so wäre, und nach aufmerksamer Lektüre von Seiferts Buch will man dem Autor in dieser Einschätzung wenn nicht sogleich folgen, so diese doch ernsthaft in Erwägung ziehen (was wegen des herrschenden Szientismus schon eine echte Kehre darstellt), ist jede Wahrheitsfindung in dieser Richtung zu begrüßen. Denn in der Lüge darf man nicht leben. 

Wahrheitssuche gegen Atheismus

Seiferts Vertrauen in die Philosophie und was sie vermag, ist groß. Es geht um nichts weniger als die Wahrheit, und es ist bewegend, gerade heute, mitten in der „Diktatur des Relativismus“ (J. Ratzinger), jemanden zu lesen, der Wahrheit für erreichbar hält und dieses Versprechen auch einlöst. Sein neues Werk ist in dieser Hinsicht ein großer Wurf. Dazu passt das stilistische Verfahren, gerade nicht in einem „historisch vorgehenden Stil“ zu schreiben, der ständig auf andere Philosophen bzw. Autoren Bezug nimmt, sondern in einem einzigen großen argumentativen Bogen das Vorhaben umzusetzen. Das hat für den Leser den gewaltigen Vorteil, ohne Ablenkung, ohne Umwege in einen argumentativen Sog hineingezogen zu werden, der atemberaubend ist. Dieses gleichsam der Mathematik ähnelnde Verfahren ist einer der großen Vorteile dieses Werkes, das damit eine Wucht erhält, die mir sonst noch nirgendwo begegnet ist. 

Dies zeigt sich bei einer weiteren Eigentümlichkeit, die Seifert als eine Art „Methode“ begründet. „Ironische, sarkastische oder ehrliche … Ausdrücke“ finden sich zuhauf, was an das ebenfalls gegen den Neuen Atheismus gerichtete Werk des amerikanischen neoscholastischen Philosophen Edward Feser („Der letzte Aberglaube“, 2012), auf das sich Seifert an einer Stelle auch bezieht, erinnert. Dieser hat auf die philosophisch keineswegs neuen, aber mit einer unglaublichen Aggressivität vorgetragenen Angriffe der „Neuen Atheisten“ mit ähnlichem Furor geantwortet, den Seifert sich auch an nicht wenigen Stellen seines Buches leistet. Die Motivation Seiferts wird dieselbe sein. Die Vertreter des materialistischen, um nicht zu sagen: nihilistischen Zeitgeists verlangt vom christlichen Theisten ständig eine höfliche, entsagende, demütige, ja unterwürfige Haltung, die sie selbst sich oft vollkommen versagen zu können glauben. Es ist richtig, hier selbstbewusst entgegenzuhalten. 

Revolutionäres Werk mit klarer Argumentation

Seifert erhebt den Anspruch, mit diesem laut seiner wahrscheinlich gerechtfertigten Selbsteinschätzung „revolutionären“ Werk nicht nur, wie (der nicht namentlich erwähnte) R. Swinburne, mit „Wahrscheinlichkeit“, sondern „mit letzter Evidenz und Gewissheit“  Gott und die göttliche Schöpfung aus dem Nichts zu beweisen. Die Argumentation baut sich folgendermaßen auf: 

Zunächst wird gezeigt, dass alles Seiende-in-der-Zeit einmal nichts war und unvollkommen sowie nicht notwendig, also kontingent, ist und die Welt daher jederzeit untergehen könnte, würde sie nicht im Sein gehalten. Dann wird Gott als das einzige Sein begründet, das ewig, notwendig und vollkommen ist sowie den zureichenden Grund seines Seins in sich hat. Dieses metaphysische Grundprinzip wird in seiner Anwendung auf das ewige und kontingente Sein ausführlich und überzeugend behandelt.

Der folgende Blick auf das ewige Sein „im Spiegel des Seins-in-der-Zeit“ führt zur Erkenntnis von jenem.  Damit kommt Seifert auf den (von ihm anderswo breiter ausgeführten) ontologischen Gottesbeweis. Er widerlegt mit einer für den im heutigen relativistischen  Fluidum Erzogenen fast beängstigenden Sicherheit alle bekannten Einwände gegen diesen allen übrigen zugrunde liegenden (ontologischen) Gottesbeweis, seien es nun Vorwürfe von Fehlschlüssen, psychologistische Interpretationen, Vorwürfe mangelnder Präzision (H. Schmitz) und insbesondere die zwar berühmten, aber in Wirklichkeit erfolglosen Einwände Kants. 

Der dritte Schritt ist die Erkenntnis Gottes als Person, die in einem freien Akt die Welt aus dem Nichts erschaffen hat. Wäre die Welt zum Beispiel eine Emanation Gottes, wäre sie nicht kontingent. Dieses Nichts, mit dem Seifert operiert, ist von ihm eingangs streng definiert worden; das evidente und einsichtige Grundprinzip aller Ursachen ist das Axiom des Ex nihilo nihil fit (aus nichts als solchem entsteht von sich aus nichts). Ansichten, aus Nichts könne doch von sich aus etwas entstehen, werden überzeugend als „absurd“ verworfen. Die Argumentation ist philosophisch wasserdicht, unter Verwendung von Standards, die in der Philosophie so sicher sind wie in der Mathematik die Einsicht, dass zwei mal zwei vier ist.    

        Im vierten Teil des Werkes wird die Frage nach der Wahrheit der Evolution gestellt und beantwortet. Nach einer Kritik des völlig unklaren Begriffs „Evolution“ werden die Prinzipien der Evolutionstheorie vorgestellt und als für die Erklärung der von dieser behaupteten Vorgänge für völlig ungeeignet erkannt. Seifert nimmt eine Unterteilung der unterschiedlichen Evolutionsbegriffe dem Inhalt und der Ausdehnung nach vor  und erfasst so alle, also auch die mit der modernen Synthetischen Evolutionstheorie konkurrierenden, weniger radikalen Evolutionstheorien, so die sog. „augustinische Evolutionsidee“. Er erkennt besonders die radikale neodarwinistische Evolutionstheorie nicht als eine naturwissenschaftlich begründete Theorie an, mag sie auch innerhalb der naturwissenschaftlichen Koordinaten derzeit kaum angezweifelt werden – vor allem existiert keine bessere alternative naturwissenschaftliche  Theorie, die zu liefern Seiferts Aufgabe aber nicht ist –, denn diese Theorie basiere unter anderem auf „relativ wenigen und lückenhaften naturgeschichtlichen Beobachtungen“, was, recht besehen, stimmt – auch wenn man die Lückenhaftigkeit der paläontologischen Funde auf Tektonik und Verwesung zurückführt. Diese Theorie kann weder die Frage der Entstehung des Lebens noch die Entstehung des menschlichen Lebens in seiner leib-geistigen Dimension noch die Entstehung der Materie und des Universums erklären, weil es sich hierbei um genuin philosophische Fragen handelt, welche die Naturwissenschaft gar nicht stellen, geschweige denn beantworten kann. Die Evolutionstheorie hat damit ihre Grenzen systematisch überschritten und ist teilweise Philosophie geworden. In einem Kapitel mit  der Überschrift „Wissenschaft oder Scheinwissenschaft“ wird diese Anmaßung ausführlich zurückgewiesen, hat doch Naturwissenschaft in den nicht-notwendigen Fakten und Naturen ein riesiges legitimes Forschungsfeld, bei dem sie bleiben sollte.

Logische Fehlschlüsse der Evolutionstheorie

Seifert hat in verschiedenen seiner früheren Werke gezeigt, dass er in der Lage ist, die Spannung zwischen zwei als wahr erkannten, aber scheinbar nicht kompatiblen Aussagen als Mysterium anzuerkennen. So könnte er auch die Unzulänglichkeit des menschlichen Verstandes hinsichtlich der Beantwortung der Frage, wie göttliche und natürliche Kausalität zusammengehen, zugestehen, wenn göttliche Schöpfung und Evolutionstheorie zwei gleich evidente Erkenntnisse wären. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Evolutionstheorie beruht offensichtlich auf drei logischen Fehlschlüssen, dem Post hoc – propter hoc (der argumentative Übergang von einem möglicherweise durch paläontologische Befunde demonstrierten «nach» zu einem «aus» ist nicht im Geringsten durch das «nach» hinreichend begründet), dem Similis illo – ergo ex illo vel ex origine amborum (B ist A ähnlich, also stammt B von A oder einem gemeinsamen Vorfahren ab, was keineswegs stimmt) und einer Petitio principii (man setzt auf Grund einer materialistischen oder wenigstens methodologisch atheistischen Philosophie von Anfang an eine rein naturalistische Erklärung des Ursprungs des Lebens und der Arten voraus, die völlig unmöglich ist, und sucht erst nach Annahme genannter Philosophie empirische Bestätigungen und Beweise für die Evolutionstheorie).

Aufgrund des „wissenschaftlich und methodisch rigorosen Charakters“  von Seiferts Arbeit zeigt es sich, dass gegen diese grundsätzlichen metaphysischen und logischen Unmöglichkeiten keine der dauernden Aktualisierungen und „Verbesserungen“  der Evolutionstheorie ankommt: „geistlose“ Prinzipien bleiben geistlos, mag sich auch die Evolution nach heutigem Verständnis nicht auf der Ebene von Individuen und damit des Phänotyps abspielen, sondern auf der Ebene von ganzen Populationen und des Genotyps, also der Genetik, was aber nichts Prinzipielles ändert. Der Vorwurf, den auch Seifert  erhebt, nämlich dass die Evolutionstheorie Ordnung durch „blinden“ Zufall erklären wolle, trifft heute nicht mehr völlig zu, aber dass die Evolutionstheorie zum Ausgleich vermehrt immanente teleologische Abläufe kennt, spricht gerade gegen sie. Seifert hat es aber aufgrund der Anlage seines fulminanten Buches gar nicht nötig, auf Fragen wie zum Beispiel die angebliche Erledigung der geschöpflichen Wesenhaftigkeit  (Essenzialismus) durch die evolutionäre Artentstehung einzugehen, weil er auf einer viel basaleren Ebene angreift. Deshalb ist sein Buch auch dem oben erwähnten Werk des Neoscholastikers Edward Feser (wie auch allen mir bekannten Werken von Kreationisten) überlegen: Es steht, der phänomenologischen Methode verpflichtet, über den verschiedenen, sich häufig widersprechenden philosophischen Schulen.

Ohne Schöpfung kein Leben

Seiferts bekennt sich zu einem (allerdings philosophischen) Kreationismus. Er vermeidet den Fehler der meisten Kreationisten, sich in naturwissenschaftliche Gewässer zu begeben. Auch das gibt diesem Werk seinen großen Wert.

„Viele Theorien, die als wissenschaftlich und bewährt erscheinen, sind in Wirklichkeit weit davon entfernt, dies zu sein; vielmehr handelt es sich um vage, unwissenschaftliche, philosophische oder quasi-philosophische Theorien, die mit allen möglichen Mythen, falschen Annahmen und Zweideutigkeiten arbeiten. Die [radikale] »Evolutionstheorie« […] ist eindeutig falsch und philosophisch widerlegbar durch eine Philosophie der Seele und der Person, der Erkenntnis und der Freiheit, sowie durch die Erforschung der »Teleologie« und ihrer Ursachen. Jede angemessene wissenschaftliche und philosophische Theorie über den Ursprung des Lebens muss das am Leben und vor allem im Menschen Unreduzierbare respektieren und somit alle reduktionistischen Elemente ausschließen, die der schwerste intellektuelle Fehler der Evolutionstheorien ist. Keine Theorie über die Ursprünge des Lebens und des Menschen kann das kleinste Phänomen des Lebens ohne Bezugnahme auf ein intelligentes Wesen (Schöpfer) als Ursache allen Lebens erklären“.

 

Ein Desiderat scheint mir eine wenigstens kurze Diskussion der evolutionären Erkenntnistheorie zu sein, wie sie Rupert Riedl vertreten hat (zum Beispiel in „Biologie der Erkenntnis“, 1980). Inwieweit diese mit den von Seifert diskutierten augustinischen „rationes seminales“ vergleichbar oder Emergenz zu nennen ist, wäre interessant zu erfahren gewesen.

Die Absicht, eine kohärente, rein philosophische Widerlegung der Evolutionstheorie vorzulegen, ist gelungen. Gegenüber den Anmaßungen des Szientismus bietet dieses gut lesbare Werk einen „Trost der Philosophie“. Ihm ist jeder Erfolg zu gönnen. Den Skeptikern und Relativisten wird es eine harte Nuss zu knacken geben. Möge es wenigstens ein freieres, offeneres Nachdenken anstoßen, am besten aber ein Umdenken hin zur Wahrheit einleiten.

Zum Buch:

Josef Seifert: Göttliche Schöpfung der Welt und des Menschen aus dem Nichts – Philosophische Beweise (= Realistische phänomenologische Philosophie: Philosophische Studien des Dietrich von Hildebrand Instituts für Philosophie und Realistische Phänomenologische Forschung an der Gustav Siewerth Akademie, Weilheim-Bierbronnen. Band VIII), IAP Press: Irving, Texas u. a., 2020.

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