Bravo Schottland, noch mehr Bravo Großbritannien

Nicht nur wegen des Ergebnisses des Referendums ist Großbritannien zu beglückwünschen. Sondern vor allem wegen seiner Bereitschaft, es überhaupt ermöglicht zu haben und jeden Ausgang anzuerkennen.

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Außer gierigem Regionalegoismus und Machtansprüchen von Lokalpolitikern hat es nie eine echte emotionale Motivation für die schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen gegeben. Diese sind nur dann nachvollziehbar, wenn Regionen ethnisch oder religiös diskriminiert worden sind oder noch immer werden, oder wenn sie nur als Kriegsbeute von einem Staat annektiert worden sind. Das überaus klare Ergebnis des schottischen Referendums ist damit ein großer Sieg der Vernunft.

Die Sezessionisten haben letztlich nur hohle Rhetorik anzubieten gehabt. Ihre einzige wirkliche Motivation war abgesehen von persönlichem Machtstreben schottischer Politiker bloß finanzielle Regionalgier. In den Jahrhunderten, als Schottland viel ärmer war als England, hat niemand nach einer solchen Sezession verlangt. Dieser Wunsch ist erst genau dann erwacht, als vor Schottlands Küsten Öl und Gas gefunden worden sind. Das wollten die Schotten plötzlich nur für sich und ihren Konsum (der sich wie immer als soziale Wohlfahrt tarnt).

Man stelle sich als Österreicher etwa vor, im steirischen Judenburg würde in großem Umfang Öl oder Gas oder Gold gefunden werden. Wetten, dass dann bald Funktionäre auch Sezessionsforderungen entfachen würden? „Steirisches Öl gehört der Steiermark!“ Und zwar nicht nur das Kürbiskernöl. Einst im Mittelalter hat die Steiermark ja auch nicht zu Österreich gehört, würde dann etwa als Begründung gesagt. In einer späteren Phase könnte dann freilich auch der plötzlich ölreiche Bezirk Judenburg die Unabhängigkeit von der Steiermark verlangen. Heute hingegen denkt in armen Bundesländern natürlich niemand an so etwas.

Mit solchem Regionalegoismus warten – nicht nur Schottland – vor allem jene auf, die sonst nicht oft genug von „Gerechtigkeit“ schwätzen, wenn sie eine Umverteilung in die eigenen Taschen verlangen. Die deutliche Mehrheit der schottischen Wähler hat aber dennoch klar Nein gesagt. Sie haben gespürt, dass trotz des jetzigen Ölsegens langfristig ein Zusammenbleiben sinnvoller ist. Dass dieses insgesamt gesehen auch ökonomisch rationaler ist als der kostspielige Aufbau neuer Staaten. Dass damit viel weniger Unwägbarkeiten verbunden sind. Und sie haben vor allem keinerlei Gefühl der Diskriminierung verspürt.

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Kommentare zum Artikel

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Die schottische Volksbefragung zeigt, das nichts ewiglich sein muss. Bündnisse dürfen und müssen ab und zu hinterfragt werden. Nur so wird jedem deutlich, dass er nicht Gefangener eines Verbundes ist. Auf der anderen Seite sehen andere Bündnispartner, dass die anderen Teilnehmer nicht ihre Leibeigne sind.
Auch darf die Angst vor den finanziellen Folgen nicht das Kriterium des nicht "anders werden dürfen" bestimmend sein. Nach einem Krieg hat man auch finanzielles Chaos, wird immer wieder repariert.

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