Bonbons von Fräulein Rottenmeier

Wer als Frau noch vorurteilsfrei Karriere machen will, muss sich beeilen. Denn obwohl die Frauenquote heute im Bundestag abgelehnt wurde, wird sie leider ab 2020 alternativlos. Danke auch, Frau von der Leyen.

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Jetzt werden wir also alle Quotenfrauen. Toll. Herzlichen Dank Frau von der Leyen und Kolleginnen, dass Sie sich so aufgeopfert haben. Spätestens 2020 dürfen wir uns jetzt alle den Stempel „Quotenfrau“ auf die Stirn kleben, sollten wir einen Top-Posten ergattern und können anschließend dann den mühsamen Beweis antreten, dass wir es eventuell auch ohne geschafft hätten.

Intrige, Machtkampf, Erpressung. Nein, es waren keine schönen Worte, die rund um den Machtkampf innerhalb der CDU – Frauen gegen den Rest ihrer Partei – in den vergangenen Tagen fielen. Angeführt von Ursula von der Leyen, haben sie im Kampf um die gesetzliche Frauenquote ein Schlachtfeld hinterlassen in Fraktion und Koalition, dessen Folgen sich erst noch zeigen werden. Gerade für die Frauen der Fraktion. Gleichzeitig haben sie uns aber auch einen herrlichen Anschauungsunterricht zu der Frage geboten, was sich ändert, wenn ab sofort mehr Frauen in Entscheidungspositionen sitzen. Sozusagen an den Schalthebeln der Macht: Nämlich gar nichts. Eiskalt, risikoreich, machtbewusst und mit dem Kopf durch die Wand, koste es, was es wolle. So hat sich Frau von der Leyen in der Frauenquoten-Frage durchgesetzt. Damit erfüllt sie so ziemlich jedes Klischee, das einem männlichen Kollegen den Stempel typisch aggressives männliches Potenzgebaren aufgedrückt hätte.

Führungsetagen sind kein Ponyhof, sondern Haifischbecken

Darf Sie das, so als Frau? Ja sicher, immer raus mit dem eigenen Ego. Zeigen Sie uns, was Sie drauf haben. Warum auch nicht? Das machen die Männer doch auch so, nicht wahr? Aber bitte, bitte verschonen Sie und Ihre Genossinnen uns in Zukunft mit diesem Mantra von den angeblich typisch weiblichen Eigenschaften, von Softskills über Empathie und Teamfähigkeiten. Die werden immer dann gerne aufgezählt, wenn begründet werden soll, warum Frauen jetzt dringend die Vorstandsetagen bereichern müssen. Dieses Plus an Weiblichkeit, das die Welt schöner, runder, weicher, sympathischer und erfolgreicher machen soll. Weil nur wir Frauen dies angeblich bewerkstelligen können, oder allerhöchstens sonst noch Barack Obama. Lassen wir außen vor, dass es Sexismus in Reinkultur ist, dass man im Umkehrschluss diese Eigenschaften einem Mann im gleichen Atemzug abspricht. Außer natürlich Barack Obama. Es ist einfach falsch. Denn Führungskompetenz ist keine Frage von Geschlecht, sondern von Zielstrebigkeit, eisernem Willen, Charakter und auch Stärke. Unzählige Frauen haben bereits bewiesen, dass sie es können. Man kommt nicht nach oben, weil man gut Tee kochen und zuhören kann. Führungsetagen sind kein Ponyhof, sondern Haifischbecken. Dort schwimmt nur der mit, der sich über Wasser halten kann.

Oder glauben Sie, Angela Merkel ist immer noch Kanzlerin und Parteichefin, wegen ihrer Softskills? Sie ist es, weil sie die Regeln der Macht beherrscht, strategisch oft genial denkt und keine Angst hat, alle Männer gnadenlos über die Klinge springen zu lassen, die ihr gefährlich werden könnten. Mein Gott, diese Frau steht echt ihren Mann!

Und dazu diese besondere Ironie, die man vermutlich nur nach mehreren Semestern Gender Studies in Logik umwandeln kann. Dass die Armada der Berufs-Feministinnen ausgerechnet mit den weiblichen Eigenschaften argumentiert, die man uns gerade flächendeckend abzutrainieren bemüht ist. Man will uns doch dieses Weibchen-Schema endlich austreiben. Weil doch Geschlecht nur ein Konstrukt sei, und nur anerzogen, um den Männern die Macht zu sichern, wie uns schon die gute Simone de Beauvoir erklärte, die damit aber völlig auf dem Holzweg war. Denn wenn wir doch alle gleich sind und die Unterschiede gerade gendersensibel ausgemerzt werden sollen – bis hin in die letzte sprachliche kleinkarierte Formulierung – wozu brauchen wir dann noch explizit weibliche Eigenschaften, dieses Produkt falscher Erziehung?

Respekt durch Leistung

Mit dem neuen urbanen Erfolgsmodell CDU läuft es in absehbarer Zeit auf eine sympathisch klingende „Flexi-Quote“ hinaus. Gewinnt im Herbst die rot-grüne Opposition, wird die gesetzliche Quote noch viel früher kommen als der erpresste Deal von der Leyens für das Jahr 2020. Wie auch immer, es wird eine Zeit vor der Quote und eine nach der Quote für alle Frauen in Führungspositionen geben. Glücklich sind die Frauen, die es jetzt schon zu einer guten Karriere gebracht haben. Der Rest muss sich beeilen. Sie können heute zumindest darauf verweisen, dass sie auch vor der Quote ganz ohne Hilfe schon etwas geleistet haben. Sie haben sich Respekt durch Leistung verdient. Alle anderen werden ab sofort doppelt kämpfen müssen gegen das Stigma, eine Quotenfrau zu sein. Genau wird nämlich dann niemand mehr wissen, wer es wie auf welchen Stuhl geschafft hat. Hätte sie das auch alleine hinbekommen? Ist ja nur wegen der Quote hier. Die hatte es einfach.

Und man nimmt uns den Spaß am Wettbewerb. Ja, auch Frauen haben Freude daran. Man nimmt uns das Erfolgserlebnis aber vor allem auch den Respekt, den man sich hart erarbeiten muss, dessen man sich dann aber auch sicher sein kann.

Bonbons für einen kleinen Girls-Club

Ich will kein Mitleid und auch keine Frauenparkplätze in den Vorstandsetagen, ich will diesen Respekt. Ich will nicht, dass das Gruppenbild im Vorstand bunter wird, sondern dass man die Frau dort achtet. Dass die Herren wissen, die Frauen in ihrer Runde sind genauso gut. Vielleicht sogar besser. Das wäre Gleichberechtigung, dass man(n) sie als ernsthaften Mitkonkurrenten betrachtet. Und ich bin mit dieser Position ja auch offensichtlich nicht alleine. Laut ARD-Deutschlandtrend befürworten selbst unter den Frauen nicht einmal ein Drittel eine gesetzliche Quote für unser Geschlecht. Zwang durch Quote ist Minderheitenpolitik. Was insofern konsequent ist, weil es ja auch nur einer Minderheit nutzen wird. Sie ist das Bonbon für eine kleine Frauen-Elite in Wirtschaft und Politik. Ein kleiner Girls-Club wird davon profitieren. Frauen, die sich nach oben gekämpft haben ganz ohne Quote und bewiesen haben, dass man auch so sehr weit kommen kann, wenn man sich anstrengt. Gerade diese Frauen brauchen überhaupt keine Hilfe von uns und nein, sie werden auch nicht automatisch mehr Frauen nachziehen. Niemand konnte dies bislang nachweisen. Die 200 oder 300 Plätze, die in den Aufsichtsräten zu vergeben sind, bringen Millionen Frauen in Deutschland nichts. Die Politik kann sich selbst auf die Schulter klopfen: Mein Gott, haben wir gerade viel für die Frau getan. Wir haben sogar eine Quote eingeführt. Und jetzt ist aber mal gut, jetzt gehen wir über zum Tagesgeschäft.

Soll ich mich jetzt auch noch bedanken? Ich nehme an, das wird jetzt von mir erwartet. So als Frau. Wir sind doch Schwestern, nicht wahr? Hat man ja gesehen. Wie Schwester von der Leyen ihre Mitschwester Schröder in diesem Machtkampf abserviert hat. Frauen-Soli! Ja, wir halten zusammen, wir ziehen an einem Strang. Da passt kein Blatt dazwischen. Ein echtes Frauenkollektiv.

Wir sollen also dankbar sein, dass uns die alte Riege, sozusagen die Golden Girls des deutschen Feminismus, ihre eigene Vorstellung von Frauenleben aufzwingen will. Sie meinen es ja gut mit uns. Sie haben doch für uns gekämpft. Du sollst es doch mal besser haben, Mädchen! Ich kann’s nicht mehr hören, diese Fräulein Rottenmeier-Attitüde. Die besser wissen, was für die jungen Frauen gut ist. Weil wir das ja selbst nicht wissen. Warum könnt ihr uns nicht einfach machen lassen? Ihr habt uns doch den Weg bereitet und ja, ihr hattet es schwer. Ihr habt die Töchtergeneration ja gerade deswegen selbstbewusst großgezogen. Und nun traut ihr uns weniger zu als euch selbst? Wie anmaßend. Dürfen wir unseren Weg nicht allein finden? Was soll ich jetzt unseren beiden Töchtern sagen: Ihr seid zwar klug und schön, werdet es aber ohne Quote nicht schaffen? Ist es ernsthaft das, was die junge Generation an Mädchen und Frauen lernen soll? Opfer-Abo bis zum Lebensende?

Unheilige Allianz

Zumal hier auch kein Platz mehr für Frauen ist, die das alles sowieso nicht wollen. Die gar nicht die große Karriere anstreben. Die zufrieden sind, dass sie eine gute Balance zwischen Familie und Beruf gefunden haben. Die, wie alle Umfragen beweisen, gerne Teilzeit arbeiten, wenn sie Kinder haben. Sie sind jetzt die Karriere-Verweigerer. Da bereitet man ihnen den Weg, und sie nutzen ihn nicht. Verräterinnen, Abtrünnige, die ihr Potenzial sträflich unausgeschöpft lassen. Unnütz in einer Gesellschaft, in der nur noch jemand zählt, der an der Produktionskette teilnimmt. Wozu haben wir denn die teure Uni bezahlt, wenn du jetzt am Herd stehen willst?

Männer! Wo seid ihr? War das bisschen offene Rebellion neulich bei Daimler in Stuttgart schon alles, oder nehmt ihr nur Anlauf? Was bereitet ihr euren Söhnen für eine Zukunft, in der nicht mehr Leistung, sondern nur Geschlecht zählt? Und nein, Frau Schwarzer, um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin keine Männerbeauftragte, und ich werde auch nicht vom Patriarchat dafür bezahlt, dass ich Männerbedürfnisse berücksichtige. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, gerade für das Geschlecht, das sich gerne mit der besonders ausgeprägten Empathie schmückt. Weil wir alle nicht nur Frauen sind, sondern auch Ehefrauen, Töchter, Schwestern, Freundinnen, Gefährtinnen und die meisten sogar noch Mütter. Mein Ehemann ist nicht der Feind in meinem Bett, mein Bruder ist kein Sexist, und mein Vater ist kein Patriarch. Und vor allem bin ich nicht nur Mutter von zwei Töchtern, die ich mit einem Übermaß an Selbstbewusstsein ins Leben schicken will, ich bin auch Mutter zweier Söhne. Sie haben das gleiche Engagement ihrer Eltern für eine gute Zukunft verdient, in der sie gerechte Chancen haben, wie unsere Töchter. Oder wollen Sie das meinen Jungs erklären, warum die männliche Sippenhaft für ihre Generation wieder eingeführt wurde? Ich bin sicher, selbst unser Siebenjähriger hätte darauf schon eine deutliche Antwort.

Vielleicht ist die Quote aber sogar der perfideste Plan des Patriarchats, um uns Frauen für immer eine Stufe tiefer zu zementieren. Man gibt sich gönnerhaft, schmeißt ein paar Brocken in Form von Prozenten hin und kann uns im Umkehrschluss nun tagtäglich vor Augen führen: Ihr könnt es doch nicht alleine, ihr braucht die Quote für das, was wir alleine schaffen. Aber kein Problem Schätzchen, da helfen wir dir doch gerne. Und in unheiliger Allianz spielen Frauen bei diesem Plan auch noch den Steigbügelhalter.

Beitrag erschien zuerst auf: TheEuropean.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Marlies

Sehr geehrter Herr (Frau?) Klimax,
ich habe bewusst nur den Feminismus in Anführungszeichen gesetzt, da mir durchaus bewusst ist, dass die Verbindung von menschenwürdig und einem Feminismus à la Simone de Beauvoir oder Alice Schwarzer et al. ein oxymoron wäre. Ich persönlich verstehe unter dem "Feminismus" eine wirkliche Gleichberechtigung der Frau, die auch impliziert, dass Frau als Hausfrau und Mutter ihren Weg in Absprache mit dem Partner selbstbestimmt wählen kann und dafür nicht öffentlich als Heimchen am Herd disqualifiziert wird, weil dieses eine sehr anspruchsvolle Lebens- und Arbeitsleistung darstellt. Andererseits kann frau natürlich auch auf Vorstandsebene Karriere machen, wenn sie die qualitativen Voraussetzungen dafür erfüllt, aber bitte im freien und fairen Wettbewerb und nicht mit einem Frauenbonus.

Gravatar: FocusTurnier

Hut ab, Frau Kelle. Ich bin zwar ein Mann (und stehe somit eh im "Verdacht", nur Schlechtes für alle Frauen zu wollen), aber jeder Satz des Artikels ist ein Volltreffer.Danke.

MfG
FT

Gravatar: Klimax

"Mmenschenwürdiger Feminismus" ist ein Oxymoron.

Gravatar: Marlies

Liebe Frau Kelle,
Ihre erfrischenden Kolumnen lese ich immer wieder gern. Mit viel Humor und Eloquenz sowie einer scharfsinnig-intelligenten Analyse verstehen Sie es, die Unsinnigkeit und Ungerechtigkeit einer gesetzlich verordneten Quote aufzuzeigen. Als Frau fühle ich mich von einer Quotenregelung entwürdigt und gleichzeitig sehe ich diese als diskriminierend für die Männer an. So darf ein menschenwürdiger "Feminismus" nicht aussehen. Ihrem Kommentar kann ich als Frau nur mit voller Zustimmung beipflichten.

Gravatar: FDominicus

Ich erwarte keinen Frauen- oder Männerbonus, und ich gewähre keinen.

Ist eine ziemlich einfache Einstellung...

Gravatar: Klimax

Herr Oberdörffer, Rechtsbruch ist bei uns doch inzwischen Staatsraison. Freilich bleibt er einer bestimmten Klientel vorbehalten. Feministen, die Lobbyisten der Frauenprivilegierung, gehören stets dazu. Männer hingegen nur, wenn sie gerade den Euro "retten".

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Das ist alles richtig, Frau Kelle. Aber außerdem wäre eine Frauenquote, ganz gleich, wann und von welcher Regierung sie beschlossen wird, ganz klar ein Verstoß gegen unser Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Nicht nur die Benachteiligung, auch die Bevorzugung wegen eines der genannten Merkmale ist verboten. Die Frauenquote ist eindeutig eine Bevorzugung wegen des Geschlechts. Es scheint mir unmöglich, daß die Abgeordneten und Minister dies nicht sehen. Aber offenbar reißt es ein, gültige Gesetze und Verträge einfach zu ignorieren, wenn sie stören. Mit den Europäischen Verträgen hat es angefangen, jetzt ist unser Grundgesetz dran. Weg damit, es stört nur bei der Verwirklichung der Ideologie!

Gravatar: Klaus

Mir geht das Dauergedöns einer FrauenQuote respektive der Feminismus sowieso, gehörig auf die Nerven. Mittlerweile freunde ich mich auch damit an, eben in einer Kakistrokratie leben zu müssen. Wenn Frau Kelle schreibt, dass die Männer sich wehren müssen, dann muss ich sagen, dass mich der Kampf im Familienrecht nach Jahren müde gemacht hat. Es ist sinnlos, sich gegen eine ignorante Politik, vor der man sich auf Grund gelternder Gesetz und im Falle kritischer Äußerungen ja massiv schützen muss, zu wehren. Der Staat ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse. Recht hat mit Gerechtigkeit nichts mehr zu tun. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, trotz meiner guten beruflichen Qualifikation vom Leistungsträger zum Leistungsempfänger zu werden. Wer dem Staat auf der Tasche liegt, erreicht mehr als jeden Montag zur Demo zu gehen. Auf Dauer kann das ein Staat nicht aushalten. Bis dahin beschäftige ich mit jedwedem Mist und in höchstmöglicher Dichte Behörden, Ämter und Politik. Jedes Schreiben, jede Beschwerde, jede Anzeige und jeder Widerspruch beschäftigen diesen Staat und kosten richtig Geld. Geld, was nicht mehr da ist. Bei mir ist nix mehr zu holen und ich werde mich erst wieder bewegen, wenn Leistung sich wieder lohnt. Sollen doch Frauen von mir aus in Führungsetagen die Sessel übernehmen, wenn aber keiner mehr da ist, der die „niederen Arbeiten“ verrichtet, dann ist eine Vorstandsvorsitzende überflüssig.

Gravatar: Ulrike

Mit der Frauenquote können uns die Männer immer als Quotenfrauen abqualifizieren.

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