Und siehe da, die Lektüre des Schreibens des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Hartmut Koschyk, enthält einige Aussagen, die weder Herr Schäuble noch die Opposition erwähnenswert schienen. Daher sei dies nun nachgeholt.
So heißt es zunächst auf Seite 2 des Schreibens: „Erst wenn die Kommission (die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regierungskommission für die Umsetzung der Reform des Gesundheitssystems, KF) ihre Ergebnisse vorgelegt hat, können konkrete Aussagen zur Ausgestaltung der Finanzierungsreform gemacht werden. Für den Sozialausgleich entstehen gesamtwirtschaftlich keine Mehrkosten (sic!). Die Umverteilung wird lediglich vom System der Gesetzlichen Krankenversicherung in das Steuersystem verlagert.“ Bereits vor Einsetzung der Regierungskommission weiß das Bundesministerium also, das keine Mehrkosten für den Sozialausgleich entstehen. Warum verkündet dann der Bundesminister der Finanzen in der Öffentlichkeit andere Ergebnisse? Wider besseren Wissens? Oder hat er vielleicht die Antwort seines eigenen Hauses nicht gründlich genug gelesen?
Doch damit noch nicht genug. Denn bereits im nächsten Absatz auf der zweiten Seite des Schreibens wird darauf verwiesen, dass ein Übergang zu einem Ausgleichssystem nur langfristig erfolgen könne, die von den Bündnisgrünen zitierten Studien – und damit auch die prognostizierten Kosten – aber von anderen Grundvoraussetzungen, nämlich einer unmittelbaren Umsetzung der Reform, ausgingen. Sie sind damit für die Pläne der Bundesregierung nicht maßgeblich. Konsequent und fair wäre es, nun auf eine weitere Beantwortung der Kleinen Anfrage zu verzichten, und zwar genau deshalb, weil die in der Kleinen Anfrage verwendeten Zahlen von falschen Voraussetzungen ausgehen. Leider geschieht dies nicht. Die Gründe hierfür liegen wohl auf der Hand…
Aber wenn das nun einmal so ist, so lohnt sich auch die weitere Lektüre der Antworten. Die Antwort auf die Frage nach der Intensität der Umverteilungen in der Einkommensteuer endet mit einer erstaunlichen Erkenntnis: „Damit trägt die progressive Einkommensbesteuerung maßgeblich zu einem sozialen Ausgleich zwischen den Einkommensbeziehern bei.“ Denn die oberen fünf Prozent der Steuerpflichtigen tragen zu rund 42 Prozent zum Einkommensteueraufkommen bei. Genau hier liegt aber auch „der Hase im Pfeffer“. Denn heute, im System des Gesundheitsfonds, tragen diese oberen fünf Prozent der Steuerpflichtigen nicht zum sozialen Ausgleich im Gesundheitssystem bei. Sie sind nämlich in der Regel privat versichert. Und ein sozialer Ausgleich findet lediglich in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) statt – also zwischen denen, die weniger als 45.000 Euro brutto im Jahr verdienen und gezwungen sind, sich gesetzlich zu versichern. Wenn also die progressive Einkommensbesteuerung maßgeblich zum Ausgleich zwischen den Einkommensbeziehern beiträgt, dann liegt es doch auf der Hand, dass der soziale Ausgleich im Gesundheitssystem dann auch über das Steuersystem erfolgen sollte.
Was bleibt ist die Hoffnung, dass das Kalkül des Bundesministers der Finanzen eben nicht aufgeht. Und dass er den Mut finden wird, auch die Teile seines Schreibens zu veröffentlichen, die zeigen, wie es gehen kann.
Interessierten, mündigen Bürger sei jedenfalls Mut gemacht, ihr Recht auf Informationsfreiheit wahrzunehmen und die entsprechenden Akteure auf ihre Pflichten gegenüber dem Souverän aufmerksam zu machen….
Erstveröffentlichung auf Denken für die Freiheit
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