"Die Vernunft der Regierenden"

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Bis zum Jahreswechsel sind es noch  sechs Wochen; Zeit genug für viele schlechte neue Nachrichten. Dass unsere Erwartungen derzeit nicht von Optimismus geprägt sind, liegt freilich nicht an der deutschen  Neigung zum Pessimismus, sondern an der Wirklichkeit, vor allem an der wirtschaftlichen. Seit die Börse im Sommer vorigen  Jahres in einen beispiellosen Abwärtssog geriet, stehen alle Zeichen auf Baisse. Erst an den Börsen, inzwischen auch in der Wirtschaft. Autoritäten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bankenwelt sind sich einig: Wir  stehen vor einer Rezession, wenn sie nicht gar schon begonnen hat. Das Statistische Bundesamt konnte das, was andere voraussagen, inzwischen als Tatsache bestätigen. Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres  geschrumpft und im vierten  wird sich die Abwärtsentwicklung fortsetzen.

Inzwischen können auch die Politiker, denen es immer schwer fällt, die Dinge dann beim Namen  zu nennen, wenn sie unerfreulich sind, den Abschwung nicht mehr leugnen. Finanzminister Steinbrück, dessen Haus noch immer steigende Steuereinnahmen registrieren kann, weis, dass dies nicht mehr lange anhalten wird. Auch deshalb spricht er inzwischen von “harten Zeiten” die auf Deutschland zukommen. Das heißt auch: Die Arbeitslosigkeit wird  wieder ansteigen.

Aber nichts ist so schlecht, dass es nicht auch eine positive Begleiterscheinung hätte. In unserem  Fall ist dies die Auswirkung der Krise auf das Verhalten der beiden Regierungsparteien CDU/CSU und SPD. Die Krise schweißt sie zusammen – nicht in allen Bereichen, wohl aber dort, wo es um Geld und Beschäftigung geht. CDU und SPD, Merkel und Finanzminister Steinbrück, reichte ein Wochenende, um sich auf ein Rettungsprogramm über 500 Milliarden Euro zur Sicherung der deutschen Banken zu verständigen. Und in dieser Woche beschloss das Bundeskabinett,  Industrie und Mittelstand 15 Milliarden Euro an günstigen Krediten zur Verfügung zu stellen, um dort zu helfen, wo es für den Erhalt von Arbeitsplätzen am wirksamsten erscheint; in der Autoindustrie, bei der Gebäudesanierung und durch die Förderung der Infrastruktur. Sollte das nicht reichen,  wird die Große Koalition nachbessern.

Daraus zu schließen, in beiden Regierungsparteien sei plötzlich der Wille ausgebrochen, dem Wohl der Bürger Vorrang vor den Interessen der eigenen Parteien und ihrem  Selbstprofilierungsbedürfnis einzuräumen, wäre sicher voreilig. Auch jetzt gelten die selben Prioritäten, die immer gelten. Was sich geändert hat, ist die Lage: In zehn Monaten wird der Bundestag neu gewählt. Da können sich Union wie SPD keine  wirtschaftliche Depression leisten, denn die käme nicht ihnen, sondern anderen zugute. Und sollte es am Tag nach der Wahl für beide Seiten nicht zur jeweiligen Wunsch-Koalition reichen, dann bleibt man eben zusammen. Da weiß man wenigstens, was man am jeweils anderen hat

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