Bis der Tod euch scheidet

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„Bis der Tod euch scheidet.“, ist die gängige Formel bei einer kirchlich-christlichen Trauung, nicht nur im katholischen Ritual. Solange man unter Tod den leiblichen Tod versteht, ist die Formel ganz einfach zu verstehen. Doch es gibt auf dieser Welt auch einen geistigen Tod, wenn nichts mehr weiter geht, krank macht, die eigene Selbstauflösung beginnt, bis sich der Selbsterhaltungstrieb wehrt, altes Abgestorbenes loslässt und sich oft auch durchsetzt. Das trifft auf viele Lebensbereiche zu und manchmal eben auch auf eine intime partnerschaftliche Beziehung. Da Menschen heute wesentlich länger leben als früher, häufen sich naturgemäß auch derartige Situationen. „Bis der Tod euch scheidet.“ ist heutzutage ein viel höherer moralischer Anspruch und eine größere Anforderung geworden, die manchmal eben auch überfordert. Manche Menschen arrangieren sich mit wechselnden Lebensabschnittspartnern und regeln ihre Konflikte auf diese Weise und haben, zumindest nach außen, keine Probleme damit.

Nun gibt es aber eine kleine Gruppe religiös und christlich orientierter Menschen, die sehr wohl bei ihrer kirchlichen Trauung die lebenslange Ehe im Blick hatten und dabei kläglich gescheitert sind. Neben ihrem seelischen Scherbenhaufen sehen sich diese Menschen vor allem in katholischen und orthodoxen Systemen mit ihrer in der Regel unauflöslichen Ehe zusätzlich aus ihrer bisherigen Glaubensgemeinschaft ausgegrenzt, was ihre innere Wurzellosigkeit noch verstärkt. Sie sehnen sich nach einer religiösen Gemeinschaft, die sie weiterhin hält, aus der sie Trost und Kraft für ihre weitere Existenz schöpfen können. Sie wollen weiterhin ganz dabei sein, nehmen oft an deren Gemeindeleben aktiv teil. Dazu gehört für sie z.B. auch die Teilnahme an der Kommunion während der Eucharistiefeier. Solange sie als Geschiedene partnerlos weiterleben, geraten sie damit auch nicht in Konflikt mit den Werten ihrer Religionsgemeinschaft.

Das ändert sich schlagartig, wenn sie jemanden kennenlernen, mit dem der alte Traum von der lebenslangen Partnerschaft erneut erwacht und sie staatlich heiraten. Nun stehen sie vor der Wahl, dass sie ihre alte Glaubensgemeinschaft verlassen und in eine weniger strenge Konfession überwechseln oder ihre Teilnahme in der bisherigen Glaubensgemeinschaft einschränken, also nicht mehr zur Kommunion gehen. Wenn sie bleiben, leben sie mit der seelischen Wunde als Mitglieder zweiter Klasse, was ihre früheren Wunden nicht gerade besser ausheilen lässt, falls überhaupt.

Das ist aus der Sicht der christlichen Nächstenliebe nicht nur für sie persönlich ein Problem, sondern auch das der Priester und Seelsorger, die sehr wohl die damit verbundene Unbarmherzigkeit spüren und darunter mitleiden. Seelsorgern begegnet z.B. die Situation, dass ein Mörder, der aufrichtig seine Tat bereut, sie beichtet, die Lossprechung erfährt und danach ein rechtschaffenes Leben führt, ein vollwertiges Gemeindemitglied ist, während die geschiedenen Wiederverheirateten eine Stufe darunter stehen, obwohl sie außer dem Zerbrechen ihrer alten Ehe immer ein rechtschaffenes Leben geführt haben und ihre neue Verbindung durchaus den Charakter einer dauerhaften Ehe zu haben scheint und diese damit dem Abbild der unverbrüchlichen Treue Gottes doch recht nahe kommt, also in die Nähe dessen rückt, was das Sakrament der Ehe ausmacht.

Für eine Institution, wie z.B. die Katholische Kirche, besteht die theologische und kirchenrechtliche Herausforderung darin, ob das Sakramentale ihres Eheverständnisses auch dann gewahrt bleibt, wenn man den geistigen Tod in einer zerbrochenen Ehe als solchen anerkennt und wie man ihn für die Außenstehenden kirchenrechtlich festzurrt, ohne die vom Grundsatz her unauflösliche Ehe der Beliebigkeit des Partnerwechsels preiszugeben.

Dazu braucht man einigermaßen objektive Kriterien:

Wie wäre es mit einer Art Trauerperiode von sagen wir - symbolisch angelehnt an die Dreifaltigkeit - drei Jahren nach der Ehescheidung, in der das neu zu vermählende Paar sich aktiv am kirchlichen Gemeindeleben beteiligt, dabei regelmäßig den Sonntagsgottesdienst besucht und damit seinen ernsten Willen zu einem christlichen Leben unter den kirchlichen Sakramenten dokumentiert? Mit bischöflicher Erlaubnis könnte dann ein „Fest der Neukommunion“  ähnlich der Erstkommunion für die vollwertige Teilnahme zur Eucharistiefeier eingeführt werden. Eine erneute kirchliche Trauung könnte allerdings erst nach dem leiblichen Tod des früheren Partners stattfinden, um den Eindruck einer kirchlich abgesegneten Polygamie zu vermeiden.

Zuerst erschienen auf winfried.schley.over-blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: T. de Ahumada

Nachtrag:

Die Inflation von Ehedispensen für suspendierte Priester in den letzten Jahrzehnten ist ein Glaubwürdigkeitsproblem, das gebe ich zu. Aber man kann nicht den einen Missbrauch mit einem anderen rechtfertigen.

Gravatar: T. de Ahumada

Sehr geehrter Herr Schley,

Der Zölibat ist kein Sakrament, lediglich die Priesterweihe. Der Zölibat ist eine ehrwürdige Disziplin, die sich in der Westkirche kaum einer vom Priestertum wegdenken kann, die aber theoretisch aus seelsorgerlichen Gründen gelockert werden könnte. Im lateinischen Ritus ist er seit sehr langer Zeit ab den "höheren" Weihen zwingend vorgeschrieben. Bei den mit Rom unierten Priestern des griechisch-katholischen Ritus ist eine Ehe aber durchaus möglich, und die bekommen auch Kinder. Daraus ergibt sich m.E. das, was Sie als "Widersprüchlichkeit" empfinden.

Ein Priester, der unerlaubt heiratet, wird aus disziplinarischen Gründen im römischen Ritus "suspendiert". Wenn es mit Erlaubnis der kirchlichen Behörden geschieht, darf er auch heiraten. Er darf sein Priestertum nicht ausüben und doch bleibt seine Priesterweihe bestehen, denn er wird ja nicht erneut zum Priester geweiht, wenn er es wieder aufnimmt. Die Kirche kann auch ausnahmsweise vom Zölibat dispensieren, was sie manchmal bei der Konversion von Geistlichen tut, die sie dann zu katholischen Priestern des lateinischen Ritus weiht, weil der Zölibat nicht zum "Wesen" der Priesterweihe beiträgt, sondern ihr lediglich "angemessen" ist, weil der Priester täglich Umgang mit dem Heiligen des Heiligsten zu tun hat. Wie gesagt, im griechisch-katholischen Ritus, der dem der Orthodoxie entspricht, sind die einfachen Priester (nicht die Bischöfe) vom Zölibat generell dispensiert.
Also überlagert die Ehe nicht die Priesterweihe, sondern die Priesterweihe wird unter bestimmten Gründen aus disziplinarischen Gründen ausgesetzt.

Die Priesterweihe ist wie die Taufe und Firmung dem Individuum zueigen, dem sie gespendet wurde. Diese drei Sakramente bleiben über den Tod hinaus als Siegel auf der Seele bestehen. Sie werden auch im Himmel noch ihren Sinn haben.

Die Ehe ist dem Ehepaar zueigen, nicht dem Einzelnen. Und sie endet mit dem Tod eines der beiden, weil es im Himmel keine Fortpflanzung mehr braucht, und das ihr primärer Zweck war. Da das Sakrament aber der Verbindung zukommt und nicht dem Einzelnen, kann nicht die gleiche Ehe mit einem anderen Partner aufnehmen. Das Paar bleibt durch die Ehe solange "ein Fleisch" bis einer stirbt.

Ist das jetzt verständlich gewesen?

Mit freundlichen Grüßen,

T. de Ahumada

Gravatar: Thomas Rießler

Die Diskussion über die Zulassung „wiederverheiratet Geschiedener“ zu den Sakramenten der römisch-katholischen Kirche geht vermutlich auf den Artikel „Warum dürfen wiederverheiratete Geschiedene (nicht) zu den Sakramenten zugelassen werden?“ des Kirchenrechtlers Matthäus Kaiser zurück, den er bereits im Jahr 1993 in der Zeitschrift Stimmen der Zeit veröffentlicht hat. Laut Kaiser ist ein Leben im Ehebruch seit dem 2. Vatikanischen Konzil nicht mehr automatisch ein Leben in schwerer Sünde. Es scheint mir zukünftig noch einiges an Zumutungen auf die Christen innerhalb der römisch-katholischen Kirche zuzukommen: „Nach der herkömmlichen kirchlichen Lehre gilt die Ehe als vertragliches Rechtsverhältnis; daher dürfen wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie zuge­lassen werden, solange sie Geschlechtsgemeinschaft miteinander pflegen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat demgegenüber das biblische Verständnis der Ehe als Lebens- und Liebesgemeinschaft erneuert. Matthäus Kaiser, Professor für Kirchenrecht an der Universität Regensburg, macht deutlich, daß sich daraus auch für den Sakramentenempfang zwangsläufig andere Konsequenzen ergeben.“ (http://www.stimmen-der-zeit.de/zeitschrift/archiv/details_html?k_beitrag=2432046#2435012)

Gravatar: Winfried Schley

Wohl wahr, das ist ein gewichtiger Gedanke: „Ein geschiedener und wiederverheirateter Katholik glaubt durch seine Tat nicht an Gottes Fähigkeit oder Willen, ihm genug Gnade zu schenken, dass er nach Gottes Willen treu zu bleiben vermag. Darin liegt – aus kirchenrechtlicher Sicht - das Hindernis zur Kommunion: An diesem Unglauben, dass Gott durch die Sakramente immer die Gnade schenken kann, Sein Gebot untadelig zu erfüllen.“

Nur danach ist die Katholische Kirche selbst nicht in sich schlüssig. Getauft bleibt getauft, gefirmt bleibt gefirmt. getraut bleibt getraut, Priesterweihe bleibt Priesterweihe. Diese Sakramente können im Einzelfall ruhen, wieder aufleben, aber nie erlöschen. Dennoch erlaubt die Katholische Kirche, dass Priester sich freiwillig in den Laienstand zurückversetzen lassen und weiterhin Bußsakrament und Kommunion empfangen können, ja sich sogar danach kirchlich trauen lassen und als Witwer durchaus wieder in den Priesterstand zurückkehren dürfen.

Glaubt ein solcher Priester durch seine Tat - gemäß diesem Denkmuster - dann nicht an Gottes Fähigkeit oder Willen, ihm genug Gnade zu schenken, dass er nach Gottes Willen dem Priesteramt treu zu bleiben vermag? Schließlich ist er durch die Priesterweihe gleichsam mit der Braut Christi, der Kirche, verheiratet, begeht also einen geistigen Ehebruch, wenn er sich daraus verabschiedet und auf eine weltliche Ehe einlässt.

Ist die Priesterweihe etwa ein Sakrament zweiter Klasse, das man mit dem Sakrament der Ehe zeitweilig überdecken kann? Oder wird umgekehrt dem Laien seitens der Katholischen Kirche hier nicht ein größerer Mangel an Trost als dem entlassenen Priester auferlegt? Ist der Laie aus dieser Sicht also ein größerer Sünder als der Priester und den man deshalb strenger behandeln muss?

Wenn der umorientierte Priester dem Sakrament der Priesterweihe nicht glaubt, warum will er dann unbedingt zwei andere, nämlich Ehe und Kommunion, empfangen? Christus kann doch nach dieser Logik nicht unterschieden werden in einen ersten Christus, der sich im Priesteramt auf eine unterbrechbare Zeit schenkt, in einen zweiten Christus, der sich im Ehesakrament auf Lebensdauer schenkt und in einen dritten Christus, der sich in jeder Kommunion schenkt.

Dass jemand seine alte Ehe bricht, wenn er sich auf eine neue einlässt, halte ich für unstrittig. Das bedarf sicher der Versöhnung durch das Bußsakrament. Dass es sich trotz Lossprechung aber um einen dauerhaften Ehebruch handelt, der mit jedem Sexualakt erneuert wird, halte ich für theologisch nicht zu Ende gedacht. Nach diesem Denkmuster bricht der ehemalige Priester jedes Mal, wenn er mit seiner Frau schläft, die geistige Ehe seiner Priesterschaft und das im sakramentalem Segen seiner kirchlich getrauten Ehe. Deckt hier das Ehesakrament das Sakrament der Priesterweihe zu?

Nicht ob Gott schizophren ist, stellt sich als Frage, sondern ob ein theologisches und kirchenrechtliches Denken in der Katholischen Sakramentenlehre hier nicht mit zweierlei Maßstäben misst und diese nicht bis zur letzten Konsequenz durchdrungen hat.

Gravatar: Thomas Rießler

Mit der Bibel und dem christlichen Glauben hat das nichts zu tun, was Sie hier schreiben. Sie schlagen Christen einen Lebenswandel im Zustand des Ehebruchs vor:
„Wer seine Frau aus der Ehe entläßt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.“ (Lukas 16,18) und: „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen - wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann -, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen.“ (1. Korinther 7,10-11).
Dann ermuntern sie diese Leute auch noch, in ihrem Zustand am Abendmahl bzw. der Kommunion teilzunehmen und sich damit erst recht selbst zu Schaden: „Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.
Wer also unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon ißt und trinkt, ohne zu bedenken, daß es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er ißt und trinkt. Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen.“ (1. Kor 11, 26-30).

Gravatar: Freigeist

Der freie Wettbewerb gilt auch für Ehen. Wenn man ein besseres Angebot hat, nimmt man dieses. Und man steht selbst im Wettbewerb. Konkurrenz - Wettbewerb - Freiheit. Nur Wettbwerb bringt Erfolg. Die Ehe ist eine frühkommunistische Angelegenheit. Pfui-Teufel Kommunismus. Globalisierung auch für Ehen und schon steigt der Wohlstand.

Gravatar: T. de Ahumada

Herr Schley,

Sie sind nicht katholisch, oder?

Denn Sie haben nicht begriffen, was Nachfolge Christi für Katholken bedeutet.

Das Eheverprechen ist ein Sakrament. Ein Sakrament stattet aber den Empfänger mit bestimmten Gnaden aus, die dem Sakrament entsprechen. Gnaden sind im katholischen Verständnis, reale Fähigkeiten, dem Willen Gottes zu entsprechen und damit Christus ähnlich zu sein.

In diesem Fall ist die Gnade, die geschenkt wird, eine unbedingte Treue zum Ehepartner, analog der Treue Christi zu seiner Kirche. Da nun Christus auch keinen Ihm untreu gewordenen Getauften nach einer Trauerphase "enttaufen" wird, damit er in einem neuen Verhältnis zu (welchem?) Gott erneut getauft werden kann, sondern schlicht auf dessen Umkehr innerhalb der einmaligen, unwiderruflich gespendeten Taufverhältnissses wartet, ist das, was Sie da vorschlagen - verzeihen Sie mir den Ausdruck - schlicht "Quark".

Ein Katholik, der nach der Trennung von seinem gültig angetrauten Ehepartner, vor dessen Tod eine neue Verbindung eingeht, begeht Ehebruch, unabhängig davon, ob er der Schuldige oder der unschuldig Verlassene ist. Er glaubt durch seine Tat nicht an Gottes Fähigkeit oder Willen, ihm genug Gnade zu schenken, dass er nach Gottes Willen treu zu bleiben vermag. Darin liegt das Hindernis zur Kommunion: An diesem Unglauben, dass Gott durch die Sakramente immer die Gnade schenken kann, will und wird, Sein Gebot zu untadelig zu erfüllen.

Wenn ich aber dem einen Sakrament nicht glaube, warum will ich dann unbedingt ein anderes (die Kommunion) empfangen? Christus kann doch nicht "geteilt" werden, in einen Christus, der sich im Ehesakrament schenkt und einen anderen Christus, der sich in der Kommunion schenkt. Oder glauben Sie, dass Gott "schizophren" ist?

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