Billiger Populismus bei SWR-MARKTCHECK

Der SWR macht seinen "Marktcheck" mit dem üblichen Szenario auf: Ein böser Banker wollte an das Geld einer armen alten Frau. Aber warum denken ältere Menschen immer, sie könnten nicht mehr mittel- bis langfristig anlegen? Niemand ist zu alt für Rendite!

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Ein bisschen Betroffenheitsjournalismus, ein paar Tränen, eine böse Bank und ein braver Verbraucherschützer: Fertig ist ein perfektes Thema, um mit teilweise falschen Informationen gegen ein Unternehmen zu hetzen. So geschehen bei SWR-MARKTCHECK. Ein Faktencheck.

Der Titel “Wie eine 89-Jährige ihr Sparbuch verliert” lässt böses erahnen: Ein böser Banker wollte an das Geld einer armen alten Frau. Die Sparerin erzählt, dass ihr Sparbuch von der Sparkasse “eingezogen” wurde und in spekulativen Fonds mit Mindestlaufzeit angelegt worden wäre. Fonds mit Mindestlaufzeit? Spätestens jetzt muss man misstrauisch werden, denn soetwas gibt es im klassischen Retailgeschäft der Banken eigentlich nicht. Die Story rund um den Geschäftsabschluss ist, sofern sie stimmt, eine Schweinerei. Die Geldanlage ist womöglich weder angemessen noch geeignet für die Anlegerin. Aber spekulativ ist sie nicht und eine Mindestlaufzeit hat sie auch nicht.

Einige Informationen werden im Beitrag nicht gesagt, aber sie werden gezeigt. Man sieht, dass es sich um den Fonds “Basisanlage A60” (DE000DK2CFR7) handelt. Dieser gemischte Dachfonds setzt aktuell zu ca. 40% auf deutsche Bundesanleihen und 20% auf Euro-Geldmarkt. Nur zirka 20% legt er derzeit im Aktienmarkt an. Der Fonds darf, je nach Marktlage, zwischen 0% und 60% in Aktien anlegen. Im Falle eines Risikoeintritts strebt der Fonds an, jeden Höchststand in spätestens 8 Jahren wieder zu erreichen. Egal wie lange man sucht, eine Mindestlaufzeit findet man nicht. Die Volatilität liegt knapp über 5% und damit auf dem Niveau einer 10 jährigen Bundesanleihe. Wer hier von einer spekulativen Anlage spricht, betreibt billigen Populismus auf Kosten der Gebührenzahler.

Im Beitrag werden auch die Kosten angesprochen. In der Tat sind diese bei dem genannten Finanzinstrument ziemlich stolz. Nicht alle Informationen im Beitrag sind falsch. Auch muss man sich die Frage stellen, wie es überhaupt zu diesem Geschäft kommen konnte. Im späteren Verlauf wird das Beratungsprotokoll gezeigt. Dort ist eine “generelle Anlagedauer” von “über 5 Jahren” angegeben. Das heißt: Das Geld wird, wenn nichts dazwischen kommt, in 5 Jahren plus X noch da sein. Das hat nichts mit einer Laufzeit zu tun. Auch wird die Aktienquote auf Portfolioebene genannt: 30%. Eine wohlhabende 89 jährige Anlegerin darf meiner Meinung nach gerne 30% Aktien haben – das ist nicht spekulativ, sondern noch immer eine defensive Mischung.

Warum denken ältere Menschen immer, sie könnten nicht mehr mittel- bis langfristig anlegen? Wer hat denn eigentlich diese dämliche Regel erfunden, dass jede Geldanlage am Todestag liquide sein muss? Depots können, wie Immobilien, vererbt werden. Große Vermögen mit allen dazugehörigen Wertpapieren, Immobilien und Beteiligungen werden nach dem Tod einfach auf die nächste Generation übertragen. Niemand ist zu alt für Rendite! Die Sparkasse hätte im vorliegenden Fall vieles besser machen können. Optimal wäre ein Gespräch mit der Kundin sowie ihren Erben gewesen. Es bleibt dabei: Ein defensives Portfolio mit 30%, Kapitalerhalt sowie einer laufenden Höchststandssicherung ist weder spekulativ noch hat es eine Mindestlaufzeit. Auch stelle ich mir die Frage, warum so eine große Transaktion “quick and dirty” auf einer Geschäftstselle und nicht in einem auf Vermögensmanagement spezialisierten Kompetenzcenter stattfindet.

Witz am Rande: SWR-Marktcheck behauptet in einem Beitrag vom April 2015, dass mit ETFs “Aktien auch für Anfänger relativ sicher” sind. Dabei schmieren ETFs auf den z.B. DAX in Korrekturen, wie in diesem Sommer+Herbst, besonders stark ab, während sich defensive Portfeulles aufgrund von Sicherungsmechanismen noch einigermaßen halten konnten.

Lesetipps:

Zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: steinbock

Warum schreiben Sie als intelligente Frau einen solchen Unsinn. Natürlich hat dieser Banker die 89 jährige Dame auf's bösartigste gelinkt. Die Behauptung das Sparbuch wird abgeschafft ,um ihr dafür einen Fond abzudrehen ist kriminell. Was soll eine 89 jährige Frau damit.

Gravatar: Otto Weber

>>Man sieht, dass es sich um den Fonds “Basisanlage A60” (DE000DK2CFR7) handelt. Dieser gemischte Dachfonds setzt aktuell zu ca. 40% auf deutsche Bundesanleihen<<

Gute Frau Jenny Ger vielleicht sollten Sie sich doch besser informieren. Auch Bundesanleihen besitzen ein beträchtliches Kursrisiko. Wie auch Sie, sind die meisten alten Leute damit überfordert.

Für eine 89-Jährige gibt’s nur eins: Werterhalt, Werterhalt, Werterhalt!!

Bei der aufgeführten “Basisanlage A60” (DE000DK2CFR7) ist der Wert innerhalb von ca. 6 Monaten von z. B. : 124.489 € auf mal eben auf 116.810 gesunken.
Und dann noch minus 4% AA. TER=1,49% müssen erst mal erwirtschaftet werden.

Da kommt bei alten Menschen Freude auf. Da war das Sparbuch also doch besser.

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