Bilanz

Im Interview mit Domradio blickt Erzbischof Robert Zollitsch auf sein Wirken zurück. Der scheidende Bischof nennt seine drei größten Fehler: den Skandal um den Kindesmißbrauch, Bischof Williamson und die Vorgänge im Bistum Limburg. Eine Analyse.

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Im Domradio zieht Erzbischof Zollitsch Bilanz seiner Amtszeit als Vorsitzender der DBK.

Nun ist zwar der Vorsitzende der DBK in der öffentlichen Wahrnehmung so etwas wie ein deutscher Oberbischof, in der Realität findet das allerdings keine Entsprechung. Als Moderator der Konferenz und öffentlicher Repräsentant des Episkopat in unserem Land wird die Rolle des Vorsitzenden eben leider doch zu oft übertrieben gezeichnet. So kann ein solches Interview im Grunde nicht viel hergeben. Doch beim genaueren Hinsehen findet sich der eine oder andere Hinweis, wo es denn hakt.

Auf die Frage nach der Einschätzung seiner Fehler nennt Erzbischof Zollitsch drei Punkte:

Den Skandal um den Kindesmißbrauch, Bischof Williamson und die Vorgänge im Bistum Limburg.

Der Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche ist ein Menetekel. Da gibt es nichts zu drehen und zu deuteln. Menschen haben sich schuldig gemacht und Strukturen haben sie gedeckt. Daß die Kirche in der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ihrer jüngeren Geschichte deutlich weiter ist als andere gesellschaftliche Gruppierungen, ist Fakt. Im Gegensatz zu einer im Parlament vertretenen Partei, die solche Verbrechen sogar legalisieren wollte, hat die Kirche hier immer eine klare Position vertreten. Sie nicht konsequent in Handeln umzusetzen war der eigentliche Skandal. Die durch dilettantische Auswahl verhinderte wissenschaftliche Aufarbeitung ist allerdings ein kapitaler Bock, der dem Vorsitzenden der DBK anzulasten ist.

Warum sich Erzbischof Zollitsch den Schuh eines Schismatikers, der den Holocaust leugnet, anzieht, erschließt sich nicht erst auf den zweiten Blick als ein Nachtreten gegen Papst Benedikt XVI. Dieser hatte die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft aufgehoben. Bischof Williamson ist inzwischen nicht mehr in der Piusbruderschaft und dürfte sich längst in der Sphäre der Sedisvakantisten bewegen. Was schert sich ein katholischer Bischof darum?

Limburg in diesem Zusammenhang zu nennen ist natürlich schon krass, wird hier doch deutlich auf einen Mitbruder im Bischofsamt gezielt.

Doch in der Tat liegt hier auch ein großes Versagen nicht nur des Sprechers der DBK vor. Ein Bischof wird von der Presse in einer kampagnenartig anmutenden Berichterstattung systematisch demontiert. In der extrem aufgeheizten und von Priestern und Laien aus dem eigenen Bistum noch befeuerten Stimmung muß ein katholischer Bischof sein Bistum verlassen und kann sein Amt zeitweise nicht mehr ausüben.

Das Versagen des deutschen Episkopats in seiner Gesamtheit liegt in der mangelnden Solidarität. Hier sind dramatische Fehler – vor allem kommunikative – gemacht worden. Welche Fehler der Bischof selber vielleicht gemacht hat, sie dürften sich ebenfalls hauptsächlich im Bereich der Kommunikation bewegen, möglicherweise auch in der Auswahl der Berater und Mitarbeiter, wird sich zeigen. Oder eben nicht. Der Bericht der Prüfungskommission wird in vielen Punkten Klarheit bringen.

Die mangelhafte Solidarität im deutschen Episkopat ist allerdings ein Problem. Bei “gelingen” der Causa Limburg, d.h. der endgültigen Vertreibung eines katholischen Bischofs aus seiner Diözese, klafft wirklich eine offene, schwärende Wunde in der Amtszeit des jetzt scheidenden Vorsitzenden der DBK. Hier nicht im Episkopat für klare und solidarische Sprachregelungen gesorgt zu haben, kann ein nicht wieder gut zu machender Fehler gewesen sein. Eines nämlich ist gewiß: Der nächste Bischof ist schon im Visier. Wer auch immer das sein mag. Die Entsolidarisierung im deutschen Episkopat kann uns noch reichlich Kopfschmerzen bereiten.

Es wird eine der großen Aufgaben des neu zu wählenden Sprechers der DBK sein, hier gegenzusteuern, soll nicht prinzipiell jeder Bischof zum Abschuß durch die Veröffentlichte Meinung freigegeben werden.

Ein Gesamtfazit der Amtszeit des jetzt scheidenden Sprechers mag man in ein paar Jahren ziehen. Der von ihm angestoßene Dialogprozeß, der den Präsidenten des ZdK nach dessen eigenen Aussagen von ein paar Phobien geheilt hat, ist noch im Gange. Ob dieser Prozeß eher Versöhnung oder Spaltung bringt, wird sich zeigen. Es wird dem jetzigen Vorsitzenden zuzurechnen sein. Ein echtes Fazit wird man also erst in ein paar Jahren ziehen können.

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