Beziehungspflege

Jetzt endlich ein kleiner Bericht über meine Exerzitien vom vergangenen Wochenende. Solche Exerzitien mache ich jetzt seit – wenn ich mich recht erinnere – 2008 jedes Jahr.

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So, nach dem kleinen gestrigen Exkurs in die Kirchenpolitik, die sich leider nicht immer deutlich von weltlicher Politik unterscheidet, jetzt endlich ein kleiner Bericht über meine Exerzitien vom vergangenen Wochenende. Solche Exerzitien mache ich jetzt seit – wenn ich mich recht erinnere – 2008 jedes Jahr, in diesem Jahr ausnahmsweise zum zweiten Mal, da im kommenden Frühjahr vom Regnum Christi „nur“ fünftägige Exerzitien angeboten werden, an denen ich familienbedingt nicht werde teilnehmen können.

Also vom vergangenen Freitag Mittag bis Sonntag Mittag Schweigen im Zisterzienserkloster Stiepel, angeleitet durch einen Priester der Legionäre Christi, der – Zufall – erstens auch mein geistlicher Leiter ist und der zweitens auch meine ersten Exerzitien dieser Art gepredigt hat. Interessant sind im Vorfeld dieser „Veranstaltungen“ schon die Rückfragen von Kollegen und Freunden: Zwei Tage schweigen – geht das denn? Und wie funktionier das zwischenmenschlich? Und gibt es ein Rahmenprogramm (ein Kollege meinte – allerdings scherzhaft – man könnte doch abends in Bochum zum Musical Starlightexpress gehen)? Interesse und Staunen, und mir würde es kaum anders gehen, wenn ich nicht schon öfter teilgenommen hätte.

Dabei, und das ist immer wieder überraschend auch für mich: Ich habe nach dem Wochenende gar nicht den Eindruck geschwiegen zu haben – denn letztlich habe ich die ganze Zeit mit Gott gesprochen, und er mit mir! Wir waren im Dialog und ich habe ihn besser kennengelernt, als ich es normalerweise tue (ich würde gerne behaupten, er kenne mich jetzt ebenfalls besser, aber das wäre wohl vermessen). Und so betrachteten wir in immerhin zwölf ignatianischen Meditationen die Schöpfung, den Menschen, Gottes Menschwerdung, Leben, Leiden und Auferstehung, den Heiligen Geist … und das alles mit dem Blick darauf, was es für mich persönlich bedeutet.

Es ist eine Art regelmäßiger Beziehungspflege mit einem guten Freund – auch mit dem spreche ich regelmäßig persönlich oder am Telefon, aber es ist doch noch etwas anderes, als sich ein gemeinsames Wochenende zu gönnen, in dem man nichts anderes tut als sich zu unterhalten. Und je länger ich auf dem Glaubensweg bin – meiner ist im Verhältnis zu meinem Alter ja noch nicht so lang – umso mehr gefällt mir auch dieses Bild der Beziehung. Schließlich ist der christliche Glaube ja keine Ansammlung von Regeln sondern in erster Linie eine Beziehung zu Gott, zu deren Pflege sich die Gebote besonders eignen.

Und in den Exerzitien habe ich einige persönliche Glaubessätze wieder verstärkt oder auch neu erfahren, die ich hier gerne teile und von denen ich hoffe, sie helfen auch anderen: Das geht schon mit der Schöpfung los! Sich bewusst zu sein, dass Gott den Menschen geschaffen hat, und nicht nur als Menschheit sondern jeden einzelnen, dass er ihn also gewollt hat und damit eben auch mich gewollt hat, das ist etwas, dass im Alltag nur allzu leicht in den Hintergrund gerät. Was bedeutet mein Leben denn schon … für Gott jedenfalls eine ganze Menge, darum hat er mich geschaffen.

Gott hat aber auch einen Plan mit mir, eine Berufung, der ich in Freiheit folgen kann oder eben nicht. Und Teil der Beziehungspflege zu Gott ist es, herauszufinden, was er denn für mich wünscht. Möglicherweise ist der eine ein großer Apostel – nehmen wir im Vergleich Petrus oder Paulus – während der andere „nur“ durch die gelebte Nächstenliebe ein Beispiel gibt, zum Beispiel wenn er seinen kranken Ehepartner pflegt. Erstere werden vielleicht bekannt, mancher mag sogar heilig gesprochen werden, aber: Deine und meine Berufung ist für Gott nicht weniger wichtig als die eines Petrus oder einer Mutter Theresa!

Doch in meiner Schwachheit falle ich immer wieder von Gottes Plan ab, meine es besser zu wissen und meinen eigenen Weg gehen zu können. Das geistliche Scheitern ist dabei eigentlich vorprogrammiert … „eigentlich“ weil Gott immer bereit zur Vergebung ist und nicht müde wird, mich wieder auf den Weg zurück zu führen, meiner Berufung doch noch zu folgen. Dazu ist es in unserem Leben nie zu spät!

Und diese Vergebung ist uns schon geschenkt – der Sohn Gottes hat sie uns, und wiederum: mir ganz persönlich geschenkt. Er hat unsere Sünden, unsere Abwendungen von Gott ans Kreuz getragen. Auch hier besteht die Gefahr, sich selbst in der Masse zu vergessen: Jesus ist für die Sünden aller Menschen gestorben, das bedeutet aber auch: Er ist für mich gestorben, aus Liebe zu mir! Das Kreuz zu betrachten und ihn anzubeten, fast alleine in der Klosterkirche in der Nähe der Schmerzhaften Mutter von Stiepel – ich glaube nicht, dass man Christus im Gebet noch viel näher kommen kann (man kann natürlich, es ist nur schwer vorstellbar!).

Gott hat mich geschaffen, er will, dass ich bin, er hat einen Plan mit mir, dem ich mich hoffentlich immer mehr annähere, er ist für mich Mensch geworden, hat gelitten, ist gestorben und auferstanden – für alle Menschen und auch für mich! Ist es da nicht auch gut, die Beziehung mal zu „bewerten“, aufzuschreiben, was ich glaube, was Gott an mir gut findet und was nicht? Zwei solche Listen haben wir in der Meditation – natürlich jeder für sich – erstellt, und das Ergebnis zeigt viel vom eigenen Gottesbild (zum Beispiel wenn einem partout nichts Positives einfallen will, das Gott in einem sehen könnte), führte mich aber auch in eine vertiefte Bewertung meines Lebens.

Die zweite Liste (Was Gott nicht an mir mag) eignet sich dann auch zur Beichtvorbereitung und war für mich – neben dem Effelkt mir bewusst zu machen, was Gott an mir gut findet und für welche „Leistungen“ ich im danken kann – ein Aha-Erlebnis: Ich bin doch ab und zu geneigt, mich in der Beichtvorbereitung auf meine „gängigen“ Sünden zu fokussieren. Aber wenn ich die gemieden habe, bin ich dann schon heilig? Offenbar nicht, es bleibt eine Menge von Dingen, bei denen ich zu Gottes Plan „Nein“ sage. Und zur Beziehungspflege zu Gott gehört eben, auch diese Dinge auf den Tisch zu bringen! Und immer wieder: Es geht nicht darum, in Sack und Asche zu gehen und zu meinen, man sei „nur Sünder“ – Gott hat mich geschaffen, mich gewollt, und nun ist es an mir, meine Talente, die er mir zu meiner Berufung geschenkt hat, zu nutzen!

Das waren jetzt nur ein paar wenige „Impressionen“ aus den Exerzitien – man muss sie selbst gemacht und durchbetet haben, um es zu erleben, und so kann ich jede nur einladen, es auch einmal zu versuchen. Gemeinden und Bistümer wie auch geistliche Gemeinschaften bieten solche Tage an, und die Zeit – meist nur ein Wochenende – ist die beste Investition, die man in seinem geistlichen Leben im Jahr treffen kann. Unser Glaube ist eine Beziehung zu Gott, dazu hat der Papst gerade in einer Predigt etwas gesagt:

Keiner kann den Glauben aus den Büchern haben oder indem er auf Tagungen geht. Der Glaube ist ein Geschenk Gottes, das zu dir kommt, und aus diesem Grund baten die Apostel Jesus: ‚Stärke unseren Glauben!’

Ich selbst bin auch ein Bücherwurm und habe eine Menge meines Glaubenswissens aus Büchern, mit denen und in deren Betrachtung ich meinen Glauben auch vertiefen konnte. Ohne Beziehung zu Christus ist unser christlicher Glaube aber keiner. Ohne Beziehungspflege verkommt mein Glauben zum Regelwerk und geistlichen Konstrukt. In Beziehung mit Christus wird der Glaube zu meinen Lebensinhalt. Und Exerzitien sind dazu eine gute Art der Beziehungspflege, die ich nur zur Nachahmung empfehlen kann!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Den angeblich wundertätigen Wanderprediger hat es nicht gegeben!

Zitat: " Ohne Beziehung zu Christus ist unser christlicher Glaube aber keiner."

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