Betreuungsgeld: Chuzpe trifft auf Gleichgültigkeit

Man habe es ja schon immer gewusst: Das Betreuungsgeld ist schädlich für Kinder, indem es ihnen Bildungsangebote vorenthält, die doch im Rahmen der „frühkindlichen Bildung“ so wichtig wären!

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Man sollte meinen, es wäre in diesem Jahr gar keine Zeit für etwas wie ein mediales Sommerloch: Der Krieg in der Ukraine, insbesondere der Abschuss eines zivilen Passagierflugzeugs, der Konflikt des Staates Israel mit der Terrororganisation Hamas, die antisemitischen Ausfälle linker Politiker und islamistischer Demonstranten, Terror auch im Irak, in Libyen, in Syrien – das Sommerloch fällt eigentlich aus.

Andererseits tut man sich seitens einiger deutscher – insbesondere oppositioneller – Politiker offenbar schwer mit diesen Themen: Man weiß noch nicht so recht, wie man sich in der Ukraine positionieren soll, will man doch nicht als „pro Putin“ gelten, hat aber auch eine Abneigung gegen die Westorientierung der legitimen ukrainischen Regierung. Und bei den Terroraktionen der Hamas und den judenfeindlichen Demonstrationen in einigen deutschen Großstädten sieht man sich unversehens mit einer gescheiterten und selbst zu verantwortenden Integrationspolitik konfrontiert, und müsste diejenigen an die Kandare nehmen, die man bislang zu protegieren dachte.

Also sucht man sich ein anderes Thema, und hier gibt es tatsächlich Schulungsmaterial für Kampagnenpolitik und auch –journalismus zu sehen, der seinesgleichen sucht: Nach dem „Gauchotanz“ mit dem man aber am „Stammtisch“ vorbei argumentiert hat, wendet man sich wieder dem zu, was der eigenen Ideologie am besten entspricht: der Hand an der Wiege, der Lufthoheit über den Kinderbetten – und der Verunglimpfung von Familien, die den Namen noch verdienen. Es geht um das Betreuungsgeld, von grünen und linken Sozialingenieuren gerne als „Herdprämie“ diffamiert.

Dazu behauptet man, eine Studie habe erwiesen, dass vor allem „Migranten- und bildungsferne Familien“ dieses Angebot der Alternative einer familienpolitisch völlig versagenden Kita-Politik annähmen, die damit ihren Kindern (man ist versucht das Wort „bewusst“ mitzulesen oder –hören) Entwicklungschancen vorenthielten. Kurz darauf muss man zwar eingestehen, dass es eine solche Untersuchung gar nicht gibt (die zitierte stammt aus 2013 vor Einführung des Betreuungsgeldes) – aber das Thema ist in die Welt gesetzt und breitet sich metastasenartig durch die voneinander abschreibende Zunft einiger Journalisten aus und wird so lange wiederholt bis der geneigte Leser meint, es sei die Wahrheit.

Man habe es ja schon immer gewusst: Das Betreuungsgeld ist schädlich für Kinder, indem es ihnen Bildungsangebote vorenthält, die doch im Rahmen der „frühkindlichen Bildung“ so wichtig wären!

Und an dieser Stelle wird (man darf ruhig „wissentlich“ dazu lesen) gelogen, dass sich die Balken biegen: Es geht schon damit los, dass frühkindliche Bildung für Kinder unter drei Jahren eine Chimäre darstellt. Kinder in diesem Alter brauchen keine Bildung sondern Liebe und Betreuung. Bildung ist von ihrem Entwicklungsstand her überhaupt nicht notwendig, eine Trennung von der liebenden Hand der Mutter und des Vaters, vor allem bei einer angestrebten Betreuungszeit von bis zu 45 Stunden pro Woche (damit die Mutter auch wieder Vollzeit in die Produktion kann inkl. An- und Abreise) dagegen erwiesener Maßen für die Psyche der Kleinen langfristig schädlich.

Da man sich dieser Schwächen – und der damit einhergehenden eigenen Lügen – offenbar durchaus bewusst ist, legt man bei den Familien nach, bei denen das „allgemeine Volksempfinden“ durchaus der Meinung ist, dass Kinder außerhalb dieses Umfelds besser aufgehoben wären: Migranten und sogenannte bildungsferne Schichten. Man könnte meinen, der Gedanke habe etwas für sich – dahinter steckt aber eine derart menschenverachtende und etatistische Vorstellung, dass es einen nur noch grausen kann: Da tritt eine Oppositionspartei – im Schulterschluss mit dem angeblichen Juniorpartner der großen Koalition – auf und vertritt den Standpunkt zu wissen, welche Eltern ihre Kinder erziehen dürfen und welchen man dieses Recht besser nähme!

Und in ihrem ganzen rechthaberischen Gutmenschengedusel geht ihnen offenbar nicht mal auf, dass man mit den Migrantenfamilien wiederum diejenigen trifft, die man doch bislang politisch zu fördern sich verschrieben hatte. Wenn es denn tatsächlich so wäre, dass vor allem Migrantenfamilien (dahinter steht die Annahme, dass es sich hierbei um Familien in sozial kritischen Situationen und ohne angemessene sprachliche Kompetenzen handelt) die Betreuung ihrer Kinder in der Kita ablehnen und dafür den Gerechtigkeitsausgleich (wenn wir denn bei den bislang 100 €, zukünftig 150 € pro Monat davon sprechen wollen) in Anspruch nehmen, wenn man denn der Meinung wäre, dass dieses Verhalten schädlich für die Integration der Kinder und damit der Migrantenfamilien in die Gesellschaft ist, und das in einer Größenordnung, die eine gesetzliche Maßnahme rechtfertigt, dann sollte man doch so ehrlich sein zuzugeben, dass wir es in Deutschland mit einem Migrationsproblem und nicht mit einem Bildungsproblem zu tun haben. Und um nicht missverstanden zu werden: Auch Kinder von Migrantenfamilien gehören – mindestens bis zum dritten Lebensjahr – nach Hause, in die Obhut der Familie und nicht in eine Kita!

Gleiches gilt nebenbei auch für die als „bildungsfern“ verunglimpften Familien: Ist die Annahme der Grünen tatsächlich, dass diese Familien nicht in der Lage wären, ihre Kinder in den ersten drei Jahren adäquat zu betreuen – und das heißt in diesem Alter Zeit mit ihnen zu verbringen, Nähe und Geborgenheit zu schenken, Liebe zu spenden? Was für ein Menschenbild hat diese fiese Mischpoke!?

Wiederum: Es mag durchaus Konstellationen geben, in denen Kinder vor ihren eigenen Eltern – übrigens unabhängig von der sozialen Schicht – geschützt werden müssen. Das ist dann der Fall wenn ihre physische oder psychische Gesundheit akut gefährdet ist, also im Fall von Misshandlungen oder sexuellem Missbrauch, ab einem gewissen Grad sicher auch bei Drogenabhängigkeit. Aber darum geht es in dieser neuerlichen Initiative gegen die Familien nicht. Das Thema betrifft ganz normale Familien, die möglicherweise (wie gesagt, eine Studie dazu gibt es gar nicht) nicht ganz so helle sind, und denen man das Recht absprechen möchte, ihre eigenen Kinder zu betreuen.

In Wahrheit geht es natürlich aber sowieso um etwas anderes: Wenn die Grünen ihre eigenen Argumente ernst nähmen, müssten sie ja auf den Gedanken kommen, das Betreuungsgeld nur denjenigen zukommen zu lassen, die sie für entsprechend qualifiziert hielten. Tatsächlich misstraut aber der Linke (was auf die meisten Grünen ebenso zutrifft) dem Individuum an sich aus tiefstem Herzen: Kinder, die in der Obhut ihrer Eltern erzogen werden, Werte vermittelt bekommen, womöglich politisch vorgebildet werden – und das ohne Einfluss des Staates? Da sei Marx, Lenin, Stalin und wie die Menschenschlächter alle hießen, die für die Trennung der Kinder von ihren Eltern stehen, davor!

Man sage nicht, es ginge hier doch nur um eine finanzielle Unterstützung, die man nicht gewähren will (aus wirtschaftsliberaler Sicht müsste man eine derartige Subvention – wie die der Kitaplätze – durchaus kritisch betrachten)! Es geht um den Einfluss des Staates auf die Erziehung der Kinder. Es geht darum, dass der Staat sich anmaßen will (oder nach Ansicht einiger sollte), zu entscheiden, wie die Erziehung schon kleinster Kindern zu laufen habe. Und nachdem durch wirtschaftspolitische Maßnahmen und eine Steuerlast jenseits der 50 % dafür gesorgt ist, dass kaum eine Familie mehr mit einem einzelnen Gehalt über die Runden kommt, zwingt man sie nun, ihre Kinder in die Obhut sicher gutmeinender aber mit der Aufgabe überforderte Kita-Betreuerinnen zu geben – angeblich alles besser, als wenn diese Kinder zu Hause blieben.

Ich weiß gar nicht, was mich mehr schockiert: Die Chuzpe, mit der diese Politiker sich in die ureigensten Belange von Familien einmischen, damit die Gesellschaft nach den Maßgaben ihrer Ideale, besser ihrer Ideologie, umbauen wollen, oder die Gleichgültigkeit, mit der die Gesellschaft so eine Unverschämtheit offenbar auch noch zu diskutieren bereit ist!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Julia

Danke, guter Artikel. Und es wird bestätigt das, was ich gesagt habe: Man darf nicht pauschal beurteilen, wo ein bestimmtes Kind hingehört, in einer Krippe oder zuhause. Es gibt zu viele anderen Faktoren. Deswegen die Entscheidung ist von den Eltern alleine zu tragen, und sowohl der Staat als auch die wohlmeinenden Publizisten müssen sie respektieren. Niemand darf den Eltern vorschreiben, wie sie ihr Kind "richtig" erziehen.

Gravatar: Julia

Vielen Dank für Ihre Artikel! Ich bin eine Migrantin und finde es lustig, dass diesselbe Leute, die den Deutschsprachtest für Migranten abschaffen wollen, sich über mangelhafte sprachliche Erziehung der Migrantenkinder klagen. Hallo, Logik.

Allerdings denke ich nicht, dass ein Krippenkind immer unglücklicher als ein Hauskind ist. Es gibt so viele anderen Einflussfaktoren. Ich kann Ihre Aussage " Auch Kinder von Migrantenfamilien gehören – mindestens bis zum dritten Lebensjahr – nach Hause, in die Obhut der Familie und nicht in eine Kita!" wirklich nicht bestätigen. So pauschal über alle Krippenkinder zu beurteilen ist nicht besser als das, was ihre Opponenten tun. Ehrlich, ich habe keine Studien zur Hand, aber aus der Erfahrung, der Unterschied ist nicht so gravierend. Der Recht der Eltern, selbst darüber bestimmen zu können - das ist mir viel wichtiger.

Gravatar: Andreas Schneider

Die "Chuzpe" ist unbestritten, ob dem aber tatsächlich "Gleichgültigkeit" gegenüber steht, sehe ich als zweifelhaft an.

Ich habe mich(3facher Vater) über 15 Jahre lang ehrenamtlich für den örtlichen Kindergartenverein, in Schulpflegschaften, in der Jugendarbeit von Vereinen engagiert. Dabei hatte ich natürlich das Wohl der eigenen Kinder im Blick.

Was ich gerade als stellvertretender Pflegschaftsvorsitzender einer Förderschule erleben durfte, sprengt hingegen jedes Maß, was man einem Ehrenamtlichen dauerhaft zumuten kann. Die Lehrer haben mit leid getan, aber immerhin (schwacher Trost) wurden sie wenigstens bezahlt. Dass für die Kinder dabei am allerwenigsten getan wurde, man sich hingegen in einem formalisierten Geflecht bisweilen abstrus anmutender Widersprüche gefangen sah, sei am Rande erwähnt.

Während dessen hat meine Frau sich um Kinder, Erziehung und Haushalt gekümmert. Allzu große Sprünge waren daher nie drin. Um wieviel hilfreicher wurde daher die Kritik des (kinderlosen) Lehrerpaares (Realschule bzw. Gymnasium) von nebenan aufgenommen, dass wir unsren Kindern "viel zu wenig bieten würden". Und flugs ging es für die beiden auf zum nächsten Urlaub...

Gleichgültigkeit? Nein, die empfinde ich immer noch nicht. Aber schlicht und einfach, Herr Honekamp: ich habe die Schnauze gestrichen voll. Und diesen Kampf überlasse ich jetzt gern anderen.

Gravatar: Karin Weber

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Ist mal einem Menschen aufgefallen, dass Kinder auch einen VATER haben?

Ich bin über diese Diskussion regelrecht entsetzt. Mütter beschweren sich über etwas und empfinden etwas als ungerecht, was für Väter seit Jahrzehnten der Normalwaschgang in Deutschland ist. Kinder haben Mutter und Vater! .. und Kinder können auch vom Vater betreut/mitbetreut werden. Zieht irgendjemand eine solche Möglichkeit/Notwendigkeit überhaupt noch in Erwägung oder ist die Vaterrolle dem Feminismus nun komplett zum Opfer gefallen?

Ich will mal dazu ein aktuelles Beispiel anführen: Einer meiner Söhne hatte vor kurzem wieder eine Umgangsverhandlung vor einen feministischen Familiengericht. Dort wurde über die Zensuren meiner Enkeltochter gesprochen und festgestellt, dass die Kindesmutter intellektuell in dieser Altersklasse nicht mehr helfen kann. Laut Verfahrensbeistand fordert man nun den Vater, denn der ist Akademiker. Ich war verblüfft über diesen Vorgang, denn jahrelang wurde mein Sohn von Drecksanwälten der Gegenseite als erziehungsunfähig bezeichnet und nun stellt sich heraus, dass die Kindesmutter tatsächlich erhebliche Defizite hat. Da brauch man den Vater plötzlich auf einmal wieder, sonst reichte seine Unterhaltszahlung.

Liebe Leute, denkt mal etwas weniger an Frauen, sondern viel vielmehr an die betroffenen Kinder! Um die geht es und nicht um das Wohlfühlverhalten von Müttern.

PS: Viele Frauen begreifen sowieso nicht, was der Feminismus angerichtet hat. Insofern ist eine Diskussion mit ihnen sinnlos und man sollte sich voll auf die Kindesinteressen konzentrieren.

Gravatar: kalle

Und vergessen Sie nicht: Wer sich zur Diffamierung als Rabenmutter nicht eignet, wird flugs als schlimme Helikopter-Mutter abgestempelt, die zuviel des Guten tut. Mütter können nur alles falsch machen, insofern ist die sog. Familienpolitik in der Tat eine Mütter-Diskriminierungspolitik - es sei denn, die Mütter geben folgsam ihre Kinder in Krippen oder Ganztagskitas und -schulen ab, damit sie Zeit haben, um das Bruttosozialprodukt zu erhöhen. Dann sind sie nach politisch korrekter Auffassung gute, fürsorgliche Mütter.
Ganz schön pervers, was die Politiker mit ihren medialen Helfershelfern dem Volk ins Gehirn trichtern. Und das Schlimme ist, viele merken es noch nicht einmal.

Gravatar: Rabenmutter

Ich hätte es nicht treffender formulieren können. Danke für diesen Artikel !
Denn was heute als "Familienpolitik" bezeichnet wird, verdient immer öfter den Namen
"Mütter-Mobbing";
Es ist unverschämt, wie Familien hier von Politikern und Medien an den Pranger gestellt werden; wie ihnen kollektiv und prophylaktisch die Fähigkeit der Erziehung abgesprochen wird. Polemik und Unwissenheit sind eine hervorragende Mischung, um die Gesellschaft weiter gegen die Familien aufzuhetzen. Aber wenn in der Zeitung in dicken Buchstaben steht, wie gierig sich die jungen Eltern heutzutage verhalten, dann vergisst das Volk vielleicht sogar, dass soeben eine maßlose Diätenerhöhung den Bundesrat passiert hat... - ARMES Deutschland.

Gravatar: Ulrike

Sehr guter Artikel. Danke, Herr Honekamp!

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