Betreuung ist wertvoll – und teuer (Fortsetzung)

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Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser noch an den Beitrag, in dem ich die „Kinder- und Familienpolitische Sprecherin“ der Grünen, Katja Dörner mit ihren Forderungen zitiere, die sie formuliert, nachdem der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter dreijährige besteht? Meine These war, dass die Anforderungen, wie sie Frau Dörner formuliert, tatsächlich erfüllbar sind, allerdings nicht in einer Kita sondern in einer der vielen (den meisten!) ganz normalen Familien (Vater-Mutter-Kinder), in denen Kinder heute zum Glück immer noch zum Großteil aufwachsen.

Auf der Seite ATKearney 361° legt jetzt eine andere Politikerin nach, die Jugend- und familienpolitische Sprecherin der Piratenfraktion und Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, Susanne Graf, in ihrem Beitrag "Über die Qualität der Kitabetreuung". Und ich traue es mich kaum zu sagen: die Frau hat mit ihrer Kritik recht und formuliert auch richtige Forderungen:

Eltern haben recht genaue Vorstellungen, von der Art, wie der eigene Spross seine Zeit verbringen soll, welche pädagogischen Konzepte Anwendung finden dürfen – und möglichst wohnortnah brauchen die Meisten es auch.

[...]

So erlebte ich einige der nachstehenden Beispiele selbst mit unserem Sohn oder es machten mich Eltern darauf aufmerksam, dass eben diese Anforderungen nicht zu ihrer Zufriedenheit erfüllt sind. Giftige Pflanzen im Garten, Spielzeuge für ab Dreijährige waren im Bereich der unter Dreijährigen, das Essen war nicht kindgerecht, das pädagogische Konzept wies erhebliche Mängel auf oder fehlte in Teilen ganz. Dazu kamen noch Vorwürfe, dass nicht auf die körperliche Unversehrtheit und Hygiene der Kinder geachtet wird. Welch ein Zustand!

Yep, die Frau hat Recht - was für ein Zustand! Neben möglicherweise gesundheitsgefährdenden Zuständen kommen vor allem "erhebliche Mängel im pädagogischen Konzept" zum Tragen. Möglicherweise ist das Hauptproblem dabei auch, dass, wenn man drei Elternpaare nach dem notwendigen pädagogischen Konzept befragt, man vermutlich sechs bis sieben Antworten erhält. Ich habe jedenfalls noch kein anderes Elternpaar gefunden, dass seine Kinder exakt so aufzieht, wie meine Frau und ich es tun und selbst wir müssen uns ab und an einigen, wie wir denn in dieser oder jener Situation pädagogisch korrekt reagieren sollten.

Und wie Frau Graf ebenfalls richtig beschreibt, umfassen die obigen Kritikpunkte eigentlich nur die Basisanforderungen an eine Kinderbetreuung - sagen wir mal "unfallfrei und ohne riskierte physische und psychische Störungen". Der Anspruch, dem Kitas und Kindergärten aber heute gerecht werden sollen - so wird uns das Konzept "Wir kriegen sie alle!" jedenfalls verkauft - geht darüber aber weit hinaus. Wieder Frau Graf:

In Berlin geht es hierbei nicht mal nur um das Aufpassen, sondern hier erfüllt die Kita aufgrund des Berliner Bildungsprogramms auch Bildungsaufgaben. Dazu gehören: die Sprachdokumentation in den Sprachlerntagebüchern, die Anregung von Ich-Kompetenzen, Sozial- und Sachkompetenzen, sowie lernmethodische Kompetenzen.

Man kann es sich vorstellen, wie Kita-Betreuerinnen, egal wie gut ausgebildet sie sein mögen, was sie für die neuen "Windelkunden" eben oft noch nicht mal sind, vor der Herausforderung stehen, bei einem Betreuungsschlüssel von 1:6 bis 1:10 (in Teilen auch mehr), diesen Anforderungen gerecht zu werden. Gott bewahre, irgendwann macht mal ein Kita-Platz-berechtigtes Elternpaar diesen Anspruch per Gericht geltend? Haftet dann eine Betreuerin, weil Murat noch nicht richtig deutsch spricht, Marie noch nicht sicher bis 20 zählen kann und Jannik die Menschen um sich herum laufend mit einer Trommel nervt?

Soweit so richtig die Analyse von Frau Graf. Ein bisschen auseinander liegen sie und ich aber natürlich in der Lösung der auftretenden Probleme. Wen wundert's, Frau Graf fragt nach mehr Personal und ganz generell nach mehr Geld:

Erzieher ist an vieler Orts hinzukommend ein Berufsbild welches durch Idealismus am Leben gehalten wird, eine Bezahlung von 1300 € Netto tut dies nicht! Zudem muss die eigentliche Berufsausübung leichter gestaltet werden. Zum Beispiel, indem man den Personalschlüssel von Kindern auf Erzieher verringert, ausreichend und qualitativ hochwertiges Material zur Verfügung stellt, sorgfältig ausgestattete Räume schafft und immer wieder Fortbildungsmöglichkeiten finanziert. Deutschland liegt im internationalen Vergleich auf den hinteren Plätzen, wenn es um den prozentualen Anteil des Bruttoinlandproduktes geht, der in die Bildung investiert wird. Andere europäische Länder wenden Mehrinvestitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro auf. Von diesen Mitteln könnte man so Diverse der oben genannten Probleme refinanzieren, hinzukommend eben auch den Ausbau angemessener Kinderbetreuung ab der Geburt und verstärkt frühkindliche Bildung.

Und meine Lösung? Wundert auch niemanden: lassen wir Kinder zu Hause bei Mama und Papa groß werden, mit adäquatem Essen und Spielzeug und automatischer Ausbildung von Sozialkompetenz. Oder, nur zum Anfang, tun wir wenigstens nicht so, als ob das nicht möglich wäre!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ulrike

Nur familiäre Betreuung ist in der Regel wertvoll, jedenfalls bei Kindern unter 3 Jahren. Leider wird diese nicht unterstützt, sondern schlechtgeredet.
Ihr Lösungsvorschlag ist goldrichtig, Herr Honekamp.

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