Alles mit dem Zusatz “selbst” zu versehen, ist so eine Modemasche in unserer modernen Gesellschaft, die suggeriert, dass selbst der Mann oder die Frau selbstredend gut ist, sich auf anderer Arbeit zu verlassen aber etwas Anrüchiges anhaftet. “Selber machen” verspricht Qualität, wo andere nur Massenware bieten. Natürlich kann “selber machen” auch mehr Kontrolle über Zutaten, Herstellung und Produktionsbedingungen bedeuten. Doch allzu oft degeneriert das Selbermachen zur bloßen Worthülse und zum Selbstzweck und oft auch zum unhinterfragten Dogma eines merkantilistischen Wirtschaftsideals, dass wir eigentlich schon lange hinter uns gelassen glaubten. Unsere heutige Wohlstandsgesellschaft existiert nur, weil eben nicht mehr jeder alles selbst macht, baut, trägt oder eben auch rollt, sondern sich auf das konzentriert, was er relativ zu anderen Tätigkeiten am Besten kann. Arbeitsteilung, Spezialisierung und automatisierte Massenfertigung haben uns Hände und Kopf frei für mehr als die nackte Existenzsicherung gemacht. Was in den letzten zweihundert Jahren zu einem enormen Zivilisationsfortschritt geführt hat, wird nicht obsolet, weil sich heute kaum jemand mehr vorstellen kann, dass alles selbst machen eben auch selbst schuften, selbst leiden und selbst verzweifeln bedeutet. Wer heute in Deutschland alles selbstgemacht wissen will, der glaubt damit endlich mal wieder an sich selbst zu denken, statt wirklich selbst zu denken.
Beitrag erschien zuerst auf: liberalesinstitut.wordpress.com
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