Berlin am Montagabend- Bärgida und die Gegendemonstranten

Es waren nur etwa 300 Unentwegte, die sich aufgemacht hatten, wie jeden Montag seit einem Jahr gegen die Islamisierung des Abendlandes, vor allem gegen den importierten Antisemitismus, auf die Straße zu gehen.

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Nachdem ich mich von Habibi verabschiedet hatte, beschloss ich angesichts des milden Novemberabends, noch nicht gleich in die U- Bahn zu steigen, sondern ein oder zwei Stationen in Richtung Heimat zu laufen. Sobald ich den Alexanderplatz überquert hatte, sah ich in der Ferne auf der Liebknecht-Straße viele Blaulichter zucken. Die von der Polizei begleiteten Demonstranten trugen Fahnen, darunter die Deutschlandfahne. Das musste „Bärgida“ sein, der Berliner Ableger von Pegida. Da ich noch nie in der Nähe  einer solchen Demonstration war, beschloss ich, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und mir das anzusehen.

Es waren nur etwa 300 Unentwegte, die sich aufgemacht hatten, wie jeden Montag seit einem Jahr gegen die Islamisierung des Abendlandes, vor allem gegen den importierten Antisemitismus, auf die Straße zu gehen. Diesmal Richtung Prenzlauer Berg, was ich für eine gewagte Route hielt, den hier lebt vor allem das grüne Establishment.

Es waren kaum Plakate zu sehen, dafür Fahnen: die Berliner-, Brandenburger-, die Deutschlandfahne und die Wirmer- Flagge. Auch eine Israel- Fahne war dabei. Aus der mitfahrenden Anlage tönte die Internationale, d.h. die Melodie, der Text war ziemlich witzig umgedichtet worden. Meist schwiegen die Bärgidisten, dafür waren die Gegendemonstranten um so lauter. Wie viele es waren, ist schwer schätzen. Wenn eine Gruppe von etwa dreißig Leuten an einer Stelle sich die Kehle aus dem Hals schrie, rannten ein paar von ihnen schon los, um sich weiter hinten erneut zu positionieren. „Bärgidisten- Pack, wir haben Euch zum Kotzen satt“ war häufig zu hören. Es war nicht die harte Antifa, die da am Straßenrand schrie, die musste sich wahrscheinlich noch von der AfD- Demo erholen, die zwei Tage vorher in Berlin stattgefunden hatte. Es waren blutjunge Schüler, viele von ihnen in teuren Markenklamotten, die da Antifa mimten. Die Kinder jener rot-grünen Wohlstangsschicht, die ihre Prosperität als Staatsdiener des Systems erwarben, das sie immer noch abschaffen wollen. Diese Kinder werden zur Schule, zum Sport und zur Tanzstunde gefahren, sie dürfen nie allein durch die heimische Wildnis streifen, ihre Kräfte selbstständig entwickeln und erproben. Wenn schlechte Zensuren drohten, erscheinen die Eltern in der Schule und setzten die Lehrer unter Druck. Im Leben dieser Kinder wurde alles weggebügelt, was nach Hindernis aussah. Kein Wunder, dass die erlebte Glätte sie langweilt, dass sie nach einem Kick suchen. Da kommt der Kampf gegen einen zum rechten Popanz aufgeblasenen Gegner gerade recht. Antifaschist sein ist heute wohlfeil. Man kann sich selbst die gute Gesinnung lautstark attestieren, ohne das geringste Risiko.

Ich beschloss, ein paar von ihnen anzusprechen. Als besonders heftig geschrien wurde, während die Israelfahne vorbeigetragen wurde, fragte ich ein paar Jungs, was sie gegen  Israel hätten. Ein kleiner Schreier in schwarzer Lederjacke antwortete sofort: „Israel schlachtet palästinensische Kinder! Israel muss weg!“ „Meint Ihr das wirklich?“ Den anderen war ihr Kumpel sichtlich peinlich. Nein, nein, sie hätten nichts gegen Israel. „Dann überlegt Euch, ob es klug ist, mit Israelhassern gemeinsame Sache zu machen.“

Der Kleine war inzwischen längst abgehauen. Ich habe ihn später noch ein paar Mal gesehen, in immer anderen Gruppierungen, mit denen  er aber nichts zu tun hatte.

Ein paar „Deutschland muss weg“- Rufer fragte ich, wo Deutschland denn hin soll. Sie waren verwirrt. „Na, es soll ja nicht weg, wir wollen hierbleiben. Hier gefällt es uns. Die Anderen sollen weg und auch das System.“ „Wo sollen die Anderen hin? In den Gulag?“„Wieso Gulag? Was ist das?“

Ich wiederholte das Spiel noch ein  paar Mal. Immer wieder verblüffte mich die Verwandlung einer Hassmaske  in den netten Gymnasiasten von nebenan. Ich hatte  noch nie zuvor gesehen, dass man sich in eine Art Trance schreien kann, aus der man jäh erwacht, oder auch nicht, wenn die Trance zu einer Art Albtraum wird, den man nicht so leicht abschütteln kann. Von allen, die ich angesprochen habe, hat nur einer aggressiv reagiert. Der war schon etwas älter und härter als der Durchschnitt. Er schrie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ Wo er Nazipropaganda sähe, wollte ich von ihm wissen. „Mach Dich da rein, in den Haufen!“ Das unterstrich er mit einer Geste in Richtung Demo, gefolgt von einem lautstarken „Wer bei Bärgida marschiert, ist ein Nazi!“ So einfach ist das antifaschistische Weltbild.

Als der Zug durch die Straßen am Kollwitzplatz zog, gab es auch vereinzelte Stimmen von oben. Die fand ich besonders klasse. Leute, die hinter ihrem Ofen bleiben und feige die Gefahr aus sicherer Distanz bekämpfen sind würdige Vertreter Helldeutschlands.

Einmal kam ein Pressefotograf zu mir und fragte mich, ob ich wüsste, dass der Bärgida- Fotograf der Sohn eines weltberühmten DDR- Schriftstellers sei. Er sei bei jeder Demo dabei und hätte auch die Fotos auf der AfD- Demo gemacht. Wie ich das fände? Nun, ich fand gar nichts. Ich kannte den Vater flüchtig und den Sohn nur als Kleinkind. Allerdings hätte ich gern mit ihm gesprochen, um seine Motiven zu erfahren.

Für alle, die sich besorgt fragen, ob ich keine Kritik an Bärgida hätte: Doch, einmal, als die Gegenstimmen besonders laut wurden, ließ sich ein Teil dazu hinreißen zu rufen: “Wir kriegen Euch alle!“ Auch wenn ich das nur einmal gehört habe und der Ruf ziemlich schnell wieder erstarb, war das mehr als unangenehm.

Ich kann diesen Bericht nicht schließen, ohne der Berliner Polizei ein ganz großes Lob, nein, meine Hochachtung auszusprechen. Ich habe zum ersten Mal so einen Einsatz erlebt und die Disziplin und Präzision der Beamten bewundert. Auch wenn es sicher ein leichterer Einsatz war, denn die Gymnasiasten machten keine ernsthaften Versuche, die Polizeiketten zu durchbrechen, herrschte doch durch das konstante aggressive Gebrüll eine Art Bürgerkriegsatmosphäre, die an den Nerven zerrte. Aber außer dieser verständlichen Nervosität, die ich bemerkte, wenn ich wieder meinen  Presseausweis zeigen musste, um eine Sperre passieren zu können, habe ich keinerlei Übergriffigkeiten festgestellt. Ich habe auch nur  eine Festnahme gesehen. Das war aber kein Schüler, sondern ein Aktivist mit Migrationshintergrund.

Auf die Dauer ist es nicht hinnehmbar, dass die verfassungsrechtlich garantierte Meinungs- und Demonstrationsfreiheit nur mit Polizeieinsätzen gesichert werden kann.

Wir brauchen eine Verfassungsoffensive. Nicht nur die Einwanderer, auch alle Schüler in unserem Land sollten spätestens mit 14 Jahren ein Grundgesetz überreicht bekommen und später nachweisen, dass sie es gelesen und verstanden haben.

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