Axel Springer: Mann des Jahrhunderts

Müsste ich mich für den Unternehmer entscheiden, den man am besten mit dem Wiederaufstieg Deutschlands verbinden kann, fiele meine Wahl auf Axel Springer, der übermorgen vor einhundert Jahren geboren wurde.

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Müsste ich mich für den Unternehmer entscheiden, den man am besten mit dem Wiederaufstieg Deutschlands verbinden kann, fiele meine Wahl auf Axel Springer, der übermorgen vor einhundert Jahren geboren wurde. Warum Axel Springer und nicht eine der zahlreichen Ikone aus der beeindruckenden Erfolgsriege der Industrie?

Axel Springer hatte fast aus dem Nichts mit seinen Innovationen ein großes Medienhaus geschaffen. Mit „Hör Zu“ hat er den Nachkriegsdeutschen, die einen großen Teil ihrer damals noch knapp bemessenen Freizeit vor dem Radio verbrachten, ein unwiderstehliches Produkt angeboten. Das „Hamburger Abendblatt“ war für den jungen Hans-Olaf früh unverzichtbar. „Bild“ wurde Vorbild für Boulevardblätter rund um den Globus.

Trotzdem, innovative Unternehmer gab es sowohl in seiner Branche (Mohn/Bertelsmann) als auch in anderen Industriezweigen. Was ihn zu einem Solitär machte, waren Eigenschaften, die ihn schon damals von den meisten seiner Unternehmerkollegen unterschieden und heute kaum noch anzutreffen sind: er hatte Charisma, er war visionär, er war mutig, und er hatte Prinzipien.

Charisma: Mein Schwager Horst Ansin, der 43 Jahre für Axel Springer von der Pieke auf bis hin zur Verlagsleitung von BILD gearbeitet hat, berichtete mir oft und mit Begeisterung von Springers Auftritten bei Geschäftspartnern, vor seinen Mitarbeitern und bei den Lehrlingen, für deren Ausbildung Horst lange bei Springer verantwortlich war. Als Mitglied des Vereins Hamburger Unternehmerinnen erzählte mir meine Mutter von den Reaktionen der Damen auf Axel Springer als ihr charmanter Gastgeber und eloquenter Redner. Ein Foto, welches sie mit Hingabe seinen Worten lauschend zeigt, klebt noch heute in unserem Familienalbum.

Gegen den Zeitgeist auf der richtigen Linie

Visionen: Heutigen Wirtschaftsbossen fällt dazu höchstens der Kalauer ein „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“. Springers Versuch, beim sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow persönlich für die Wiedervereinigung Deutschlands zu werben, hielt auch ich damals für Träumerei. Leider hat er die Realisierung seines Traumes nicht mehr erleben dürfen.

Mut: Man stelle sich das mal vor, mitten im Kalten Krieg verlegte Axel Springer seine Hauptverwaltung von Hamburg nach West-Berlin, direkt an die Mauer! Wie oft habe ich vor der Wende vom obersten Stockwerk dieses Gebäudes auf die Wachtürme, Volkspolizisten und Schäferhunde geschaut. Was für ein unglaubliches Risiko dieser Mann damit eingegangen ist, kann man heute kaum noch ermessen. Andere Unternehmen hatten sich damals in Richtung Westdeutschland aus dem Staube gemacht und sind bis heute nicht zurückgekehrt.

Prinzipien: Die Grundsätze, die Axel Springer für sich und seine Nachfolger formuliert hat, haben es in sich: „Wiedervereinigung“, „Aussöhnung mit den Juden und Unterstützung Israels“, „Ablehnung jeglicher Form von Totalitarismus“ und „Verteidigung der Marktwirtschaft“. Schon damals verstießen einige davon gegen den Zeitgeist auf dem heute alle um die Wette surfen. Immerhin, dass seine Nachfolger diese Grundsätze weiterhin hochhalten, sie aktualisiert und den Mut hatten, „Solidarität zu den USA“ hinzuzufügen, hätte ihn sicher erfreut.

Axel Springer: im doppelten Wortsinne ein Jahrhundertmann!


Beitrag erschien zuerst auf: Handelsblatt.com

 

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