Aus dem Ruder gelaufen

Diese Woche hatte es in sich. Am Sonntag brachte CDU/CSU und FDP die ersehnte Mehrheit. Sie stellen die nächste Bundesregierung. Merkel ist und bleibt Kanzlerin und Außenminister wird wohl Guido Westerwelle. Aber nun, das dieses Ergebnis schon eine Woche alt ist, stellen wir fest, dass sich seine Begleiterscheinungen  möglicherweise  als wichtiger erweisen, als das Hauptereignis selbst; auf längere Sicht zumindest. Denn so eindeutig das Wahlergebnis numerisch  ist – so verschwommen sind seine langfristigen Auswirkungen – noch.

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Bislang kann man nur eines feststellen: Das Ergebnis ist aus dem Ruder gelaufen. Es hat nicht nur eine Mehrheit für Schwarz – Gelb gebracht; es hat die Statik des Parteiengefüges aus dem Lot gebracht. Nach dieser Wahl ist nichts mehr wie es war. Am deutlichsten haben dies SPD und FDP erfahren; die Freien Demokraten sind mit rund 14 Prozent so stark  – und die Sozialdemokraten so schwach wie nie zuvor seit 1949. Das 23-Prozent-Ergebnis hat aber nicht nur die SPD- Bundestagsfraktion verkleinert. Es hat die Partei in ihrem Kern getroffen, in ihrer Identität. Als die Katastrophe am Sonntagabend bekannt wurde, bekräftigte Müntefering noch seine Absicht,  abermals für den SPD-Vorsitz kandidieren zu wollen - und Steinmeier meldete seinen Anspruch an, sich am Dienstag zum Fraktionsvorsitzenden wählen zu lassen. Damit bekundeten beide ihren Willen, den von marktwirtschaftlicher Vernunft bestimmten Kurs der SPD im Kern beibehalten zu wollen. Als Steinmeier am Dienstag zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde, war seine Entscheidung aber politisch bereits fragwürdig geworden, denn Müntefering hatte schon resigniert; Gabriel soll im November sein Nachfolger werden. Die an ihn gerichtete Erwartung ist klar: Er soll die Ära vergessen machen, die mit  den Begriffen Hartz IV und Agenda 2010 verbunden ist. Jetzt gilt das, was bisher geleugnet wurde: Die SPD sucht den Anschluss an "Die Linke" – mit allen Konsequenzen. Nur wohin sie führen – das ist noch offen.


Offen aber ist auch die Zukunft von CDU und CSU. Die CDU stellt zwar weiter die Kanzlerin: Als Partei aber hat sie abermals Stimmen verloren und ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren. Das ist der Preis für den Verzicht auf ihr früheres politisches Profil, den Merkel ihr auferlegt hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Trend anhält, ist allein schon durch den Zerfall der anderen bisherigen Volkspartei, der SPD, gegeben. Diese Gefahr schwebt auch über der CSU, für die einmal 62 Prozent der Wähler stimmten und die nun bei 42 Prozent gelandet ist. Gewiss, die FDP fängt den Einbruch der Union diesmal ab. Aber die Schieflage, der Volksparteien kann sie nicht korrigieren. Sie aber ist auf längere Sicht das wichtigste Ergebnis dieser Wahl.

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