Aufgewärmt: „Wag the dog“ auf katholisch

Ab und zu gibt es Texte, die auch aufgewärmt noch in Ordnung erscheinen. So hoffe ich jedenfalls.

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Man kann ja über Facebook sagen, was man will, aber manche Features sind wirklich eine feine Sache. Zum Beispiel die Erinnerungen, mit denen einen Facebook, wenn man das will, an Postings, die ihren Jahrestag feiern, erinnert. Da sind ab und an ganz schöne alte Postings, Bilder etc. drin, an die man sich sonst vielleicht gar nicht erinnern würde. Darunter sind auch Themen, an denen die Zeit vorbei gegangen ist – am Ende halb so warm gegessen wie gekocht.

Gestern bin ich aber auf einen eigenen Beitrag gestoßen, den ich am 22.06.2012 unter dem Eindruck der damaligen „Freiburger Erklärung“ einiger Priester geschrieben habe, die erklärten, sie würden bewusst gegen die kirchliche Lehre der Ehe verstoßen und wiederverheirateten Geschiedenen natürlich auch die Eucharistie anbieten. Mit den betreffenden Priestern hatte der damalige Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, das Gespräch gesucht, um gemeinsame Lösungen in der Thematik zu suchen.

Und wie ich den Beitrag so lese, fällt mir auf, dass er auch heute noch, in Anbetracht von ZdK-Stellungnahmen und DBK-Bestrebungen, das Kirchenrecht notfalls auch unabhängig vom Vatikan über die Pastoral auszuhebeln, passend ist. Daher hier noch einmal aufgewärmt: Wag the dog auf katholisch:


Versuchen Sie sich doch mal folgendes vorzustellen: Sie arbeiten in einem weltweit tätigen Großunternehmen (also richtig groß) als Mitarbeiter. Sie nehmen dort keine echte Führungsposition ein, haben aber durch die Art ihrer Tätigkeit eine prägnante Rolle mit Außenwirkung inne … vielleicht nehmen wir einen Verkäufer oder Vertriebsmitarbeiter. Und nun kommt ihnen in den Sinn, dass ihnen das Geschäftsmodell dieses Unternehmens, auf das Sie sich bei Einstellung verpflichtet haben, nicht mehr passt. Sie stänkern unter Kollegen dagegen, verstoßen gegen definierte Geschäftsprinzipien des Unternehmens, rufen unter Kollegen und Kunden zum Bruch mit diesen Prinzipien auf und lassen jeden wissen, dass Sie nicht mehr gewillt sind, sich diesen Unternehmensprinzipien und den dahinterliegenden Werten zu unterwerfen und auch zukünftig dagegen verstoßen werden.

Wie wird dieses Unternehmen, das Management, darauf reagieren? Wenn es ein Unternehmen ist, dass Wert auf seine Mitarbeiter und langfristige Mitarbeiterbindung legt, wird man vermutlich jemanden aus dem mittleren Management beauftragen, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen um herauszufinden, was ein möglicher Hintergrund Ihres Handelns ist. Man wird versuchen, Sie dazu zu bewegen, sich diesen Prinzipien wieder zu nähern, diese Prinzipien und deren Begründung noch mal erläutern – im großen und ganzen Sie dazu bewegen versuchen, sich wieder in das Unternehmen einzugliedern, aus dem Sie sich schon mit einem halben Bein verabschiedet haben. Vielleicht wird man sich auch Ihre Argumente anhören, aber wenn es sich dabei lediglich um eine abweichende Meinung von einem an sich guten und begründeten Prinzip handelt, wird man sich kaum darauf einlassen, dieses Prinzip wegen dieser Ihrer Befindlichkeit aufzuweichen oder gar aufzugeben.

Die katholische Kirche betrachtet die Ehe als unauflöslich. Ein Faktum, das in der Welt oft kritisch gesehen oder belächelt wird, was aber jedem, dem die katholische Sakramentenlehre nicht ganz fremd ist, einsichtig sein sollte (selbst dann wenn man als Nichtkatholik an den Grundlagen dieser Lehre seine Zweifel haben sollte). Die Unauflöslichkeit der Ehe, die nicht ein Relikt aus alten Zeiten ist, sondern für die auch Jesus deutlich eingetreten ist, bedeutet auf der anderen Seite auch, dass der Ehebruch einen Verstoß gegen diese Unauflöslichkeit der Ehe bedeutet. Auch hier war Jesus sehr klar, immer bereit dem Ehebrecher, der seine Tat bereut zu verzeihen („Auch ich verurteile Dich nicht“ – Johannes 8, 11a) aber klar in der Sache, dass der Ehebruch eben eine Sünde ist („Geh und sündige von jetzt an nicht mehr“ – Johannes 8, 11b).

Die Eucharistie gehört nun zu den wesentlichen weiteren Sakramenten den Kirche (naja, unwesentliche gibt es auch nicht) – Jesus ist Mensch geworden und gibt sich, sein Fleisch und sein Blut in der Gestalt von Brot und Wein hin. Aus gutem Grund schließen sich daher ein Zustand der schweren Sünde (wie sie ein dauerhaftes Verbleiben im Ehebruch nach katholischer Lehre ist) und der Empfang der Kommunion aus – wer schon mal eine schwerwiegende Sünde gebeichtet hat und dabei an einen verantwortungsvollen Priester geraten ist, der wird auch auf die Frage gestoßen sein, ob er in diesem Zustand die Eucharistie empfangen hat – was dann in sich eine weitere, wenn nicht gar schwerwiegendere Sünde darstellt. Dieses Prinzip, die Eucharistie – zum Schutz des Gläubigen und zur Ehre Gottes – nicht an diejenigen auszugeben, die sich im Zustand der schweren Sünde befinden, sollte also für Katholiken generell, speziell aber für Theologen und Priester nachvollziehbar sein. Ihre Aufgabe ist es nicht nur, diese Prinzipien zu beachten, sondern sie auch zu vermitteln, besonders an Betroffene. Man schließt niemanden von der Eucharistie aus, sondern man verwehrt sie sich selbst, indem man die Voraussetzungen für den Empfang wissentlich zerstört.

Das soll nicht die seelischen Nöte kleinreden, in die Menschen bisweilen kommen, wenn sie eine für sie als Hölle empfundene Ehe mit einem Partner, der ein ganz anderes Gesicht gezeigt hat als man es bei der Eheschließung vermutet hatte, und die nun bei einem liebevollen anderen Menschen gefunden haben, was der Ehepartner ihnen nicht hat geben können oder wollen – es bleibt eine gültig geschlossene Ehe und die Schwierigkeiten, die man erlebt und die man vielleicht gar nicht zu verantworten hat, gehören zu den „schlechten Zeiten“, für die man bei der Eheschließung ebenfalls vor Gott Treue geschworen hat.

Die eheliche Gemeinschaft zu verlassen ist eine Sache, sich einem anderen Menschen zuzuwenden eine andere, mit diesem Menschen wie in einer Ehe zusammenzuleben noch mal eine andere. Diese Grenzziehungen machen es für die Kirche, Geistliche, professionelle Seelsorger und Laien, notwendig, mit viel Gespür für die Situation und die Nöte auf die Betroffenen zuzugehen, die – nach ihrem eigenen Ermessen schuldlos – in eine Situation geraten sind, aus der sie – wieder nach ihrem eigenen Ermessen – nur durch weitere Schuld, eben den Ehebruch, wieder herauskommen können. Das, was in Kirchenkreisen als „Geschiedenenpastoral“ beschrieben wird ist also sicher ein schwieriges Feld aber auch gerade deshalb so wichtig, weil dort Menschen drauf und dran sind, sich von Gott und der Kirche abzuwenden.

Wofür in diesem Thema kein Platz ist, ist die Aufweichung dessen, was Christus uns im Evangelium verkündet hat, nur weil es uns gerade nicht recht in den Kram passt. Die Aufweichung der Definition von Sünde ist selbst eine Sünde, die man eines Tages vor Gott wird vertreten müssen. Menschen zu lehren, dass die Sünde, die sie begehen keine Sünde ist, macht denjenigen nicht nur mitschuldig, es baut eine eigene, noch größere Schuld auf. Wenn sich also heute Priester hinstellen und in einer „Freiburger Erklärung“ öffentlich verkünden, Wiederverheirateten Geschiedenen, also im dauerhaften Ehebruch lebenden Menschen, wissentlich die Eucharistie zu geben, dann tun sie diesen Menschen damit nicht nur keinen Gefallen (die Presse zu diesem Thema ist so offensichtlich, dass keinem Katholiken verborgen bleiben kann, dass es sich dabei um eine Sünde handelt, und so empfangen sie die Eucharistie bewusst im Widerspruch zur katholischen, zu Jesu Lehre, auch wenn sie dem noch so heftig widersprechen), sie tragen auch dazu bei, die Sünde in der Welt umzudeuten.

Die Botschaft, die in der Welt ankommt, ist klar: „Was die in Rom sagen, nehmen selbst Priester nicht mehr ernst, soll man den Betroffenen doch die Kommunion austeilen, eine Ehe ist heute eben nicht mehr für die Ewigkeit gemacht, Ehebruch ist doch heute keine Sünde mehr“. Wer also solche Aussagen trifft macht sich, neben dem konkreten Sachverhalt, noch zusätzlich schuldig: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde. Wehe der Welt mit ihrer Verführung! Es muss zwar Verführung geben; doch wehe dem Menschen, der sie verschuldet. (Matthäus 18, 6-7) – viel deutlicher konnte es Jesus es doch kaum sagen!?

Und was ist nun mit den Kirchenamtsträgern (Laien und Bischöfe), die für das Verhalten der betreffenden Priester Verständnis zeigen, die sich mit ihnen zusammensetzen um neue Wege in der Geschiedenenpastoral auszuloten, die deren Position durch lange Gespräche und öffentlich bekundetes Verständnis stärken? Um es mal ganz prägnant zu sagen: Man setzt sich doch nicht mit dem Teufel an einen runden Tisch um mit ihm – kompromissbereit – über die Definition von Sünde zu verhandeln! Nein, die Seelennöte der Priester, die menschliche Tragödien aus gescheiterten Ehen vor Augen haben muss man ernst nehmen wie die Nöte der Betroffenen selbst – das ist Geschiedenenpastoral. An den Grundfesten von Gut und Böse, von Wahrheit und Lüge, darf dabei aber nicht gerührt werden.

Man kann den Medien, wenn sie über solche Gespräche berichten, nicht trauen, wollen sie doch auch ihre eigenen, antikirchliche, Positionen befördern. Wenn also heute berichtet wird, dass maßgebliche deutsche Bischöfe an der kirchlichen Lehre hinsichtlich Ehe, Geschiedenenpastoral und Eucharistie „rumschrauben“ wollen, dann ist Skepsis angesagt, ob Dinge wirklich so und in dem richtigen Zusammenhang gesagt wurden, wie sie veröffentlicht werden. Man kann also nur hoffen und beten, dass die Kirche sich zu jeder Zeit barmherzig zeigt gegenüber den Sündern, aber sie nicht zu Gerechten „umdeklariert“ nur weil es der Zeitgeist fordert.


Soweit der Text von vor drei Jahren … den ich heute, im Vorfeld der Familiensynode im Herbst, auch nicht anders schreiben würde.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de

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