Auf dem Weg zum Drei-Block-System

Frankreich vor der Stichwahl bei den Departementswahlen

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Richtig zufrieden war keiner. Die Departement-Wahlen in Frankreich, den man mit Recht nationale Bedeutung beimessen kann, weil sie landesweit stattfanden, waren ein Test für die Regierung, für die bürgerliche Opposition und auch für den rechtskonservativen, die linke Presse sagt regelmäßig rechtsextremen, Front National (FN). Alle erklärten sich natürlich als Gewinner. Aber weder lag die sozialistische Regierungspartei (PS), mit ihren 21 Prozent vor dem FN, noch konnte der FN mit seinen 26 Prozent an der bürgerlichen UMP (29 Prozent) vorbeiziehen und den Platz der „ersten Partei Frankreichs“ belegen. Und der eigentliche Gewinner, der frühere Präsident Frankreichs und jetzige Chef der UMP, Nicolas Sarkozy, weiß, daß diese Wahl trotz seines Erfolgs die klassische Links-Rechts-Teilung aufgebrochen hat. Es gibt jetzt drei Formationen in Frankreich: Den Linksblock, den Bürgerblock und die Rechtskonservativen. Das macht das politische Leben in Frankreich komplizierter.

Diese komplexe Situation wird jetzt am kommenden Sonntag zum Tragen kommen. In über 1500 Landkreisen kommt es zu Stichwahlen und da wird es vor allem dann spannend, wenn ein Kandidat des FN gegen einen Kandidaten der Linken antritt. Denn dann wird man sehen, ob die Empfehlung Sarkozys, in diesen Fällen überhaupt nicht zu wählen, befolgt wird. Nach den meisten Umfragen sind zwei Drittel der UMP-Wähler gegen den FN, aber deswegen werden sie einem linken Kandidaten keineswegs den Steigbügel halten wollen. Ebenfalls zwei Drittel wollen keine Empfehlung hören und selber denken und wählen.

Das umso mehr als der FN von seinen Maximalforderungen leise abrückt. Man kann festhalten: Sollte der FN jemals an die Regierung kommen, dann ist der Euro ein Reformprojekt, der Austritt aus der Nato dagegen ist klares Ziel, de Gaulle dient als Vorbild. Ebenso klar aber ist, daß Frankreich Mitglied in der EU bleibt. Auch hier steht der FN im geopolitischen Schatten des Generals. Alles andere sind Tartarenmeldungen, die die Bürgerlichen und die Linken verbreiten, um potentielle FN-Wähler abzuschrecken. In der Innen-und Finanzpolitik sind die Vorstellungen vage bis demagogisch. Hier ähnelt der FN der neuen griechischen Regierung, die auch erst durch die Begegnung mit der Wirklichkeit lernt, was politische Verantwortung heißt.

Schon jetzt hat der FN die Parteienlandschaft umgepflügt und sich auch auf dem Land in den Departements etabliert. Das ist für die kommenden Regionalwahlen Ende des Jahres und vor allem für die Parlaments-und Präsidentschaftswahlen 2017 von Bedeutung. Ohne personell-lokale Verankerung ist eine Mobilisierung schwierig. Die Linke wiederum hat bisher weniger verloren als gedacht, vorwiegend weil sie durch Angstmache ihre Wähler mobilisieren konnte, die Wahlbeteiligung stieg um sieben Prozent. Das wird künftig nicht mehr reichen. Schon am Sonntag könnte sie vor einem Scherbenhaufen stehen, wenn sie erkennen muss, daß sie die Hälfte aller Departements verloren hat. Eigene Akzente setzen, den Rechtskonservativen die Themen nehmen - genau darin lag der Erfolg der Bürgerlichen. Sarkozy hat diese Akzente gesetzt, zum Beispiel mit der Forderung, auch Schweinefleisch in Schulkantinen anzubieten und Schleier und Kopftuch an den Universitäten und Schulen zu verbieten. Sarkozys Ruck nach rechts hat sich ausgezahlt. Aber die fünf Millionen Wähler des FN sind eine Größe, die man nicht ewig rechts liegen lassen kann. Eher früher als später wird man nicht nur die Themen der Rechtskonservativen sondern auch sie selbst für Koalitionsbildungen brauchen.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: qed

Verehrter Herr Liminski, ich anempfehle Ihnen das Studium des Wirtschaftsprogramms des FN.
Sie werden da marxistische Extrempositionen reinsten Wassers finden. Genau so, wie zwischen den nationalen und den internationalen Sozialisten kein Blatt passte...

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