Aua- Gesundheit...

Da haben wir den Salat.

Allen Beteuerungen zum Trotz "bricht der Damm", so hieß es in den Medien, ein "Tabu" werde gebrochen, denn die ersten Krankenkassen schicken sich an, Zusatzbeiträge zu erheben, um ihre Kosten irgendwie in den Griff zu bekommen...

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"Leid- Tragende" sind die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen, die ohnehin in den vergangenen Jahren feststellen mussten, dass das Leben als gesetzlich Krankenversicherter mitunter lebensbedrohlich sein kann.

Natürlich sind es die Ärzte schuld. Oder die Pharmaunternehmen. Oder besser noch, die Liberalen. Richtig, die sind es bestimmt, denn seit die schwarz-gelbe Koalition sich des Gesundheitswesens angenommen hat, hat sich alles dramatisch verschlechtert.

So wird dann auch der von den Sozialdemokraten dazu ernannte "Gesundheitsexperte" Prof. Lauterbach (der Mann mit der Fliege und den polemischen Ausfällen) nicht müde, die Schuld an der Misere der Krankenkassen, des Gesundheitssystems und überhaupt den Liberalen und ihrem Gesundheitsminister Dr. Rösler anzulasten. Unter der Ägide der allseits beliebten und geschätzten Ulla Schmidt war ja alles viel besser.

Sind wir mal ehrlich. Unser Gesundheitssystem hat ein Problem. Unser System ist "sozial", will heissen, es gibt die so genannte "Solidargemeinschaft", die emsig in ein Töpfchen einzahlt. Aus diesem Töpfchen werden dann die Kosten für alle bestritten. Der Solidargedanke setzt voraus, dass die "Starken" die "Schwachen" unterstützen, also diejenigen, die gesund und arbeitsfähig sind, mit ihren Beiträgen diejenigen mitfinanzieren, die auf Grund ihrer Erkrankung oder auf Grund von Arbeitslosigkeit keine Beiträge entrichten können (die Arge übernimmt dann, also eine andere Art der "Solidargemeinschaft").

Der Anspruch der Menschen an die Medizin wird von Tag zu Tag größer. Die medizinische und pharmakologische Forschung, die Millionensummen verschlingt, bringt immer neue Behandlungsmethoden hervor, die das Leben verlängern, Krankheiten besser bewältigen oder gar verhindern helfen. Bricht irgendwo auf der Welt eine Erkrankung aus, richten sich alle Augen auf die Medizinbranche und erwarten schnelle Lösungsansätze. So etwas kostet Geld, viel Geld, denn jahrelange Forschungsarbeit gibt es nicht umsonst.

Bevor eine Behandlungsmethode oder ein Medikament den Status "Für den Menschen geeignet" erhält und bis es dann von den Krankenkassen anerkannt wird, vergehen Jahre, in denen Seitens der Erfinder und Entwickler in Vorleistung getreten werden muss.  Logisch und nachvollziehbar, dass im Falle der Pharmafirmen bei der Zulassung eines Medikamentes erst einmal kräftig die Werbetrommel gerührt und auf Patente gepocht wird.

Wie die Ärztelandschaft aussieht, hat inzwischen jeder am eigenen Leib erfahren. Da der Topf der Krankenkassen nicht üppiger, aber die Anzahl der Patienten, die aus ihm schöpfen, immer größer wird, stehen jedem Patienten immer weniger Mittel zur Verfügung. Die Zeiten, in denen Professor Lauterbachs Anwurf, Ärzte würden alle Porsche fahren und Golf spielen noch einen Hauch von Wahrheitsgehalt hatte, sind längst vorbei.

Um mal eine konkrete Zahl zu nennen: Einem Chirurgen stehen für ein gesamtes Quartal für alle Patienten etwa 15.000 Euro zur Verfügung. Das bedeutet, pro Monat erhält ein Chirurg ca. 5.000 Euro aus dem Krankenkassen-Topf für die Behandlung seiner Patienten. Zunächst klingt das nach einem durchaus zufriedenstellenden "Gehalt", wenn man sich allerdings vor Augen führt, dass von dieser Summe Materialien, Angestellte, Miete, Altersvorsorge (ja, Ärzte machen so etwas auch!) Energie, Vesicherungen und und und bezahlt werden muss, schrumpft das Einkommen, das ein Arzt durch die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen erwirtschaftet, auf ein unsichtbares Nichts zusammen. Dass unter diesen Umständen vielen Ärzten die Lust vergeht, ist meines Erachtens durchaus nachvollziehbar. Wir verlieren Mediziner, die ins Ausland gehen, die sich irgendwo anstellen lassen, oder die nur noch Privatpatienten behandeln. Die Zwei-Klassen-Medizin ist kein Schreckgespenst, sie ist bittere Wahrheit.

Dr. Rösler, der mutige liberale Arzt, der sich nach langem Drängen der Fraktion in dieses Haifischbecken getraut hat, hat im Hinterkopf die Pläne der FDP zur Sozialversicherung. Insbesondere im Bereich der Gesundheitsversorgung sehen diese vor, die Menschen mehr in die Verantwortung zu ziehen, nicht weil die Liberalen kalte, gefühllose und den Schwachen ignorierende Zeitgenossen sind, sondern weil dies unsere Idee ist, wie wir die steigenden Kosten im Gesundheitswesen irgendwie in den Griff bekommen können.

Neben der Erkenntnis, dass vieles heutzutage möglich ist, hat sich bei den Menschen eine "Nehmer-Mentalität" entwickelt, die das System zusätzlich belastet. Die fassungslosen Gesichter, wenn ein Arzt seinem Patienten mitteilt, dass seine Krankenkasse eine Behandlung nicht bezahlt, sprechen Bände. Es gibt eine Reihe von Behandlungen, die medizinisch nicht notwendig sind, von denen aber selbstverständlich erwartet wird, dass sie erbracht werden. Teilt der Mediziner mit, dass diese Leistung privat bezahlt werden muss (wir sprechen hier von Größenordnungen von ca. 50 Euro); sinkt der Leidensdruck enorm und die Leistung ist plötzlich "gar nicht mehr so nötig". Das liegt meines Erachtens am Verständnis der Bürgerinnen und Bürger, denen man über viele Jahre suggeriert hat, "anything goes", "wir bezahlen alles". Die bittere Erkenntnis, dass diese Zeiten vorbei sind, ist noch nicht zur Gänze durchgesickert und wird noch viele traurige und verzweifelte Momente verursachen.

Die in meinen Augen beste Lösung (neben der Idee, einfach alles einzustampfen und von Vorne anzufangen, aber das geht leider nicht) ist die Einführung eines Basistarifs, der verpflichtend für alle ist. Dann sollte in Form eines Baukastensystems jeder die Möglichkeit haben, sich zusätzlich abzusichern. Das schafft Bewußtsein, macht aufmerksam.

Ich höre schon die Stimmen, die schreien, dass diese Lösung für Menschen mit niedrigen oder ohne Einkommen eine Deklassierung bedeutet und deren Gesundheitsversorgung in Frage stellt. Dies ist nicht der Fall, denn im Basistarif enthalten sind die Leistungen, die eine Gesundheitsversorgung sicherstellen.

Zwei Klassen? Ach.

Man möge bedenken, dass derzeit die Wartezeit für Kassenpatienten bei Fachärzten (insbes. Orthopäden) im Schnitt bei vier bis sechs Wochen liegt, bei Radiologen etwa einen Monat. Als Privatpatient wird es kaum zwei Tage dauern. Derzeit finanziert ein Privatpatient zwei Kassenpatienten mit, weil die Erträge nur als Mischkalkulation noch kostendeckend sind. Von Gewinnen will ich hier nicht sprechen.

Lösen wir uns also bitte von der Vorstellung der vampirzähnigen, geldgierigen Mediziner, blicken wir realistisch auf ein Gesundheitssystem, dass durch jahrzehntelanges Mißmanagement und unhaltbare Versprechen in den Ruin getrieben wurde, betrachten wir Gewinnerzielungsabsichten der Medizin- und Pharmabranche nicht als Ausgeburt des Bösen, sondern genau so, wie wir dem Dachdecker und Maler oder Elektriker sein Auskommen gönnen. Es ist eine Branche wie jede andere auch, derzeit mit dem Unterschied, dass ihr vorgegeben wird, was sie verdienen darf und was nicht. Das möchte ich mal bei Handwerkern sehen....

Stellen wir uns um, auf mehr Eigenverantwortung, auf die Erkenntnis, dass wir für unsere Behandlung in dem Maße mehr bezahlen müssen, in dem wir das Neueste, Beste, Tollste einfordern....

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Stoppt den Zusatzbeitrag

Danke für die gute Zusammenfassung aus liberaler Sicht. Der Zusatzbeitrag ist ohnehin nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des bürokratischen Overheads. Wir Bürger müssen der Bürokratie die rote Karte zeigen. Die Betroffenen sollten nicht bezahlen. Oder sie sollten den Beträge in kleineren Einzelüberweisungen von verschiedenen Konten aus begleichen.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Danke für den sehr guten Beitrag. Genau so ist es.

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