Anleitung zum Unglücklichsein

In einer Welt, die von Nichtigkeiten wie Dschungel-Camps und politischen Personaldebatten beherrscht wird, ist es angeraten, sich hin und wieder mit dem Wesentlichen zu beschäftigen, zum Beispiel wirklich großen Schriftstellern.

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Richard Yates, 1926 in Yonkers, New York, geboren und 1992 in Kalifornien verstorben, ist mittlerweile ein moderner Klassiker der amerikanischen Literatur. Kurt Vonnegut rühmte ihn als die „Stimme einer ganzen Generation“.

Die meisten Deutschen, die mit dem Namen Yates etwas anfangen können, werden sich an die Verfilmung von „Zeiten des Aufruhrs“ aus dem Jahr 2008 mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio erinnern. Dieser Film basiert auf Yates’ Debüt „Revolutionary Road“ aus dem Jahr 1961. An den Erfolg seines Erstlings konnte der kettenrauchende Lungenkranke, der einen gewissen Hang zu Damen, Drinks, fettigem Essen und billigen Absteigen hatte, zeit seines Lebens nicht mehr anknüpfen. Er blieb aber stets auf der literarischen Suche nach dem Glück für die Durchschnittsamerikaner, die seine Bücher bevölkern. Meist erzählt er von ihrem Scheitern an der Realität und den eigenen Ansprüchen.

Rainer Moritz, seit 2005 Leiter des Hamburger Literaturhauses, hat nun eine Monographie vorgelegt, die den Einstieg in Leben und Werk des Schriftstellers und kurzzeitigen Redenschreibers Robert Kennedys ermöglicht.

Elf Arten der Einsamkeit und doch aufrecht geblieben

Moritz’ unprätentiöser Stil gefällt. Eine verschwurbelte Wissenschaftsprosa wäre dem Gegenstand der Darstellung auch nicht angemessen gewesen. Denn Yates bemühte sich um einen klaren und schnörkellosen Stil ohne ein Gramm Fett zu viel auf den Rippen. Er erzählte traditionell und mied jede sprachliche Effekthascherei.

Beglückt nimmt man zur Kenntnis, daß eine Monographie auch einmal mit nur 200 Seiten auskommt. Geschickt läßt Moritz den Autor Yates sehr häufig selbst zu Wort kommen, wobei die Zitate insgesamt zu lang ausfallen. Der Wert von Yates’ Romanen wie „Ruhestörung“ (1975) und „Easter Parade“ (1976) oder seinem Geschichtenband mit dem unsagbar schönen Titel „Elf Arten der Einsamkeit“ (1962) wurde erst nach seinem Ableben erkannt.

Yates hat sich von seiner Alkoholkrankheit, seinen gescheiterten Ehen, den beruflichen und finanziellen Durststrecken, seinen Depressionen und seinem kriegsbedingten Lungenleiden nicht aus der Bahn werfen lassen. Er schrieb immer weiter, auch in den schäbigsten Behausungen. Dies macht ihn zum Helden, der an Idealvorstellungen des amerikanischen Traums gescheitert ist, weil er nie sein materielles Glück gemacht hat.

Seine Lieblingsautoren waren männlich und weiß

Innerhalb des Universitätsbetriebs, so sein deutscher Biograph, galt Yates als „kuriose Figur, die vergangenen Zeiten zu entstammen schien. Mit dem aufkommenden Feminismus in den Geisteswissenschaften, den Genderstudies, hatte er nichts am Hut, und mit seinen Lieblingsautoren – allesamt weiß und männlich –, die er zur Diskussion stellte, waren bei den Studenten nicht sehr viele Blumentöpfe zu gewinnen.“

Rainer Moritz: Der fatale Glaube an das Glück. Richard Yates – Sein Leben, sein Werk. Deutsche Verlags-Anstalt: München 2012. 208 Seiten (mit Abbildungen); 19,99 Euro.

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