Alte Messe bashen geht gar nicht

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Geistbraus verteidigt die Alte Messe. Man solle sie nicht bashen, meint er. Das würde ich sofort und direkt unterschreiben.

Als ich nach dem Motu proprio erstmals in eine Hl. Messe in der außerordentlichen Form des römischen Ritus (Ha! Das kann ich nicht nur unfallfrei schreiben, sondern auch aussprechen, ohne die Zunge zu verknoten!) kam, war es wie eine Heimkehr in ein längst verloren geglaubtes Land.

Nicht daß ich so alt wäre, mich noch aktiv an die Alte Messe erinnern zu können. Es ist vielmehr ein Land, daß ich von Forschungen und Exkursionen auf alten Landkarten kannte. Bereits vor dem Studium habe ich die Schriften von Herrn Pius Parsch aus Klosterneuburg gelesen und förmlich verschlungen. Im Studium habe ich mich in Kirchengeschichte sehr intensiv mit Liturgiegeschichte auseinander gesetzt.

Die Messe aller Zeiten, wie die Alte Messe zuweilen genannt wird, ist allerdings ebenso die Messe nach dem Novus Ordo. Wäre sie es nicht, wäre es nicht im Innern die eine Liturgie der Kirche, so hätten die Piusbrüder jedes Recht, sie vollends abzulehnen. Nun bin ich, sowohl als Kind in der Schule als auch nach meiner Rückkehr zum Glauben, mehr oder weniger im Novus Ordo aufgewachsen und geistlich eingepflanzt. Liturgische Mißbräuche kannte ich aus meinen Kreisen nicht. Allenfalls grausiges NGL, aber das hat man geschluckt, weil es halt gerade modern war. Nie wäre in meiner damaligen geistlichen Heimat jemand auf die Idee gekommen, Gregorianik gegen NGL auszuspielen. Das habe ich erst viel später erlebt und war darüber ebenso schockiert, wie über die Freestyleliturgien z.B. unseres Spirituals (welcher inzwischen ev. Laienprediger ist) im Studienkolleg (wo ich mein Abi auf dem 2. Bildungsweg gemacht habe). Das war ein wirklicher Schock, der mich lange, lange Jahre beschäftigt hat und mich auf die Spur gebracht hat, wo es so etwas noch überall gibt.

Unverständnis über so etwas mischte sich mit einer gewissen Faszination darüber. Ja, mehr noch, es schien mir für einen kurzen Moment sogar als eine legitime Möglichkeit die Liturgie zu feiern. Doch sehr schnell wurden mir die geistlichen Früchte (und Früchtchen) solcher Unsitten klar. Das Zentrum unseres Glaubens, die Eucharistie ist gänzlich ungeeignet, auf solche Weise heruntergebrochen zu werden, wie es der Spiritual mit einem Fladenbrot machte. Entweder glaube ich an die Realpräsenz, dann verbietet es sich dramatisch, die Eucharistie zu einem FladenbroteventmitinWeinstippen zu machen, oder ich bin evangelisch. Ein Symbol kann ich verändern, muß ich vielleicht sogar verändern, um den Effekt des συμβαλλειν zu verheutigen.  Die wirkliche Gegenwart des Eucharistischen Herrn kann und darf ich nicht verändern, die Regeln der Kirche, die einzig das Recht hat, die Liturgie zu ordnen, dürfen nicht verletzt werden.

Do the red, say the black. – Alles andere ist Mißbrauch.

Der Schock hatte nun bei mir die positive Wirkung, daß ich mich einfach immer mehr und immer tiefer mit der Liturgie auseinander gesetzt habe. Im Studium eben auch mit Liturgiegeschichte, die eine Geschichte des Wandles ist. Liturgie ist – obwohl immer im Innern mit sich identisch geblieben – über die Zeit einem Wandel unterworfen.

Zu Recht darf man, wie ich meine beim Missale Pius V. von einem Höhepunkt der litugischen Entwicklung sprechen. Was in Folge des Konzils von Trient mit der Liturgie geschehen ist, ist in vielerlei Hinsicht ein Meisterwerk. Schon damals ging es um Verschlichtung, Vereinheitlichung (mit den natürlich bekannten positiven wie negativen Folgen), und geistliche Vertiefung des liturgischen Handelns der Kirche.

Das Missale Pius V. hat sich im Laufe der Zeit verändert und war dringend Reformbedürftig. Das war spätestens in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts breitester Konsens. Dazu gehört auch die notwendige Verwendung der Landessprache für Lesung und Evangelium. Auch darin war man sich weitestgehend einig. Anselm Schott brachte sein Volksmeßbuch heraus und erschloß vielen einen neuen Zugang zur Liturgie. Pius Parsch und Romano Guardini gehörten zu den Vordenkern einer litugischen Bewegung in D und A.

Zeitsprung: Was 1970 dann schließlich als Novus Ordo Missae präsentiert wurde, war ein Schocker. Radikaler noch verschlichtet als die Deutsche Messe nach Luther. Es wurde vielen die geistliche Heimat geraubt. Und es war geradezu eine Einladung zu den bekannten liturgischen Mißbräuchen. Und dennoch: Das war nun und ist bis heute die gültige, die ordentliche Form der römischen Liturgie. Sie abzulehnen ist für einen Katholiken nicht erlaubt. Sie zu kritisieren, indem man ihre Schwächen nennt, ist gerade dringendst notwendig.

So kann die Weisheit von Papst Benedikt XVI. nicht hoch genug gelobt werden, dem Missale von 1962 wieder den Weg auf den (Hoch-)Altar zu bahnen. Aus diesem – verloren geglaubten – Schatz der Kirche kann und darf eine nochmalige geistliche Erneuerung des litugischen Verständnisses erwachsen. Mag es auch 20 oder 40 Jahre dauern, die Kirche dankt in Jahrhunderten.

Was für das Missale Paul VI. gilt: Bashen verboten!

gilt auch für den Vetus Ordo: Bashen verboten!

Die erste Mitfeier einen Hl. Messe in der außerordentlichen Form war ein Wiedererkennen, so wie man alte Freunde, die man lange nur auf Fotos gesehen hat, erkennt, wenn sie plötzlich vor einem stehen.

Und doch war es fremd.

Es bedurfte einer Zeit des Anfreundens, des (Wieder-)Entdeckens.

Ein Missale oder die Rubriken lesen ist eine Sache.

Sie zu feiern eine andere.

Die Alte Messe, das sage ich, der ich zu 90% aller Fälle in ordentlich gefeierte “Neue Messen” gehe, ist ein Schatz, ein geistlicher Schatz, den es zu heben gilt. Wer meint, ihn auf einen Schlag zu heben, hebt sich einen Bruch daran. Wer ihn links liegen läßt, beraubt sich selber. Nur wer ihn in kleinen Stücken birgt, genau anschaut, verkostet und pflegt, wird in der Lage sein, den Wert zu erkennen. Nicht jeder wird darin seine geistliche Heimat finden, doch der geistliche Wert ist unbestreitbar.

Und darum: Alte Messe bashen geht gar nicht.

Da hat Geistbraus völlig recht.

Beitrag erschien auch auf: blog.peter-winnemoeller.de

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