Ahnungslosigkeit und Geschwurbel – Keine Politik, nirgends

Was wir in dieser Woche erleben mussten, war eine Offenbarung an Ahnungslosigkeit, die nur übertroffen wurde vom politikfernen Geschwurbel der Polit-Akteure, die unser Land in den nächsten vier Jahren regieren wollen. Es geht damit los, dass eine Dreierkoalition als absolute Neuheit in der Geschichte der Bundesrepublik verkauft wurde, ohne dass es einen Aufschrei in den Haltungsmedien dazu gab.

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Die rühmliche Ausnahme war MDR-Kultur, wo Peter Zudeick freitags einen satirischen Wochenrückblick auf das politische Geschehen gibt und richtig resümiert: „Geht noch mal in die Schule, ihr Pfeifen!“.

Oder nehmt wenigstens Nachhilfeunterricht in Geschichte. Denn Deutschland hat keineswegs „erstmals eine Bundesregierung mit drei Bündnispartnern“ (Armin Laschet), noch ist es „die besondere Herausforderung“, dass es noch „nie ein Dreierbündnis gegeben hat“ (Annalena Baerbock). Die gravierende Unkenntnis unserer führenden Politiker fällt kaum noch jemandem auf, weil inzwischen auch Politikwissenschaftler meinen: „Kann es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesregierung eine Dreierkoalition richten, kann sie wirklich etwas leisten?“

Was für eine entlarvende Frage: Dreierkoalitionen gab es am Beginn der Bundesrepublik: Von 1949-1953 eine Koalition von Union, FDP und DP (Deutscher Partei), 1953-1955 Union mit FDP, DP und GB/BHE, was immer das war. 1955 bis 1956 und 1956 bis 1957 mit FDP und DP. Diese bewegten Jahre der Regierungen Adenauer legten den Grundstein für den rapiden Aufstieg Deutschlands aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges, während die bräsigen Jahre der Merkelregierungen Stillstand und Abstieg bedeuteten. Armin Laschet war der Einzige, der offen ausgesprochen hat, dass Deutschland zu einem Sanierungsfall geworden ist, mittlerweile scheinen alle zu ahnen, welchen Berg an ungelösten Problemen die Merkeljahre hinterlassen haben. 

Aber unsere Politiker wären nicht das, was sie sind, wenn diese Probleme irgendeine Rolle in Ihren Äußerungen über die „Sondierungsgespräche“ für eine zukünftige Regierungskoalition gespielt hätten. Statt dessen herrschte viel Lärm um Nichts. Oder eine Woche heiteres Koalitionsraten. Ampel oder Jamaika – das war die Frage, auf die mit Nullsätzen reagiert wurde.

So äußerte sich der FDP-Generalsekretär nach den Gesprächen mit der SPD: „Klar ist, dass es Klippen gibt“. Handelte es sich um einen Ausflug ans Meer? Und nach Gesprächen mit der Union: „Inhaltlich gibt es wenig Klippen“. Aha, aber warum dann die Bereitschaft der FDP mit der klippenbehafteten SPD weiter zu sondieren und keine „Parallelgespräche“ mit der Union mehr zu führen?

Sind die Grünen trotz oder wegen der Klippen zu „dem Schluß gekommen, daß es sinnvoll ist, vertieft mit der SPD und der FDP“ zu verhandeln? (Baerbock). Klar, denn „regieren ist besser als nicht regieren“ ( Baerbock). Und die Grünen waren den ersehnten Pfründen vor vier Jahren schon einmal so nahe, dass sie bereits „Wir hier oben, Ihr da unten“ vom Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft gespielt haben – bis zum Absturz. Der soll sich auf keinen Fall wiederholen, deshalb haben sie auch durchblicken lassen, dass sie nicht auf Tempo 130 auf deutschen Autobahnen bestehen werden. Der Verzicht auf die einfachste und billigste Klimaschutzmaßnahme soll kein Koalitionshinderungsgrund sein. 

Hat Robert Habeck das gemeint, als er sagte: „Wenn die Schraube schräg einsetzt, dann wird sie nie wieder gerade“? Egal, Hauptsache jeden konkreten Bezug vermeiden. Politiker, so Habeck, hätten immer nach „Schnittmengen“gesucht, vermutlich meint er damit politische Übereinstimmungen in Bezug auf zu lösende Probleme. „Wir haben jetzt vor allem gesucht nach Dynamiken und wenn wir Bewegung in dieses Land bringen, dann schadet es sicher gar nichts.“

Das war ein Satz beinahe im berüchtigten Merkel-Deutsch. Welche Dynamiken. wohin die Bewegung? Und wieso „schadet es sicher gar nichts“? Sind Politiker nicht zuvörderst dafür da, Schaden vom deutschen Volk, oder, wenns neudeutsche politische Korrektheit sein soll, der Bevölkerung abzuwenden? 

Der Philosoph und Buchautor Habeck hat sich in dieser Woche zum Champion der Nullaussagen entwickelt. Als er eine Ampel-Koalition für denkbar erklärte, glaubte er hinzusetzen zu müssen: „Denkbar heißt ausdrücklich, dass der Keks noch nicht gegessen ist“. Dabei hätte er aus dem Englisch-Unterricht wissen müssen: „The proof of the pudding is in the eating“. Heißt: wer den Keks nicht gegessen hat, weiß nicht, ob er schmeckt, oder wenigstens bekömmlich ist.

Irgendeiner von der Union hat noch gesagt, dass die Gespräche „spannender Denksport“ gewesen seien“. Das hat Zudeick passend kommentiert : „Denksport in der Politik? Das kann nichts werden“. Recht hat er, aber seit Kohl wissen wir: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt,“ Zwar kam die geistig – moralische Wende schon damals nicht und ist heute noch weniger zu erwarten. Aber am Ende gibt es eine Koalition, welche, ist egal, denn die „Pfeifen“ (Zudeick)  sitzen überall.

Quelle: www.mdr.de/kultur/podcast/zudeick/audiogalerie132.html

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Alexa

Gutrn Morgen, zusammen,

Hajo, danke und volle Zustimmung zu Ihrem Kommentar. Absolut rund, umfassend.

Frl. Gruß
Alexa

Übrigens gefallen mir alle Ihre Kommentare. Bin ein Fan von Ihnen :-)

Gravatar: Steffen Lutz

Liebe Frau Lengsfeld, Sie haben ja so so so sehr Recht! Die meisten Bürger dieses Landes begreifen nicht und wollen nicht begreifen, was diese verhängsnisvollen 16 Jahre gegen Demokratie und Meinungsfreiheit, gegen den Willen der Mehrheit der Bürger bewirken. Aber sie werden es bald spüren!

Gravatar: Herbert

Dieses ganze Land ist durch 16 Jahre Merkel-Sytsem, eine politische und auch gesellschaftliche Offenbahrung geworden!

Gravatar: Graf von Henneberg

Sehr geehrte Frau Lengsfeld,

nein es ist keine Ahnungslosigkeit ... es ist die reine Dummheit, gepaart mit Arroganz.

Gravatar: karlheinz gampe

Leere Menge ist dies Habecks Schnittmenge? Der leckende Kahn BRD wurde von krimineller CDU Merkel auf Grund gefahren. Ist der Kahn noch zu retten oder säuft die BRD ab und wird zu einem 3.te Weltland? Wer eine korrupte STASI IM Erika wählte, der kann nur einen ganz schweren Dachschaden haben. STASI Leute wählt kein anständiger Mensch mögen deren Agitation und Propaganda noch so sehr in den Ohren klingen.

Gravatar: Hajo

Der Kaiser und Adolf als Folge wollten Deutschland über Angriff retten, die heutige Regierung will die Welt retten und das ist das gleiche unsinnige Vorhaben und ebenso vermessen und solange wir es uns leisten können, solche Rohrkrepierer noch in Lohn und Brot zu halten, scheint es mit dem Verstand der Wähler nicht weit her zu sein, denn die gesamte deutsche Politik ist seit über 100 Jahren mehr als anmaßend und das geht nicht gut aus, wie man historisch betrachtet ja sehen konnte.

An das zahlen haben wir uns ja schon lange gewöhnt, fehlt jetzt nur noch der falsche Schritt in die völlige Abhängigkeit fremder Kräfte und das Spiel ist entgültig aus, weil wir dann auf andere Art und Weise erneut besiegt werden und das ist dann das Ende des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, was ja ehedem immer kleiner wurde und es vermutlich nicht erwarten kann, von der Landkarte getilgt zu werden.

Gravatar: Werner Hill

Wer wird denn gleich so schwarz sehen!?

Als Repräsentantin Deutschlands wird doch bereits die überaus geeignete A. Baerbock als Außenministerin gehandelt und als Gesundheitsminister Herr Lauterbach - der durchaus ein würdiger Nachfolger von Herrn Spahn wäre.

Bedenklich ist allerdings, daß das Verteidigungsressort, welches 2x so optimal mit Frauen besetzt war, wieder an einen Mann fallen dürfte.

Und wenn Habeck auf Tempo 130 verzichtet, bezweifle ich allerdings, daß er damit "die einfachste und billigste Klimaschutzmaßnahme" aufgibt.

Im Ausland wird man uns beneiden ...

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