Abschalttag 29. Februar

Gestern war der 29. Februar. Also etwas Besonderes. Ein Schalttag. Oder eher ein Tag zum Abschalten? Schließlich rechnet ihn ja keiner mit ein.

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So über die Jahre gesehen weiß keiner, wann es ihn gibt, obwohl er sehr regelmäßig daherkommt: alle vier Jahre, bis auf einmal alle 100 Jahre, da fällt er aus, meistens. Man könnte es sich auch einfacher merken: In Schaltjahren finden immer Olympische Spiele, die Fußball-Europameisterschaft und die US-Präsidentschaftswahlen statt.

Aber was soll’s? Keine Sau interessiert’s. Dabei beklagen sich jedes Jahr viele Menschen, genau genommen sogar zweimal im Jahr, darüber, dass ihnen, wie sie es wahrnehmen, eine Stunde weggenommen und dann wieder zurückgegeben wird, also in der Summe gar nichts passiert. Andere Menschen betonen, wie lange sie körperlich leidend brauchen, bis sie nach dem durchzechten und durchlumpten Sommerurlaub in der Türkei den „Jetlag“ von einer Stunde wieder ausgeglichen haben. Wir sind nämlich gaaaanz fürchterlich feinfühlig, was unseren eigenen Zeithaushalt anbelangt.

Aber dann wird einem plötzlich ein ganzer zusätzlicher Tag in die letzte Februarwoche hineingeschoben! 24 Überstunden, einfach so! Und es ist ja nicht so, dass man diese Zeit zusätzlich hätte, um Dinge zu erledigen, die liegen geblieben sind. Nein! Es ist ein ganz normaler zusätzlicher Arbeitstag im Februar. Für Gefängnisinsassen ist er ein zusätzlicher Tag hinter Schloss und Riegel. Haftstrafen werden in Monaten oder Jahren bemessen, die Rückerstattung von Schalttagen ist nicht vorgesehen. Eigentlich ist das ein Skandal! Aber wir regen uns darüber auf, dass das Pestizid Glyphosat in Bier in solchen Dosen gefunden wurde, dass schon der Konsum von 1000 Litern am Tag garantiert tödlich ist

Natürlich hat ein Schaltjahr auch Vorteile für manche: In Schaltjahren steigt das Bruttosozialprodukt um bis zu 0,25 Prozent oder 1,245 Milliarden Euro! Mich würde interessieren: Sinkt denn auch die durchschnittliche Tagesrente? Es fallen aber auch noch andere zusätzliche Dinge an, die an diesem Tag liegen bleiben und die dann im Nachfolgemonat wieder auf die Tagesordnung kommen. Wer einen Monat lang aber die todbringende Dosis Glyphosat aufnehmen will und damit ausgerechnet in einem Schalt-Februar beginnt, muss einen weiteren Lkw Bier ordern.

Wie kann es also sein, dass die Menschen wegen Sommer- und Winterzeiten und der dazugehörenden Zeitumstellung aus ihrem Bio-, Mond- oder Sonstwas-Rhythmus gebracht werden, bei einem Schalttag aber plötzlich morgens die Augen freudig aufgeschlagen werden in der Hoffnung, irgendetwas Ungewöhnliches müsse passieren, da uns ja ein Tag „geschenkt“ wird? Wo bleibt denn da der gesittete Wochenrhythmus? Ob man vielleicht ein Kind gebiert heute, so aus der Reihe? Oder darf man heute mal mit 70 Sachen durch die Ortschaften fahren ?

Mein 29. Februar war ein gebrauchter Tag. Ich war erkältet, hatte Kopf-, Ohren- und Halsschmerzen und war zu nichts zu gebrauchen. Und das an einem Tag, den es eigentlich nicht gibt, der eine bloße Erfindung, eine Vereinfachung ist, weil wir es sonst jeden anderen Tag innerhalb von vier Jahren nicht ganz so genau nehmen. Und wegen dieser Schummelei bekommt man also einen gebrauchten, völlig nutzlosen und zudem gänzlich überflüssigen Tag angedreht? Den hätte ich wirklich nicht gebraucht! Dass ich diesen Text aber erst einen Tag zu spät geschrieben habe, bekommt so aber auch keiner mit. Denn eigentlich ist heute gestern, und gestern gab’s nicht. Oder ist heute am Ende eigentlich schon morgen?

Beitrag zuerst erschienen auf zeitgeisterjagd.de

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