20. Todestag des Autors und Politikers Herbert Gruhl

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Der 1921 geborene Oberlausitzer Bauernsohn Dr. phil. Herbert Gruhl machte in den 1970er Jahren von sich reden, nach dem er 1969 für die CDU in den Deutschen Bundestag gewählt wurde. Er konzentrierte sich anfänglich auf die Innenpolitik, wurde aber rasch mit dem neu aufgekommenen Politikfeld Umweltschutz betraut. Dies machte Gruhl so gründlich, daß er 1975 sein Buch "Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik" vorlegte, das so überaus erfolgreich wurde, daß er damit zur Kristallisationsfigur der sich formierenden Ökologiebewegung in Deutschland wurde. Er wurde im November 1975 bis 1977 Bundesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND). Gruhl paßte nicht in das "System Kohl" und wurde hier dessen erstes Opfer. 1978 gründete Gruhl die erste bundesweite Umweltpartei Grüne Aktion Zukunft (GAZ), die in der Gründungsphase der Grünen eine treibende Kraft war. Zusammen mit Petra Kelly war Gruhl 1979 Spitzenkandidat der Europawahlgrünen, die 3,2 Prozent erzielten. Im Januar 1981 verließ Gruhl Die Grünen enttäuscht über deren Linksdrift. Ein konservativer Flügel dieser Bewegung konnte sich auch mit der von ihm 1982 mitgegründeten und bis 1989 geführten Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) nicht etablieren. 

Daß im deutschsprachigen Raum in den 1970er und auch noch 1980er Jahren intensiver als anderswo ein wirtschaftswachstumskritischer Diskurs geführt wurde, war nicht zuletzt Gruhls verdienst. Die Rede vom qualitativem Wachstum griff Gruhl zu kurz, weil ein solches rein geistiger, also immaterieller Art sein müßte.

Auf die Frage, wo Gruhl sich die größten Erfolge wünsche, als Politiker oder als Autor, zögerte er nicht lange mit der Antwort: als Autor. Seinen 1982 vorgelegten Beitrag zu einer ökologischen Ethik unter dem Titel "Das irdische Gleichgewicht" fand allerdings keine allzu große Beachtung mehr. Der Markt wurde mit Umweltliteratur seinerzeit geradezu überschwemmt. Gruhl dürfte mit der Resonanz auf sein 1992 vorgelegtes Spätwerk "Himmelfahrt ins Nichts. Der geplünderte Planet vor seinem Ende" hingegen zufrieden gewesen sein: Seine aufsehenerregende Buchthese fand im selben Jahr in der Sendung Explosiv. Der heiße Stuhl 70 Prozent Zustimmung unter den Zuschaueranrufern. Arnulf Baring bekundete 1997 über ein Gespräch mit Gruhl nach dessen Buchvorstellung in Berlin, daß ihn seit Jahren kein Gespräch mehr so sehr beeindruckt habe wie mit diesem ernsthaften und melancholischen Mann.

Der am 26. Juni vor 20 Jahren verstorbene Herbert Gruhl hatte vor dem Krieg eine landwirtschaftliche Ausbildung geleistet, auf dem väterlichen Hof gearbeitet, nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft Philosophie und Geschichte studiert und über Hugo von Hofmannsthal promoviert.

2005 wurden unter dem Titel "Unter den Karawanen der Blinden" Schlüsseltext, Interviews und Reden Herbert Gruhls herausgegeben. Ein Essay zum 20. Todestag von Herbert Gruhl mit der Überschrift "Den Worten der Toten Gehör schnenken" findet sich unter www.herbert-gruhl.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hano

Herbert Gruhls "EinPlanet wird gelündert" hat mich damals tief beeindruckt, ja, schockiert. Gruhl war auch ein begnadeter Redner. Dass der sich im Alter am Alpenrand niederließ, hat mich damals enttäuscht ("Landschaftsverbrauch").

Dass Gruhl und ähnlich Denkende von den grünlackierten Roten überrannt und in den Hintergrund gedrängt wurden, ist tragisch. Eigentlich gehört doch der Umweltschutz zum Tafelsilber der Konservativen; nun halten ihn die Grünen als Schuzschild vor sich und lenken damit von ihrer lebensfeindlichen Politik ab (die da ist: Befürwortung der Abtreibung, Zurücksetzung der Familie durch Gleichstellung mit hedonistischen Lebensentwürfen ohne Kinder, Untergrabung der Familie durch Feminismus usw.)

Gravatar: Klimax

Über Herrn Gruhl, den Paten der Grünen, will ich heute nicht fachsimpeln, aber tun Sie mir bitte den einen Gefallen und schreiben sie "des Autors" und nicht "des Autoren". Das wäre nett und vor allem wäre es auch richtig.

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