Privatisierung der Wasserversorgung

Wasser – Allgemeingut oder Handelsware?

Wasser ist Leben. Doch Leben muss man sich leisten können. Während manche den Zugang zu Wasser als menschliches Grundrecht sehen, ist für andere das Wasser eine gewöhnliche Handelsware.

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Trinkwasser ist ein knappes Gut. Im internationalen Vergleich ist die Trinkwasserversorgung und sanitäre Infrastruktur in Mittel- und Nord-Europa geradezu luxuriös. Das preisgünstige Leitungswasser hat oftmals eine höhere Reinheitsqualität als Flaschenwasser. Doch das ist kein internationaler Standard.

Fast eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Fast drei Milliarden Menschen sind von sanitärer Infrastruktur ausgeschlossen. Verunreinigtes Wasser ist weilweit für Millionen Krankheits- und Todesfälle verantwortlich.

Nicht nur in Entwicklungsländern, auch in Schwellenländern und selbst in einigen Industriestaaten ist die Trinkwasserversorgung mangelhaft. Das Leitungswasser ist dort nicht als Trinkwasser geeignet. Es muss in Flaschen gekauft werden. Diese Produkte unterliegen dem Marktwert von Lebensmitteln. Doch Flaschenwasser ist für viele Menschen zu teuer.

Weltweit kaufen Konzerne Ländereien mit Wasserquellen auf, um das Wasser in Flaschen abgefüllt zu teueren Marktpreisen zu verkaufen. Oftmals liegen diese Quellen in Gebieten mit akutem Wassermangel. Anstatt die eigenen Wasserressourcen nutzen zu dürfen, müssen die Bewohner dieser Regionen ihr Wasser von ausländischen Firmen kaufen.

Menschenrecht oder Handelsware?

2010 wurde im Zuge der Resolution 64/292 von der UNO-Vollversammlung das Menschenrecht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser anerkannt. Die USA gehörten zu den Staaten, die sich der Stimme enthielten. Bolivien gehörte zu den Staaten, die die Resolution einbrachten. Beide Länder verbindet ein Streit ums Wasser.

In Bolivien hatte im Jahr 2000 die Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Industriekonzerns die Trinkwasserversorgung einer Großstadt aufgekauft. Nach erheblichen Preiserhöhungen war es in der Bevölkerung zu heftigen Protesten gekommen, da sich viele Menschen ihr Trinkwasser nicht mehr leisten konnten. Schließlich musste die bolivianische Regierung die Wasserversorgung in die öffentliche Hand zurückholen. Sie wurde daraufhin vom Konzern verklagt.

Ist die EU-Tendenz zur Wasserprivatisierung abgewendet?

Noch 2013 wollte die EU-Kommission einheitliche Regeln hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen für die Privatisierung von Dienstleistungen einführen – einschließlich der sanitären Wasserversorgung. Dazu gehörte die Forderung, Wasserversorgungsaufträge europaweit ausschreiben zu müssen und private Investoren zuzulassen.

Die Bürger reagierten besorgt. Sie befürchteten, dass diese Regeln der Trinkwasserprivatisierung Vorschub leisten könnten. Viele Kommunen sind hoch verschuldet. Die Vergabe der Wasserversorgungsaufträge an private Investoren wird als Sparmaßnahme gefürchtet. Es gab europaweite Proteste. Fast 1,6 Millionen Bürger unterzeichneten eine entsprechende Petition. Daraufhin hat die EU-Kommission das Thema Wasserversorgung aus den Richtlinien ausgeklammert.

Heribert Prantl kommentierte damals die Situation folgendermaßen: »Keine Kommune wird von der EU-Richtlinie zur Privatisierung genötigt; aber Kommunen, die sie partout nicht wollen, müssen sich nun juristische Finessen einfallen lassen; denn Brüssel macht das eigentlich Selbstverständliche (dass öffentliche Güter in öffentliche Hand gehören) kompliziert. Die Richtlinie setzt falsche Signale. Sie blickt markt- und neoliberal. Brüssel gelingt es nicht dies abzustellen. Die Juristen in ganz Europa besinnen sich derzeit auf die alten gemeinsamen Rechtsgrundlagen; sie fußen im römischen Recht. Dort gab es die ›res extra commercium‹ – die Dinge, die dem Kommerz entzogen waren. Man sollte sich daran erinnern. Das Wasser gehört dazu.«

Rückkehr der Wasserprivatisierungstendenzen dank TiSA?

Der Druck zur Liberalisierung hält an. Im Windschatten des TTIP-Abkommens wird derzeit ein Abkommen namens TiSA (»Trade in Services Agreement«) verhandelt, das die Privatisierung von Dienstleistungen in den USA, der EU und 21 weiteren Staaten, wie beispielsweise Japan, Australien und Kanada, regeln soll. Es handelt sich um das größte multilaterale Dienstleistungsabkommen in der Geschichte. Verhandelt wird streng geheim.

TiSA hat eine klare Stoßrichtung: Dienstleistungen – wie beispielsweise Wasserversorgung, medizinische Versorgung, Energieversorgung oder Verkehrsinfrastruktur – sollen aus dem öffentlichen Sektor herausgelöst und privatisiert werden. Der Trick ist die Stillhalteklausel (»Ratchet Clause«). Zwar können Staaten versuchen, den Status Quo der öffentlichen Dienstleistungen zu erhalten. Doch Bereiche, die wegen knapper Steuereinnahmen und leerer öffentlicher Kassen einmal privatisiert worden sind, dürfen nicht wieder rekommunalisiert werden. Damit wäre ein einseitiger Prozess in Richtung Privatisierung in Gang gesetzt. Ein demokratischer Volksentscheid zur Umkehr bliebe wirkungslos.

Monopol bleibt Monopol – ob öffentlich oder privat

Ein Argument der Privatisierungsbefürworter ist die angeblich höhere Effizienz von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Grund sei hierfür die marktwirtschaftliche Konkurrenz, die die Marktteilnehmer zur regelmäßigen Produktverbesserung und Preissenkung zwinge. Der Kampf um Marktanteile mache den Kunden zum König. Die staatlichen Gesellschaften seien dagegen behördlich verwaltete Monopole.

Hier zeigt sich ein entscheidender Argumentationsschwachpunkt. Denn was für die Produktvielfalt im Supermarkt gelten mag, gilt nicht für die zentrale Infrastruktur. Die Wasserversorgung einer Großstadt ist fast immer monopolistisch organisiert, weil sich keine parallelen Wasserleitungsnetze installieren lassen. Somit ist im Falle der Privatisierung die Monopolstellung des Wasserversorgers nicht aufgehoben. Doch die Kontrolle durch die Bürger wäre verloren.

Dieses Problem zeigt sich am deutlichsten bei langfristigen Investitionen wie Generalsanierungen. Für die Bürger einer Großstadt sind Modernisierungen der Wasserversorgung eine Investition in die Zukunft. Für ausländische Investoren, die von den Auswirkungen nicht direkt betroffen sind, lohnen sich solche Modernisierungsmaßnahmen nur bei Gewinnmaximierung durch höhere Wasserpreise.

Um Preissteigerungen und Verschlechterungen der Trinkwasserqualität zu verhindern, müssen private Wasserversorger von staatlichen Regulierungsbehörden kontrolliert werden. Doch wenn es schon nötig ist, private Monopole öffentlich zu kontrollieren, warum ist es dann nicht sinnvoller, die Trinkwasserversorgung gleich in öffentlicher Hand zu belassen?

Drei Beispiele: Berlin – Paris – London

In Berlin war die Wasserversorgung eine Anstalt des öffentlichen Rechtes in Kooperation mit privaten Unternehmen. An den Berliner Wasserbetrieben waren die RWE und das französische Unternehmen Veolia beteiligt. 2011 hat sich die Bevölkerung Berlins in einem Volksentscheid für eine komplette Rekommunalisierung ausgesprochen. 2011 und 2013 wurden die Anteile von RWE und Veolia zurückgekauft. Seitdem sind die Berliner Wasserbetriebe komplett in öffentlicher Hand.

Frankreich war einer der Vorreiter in der Wasserprivatisierung. Über Jahrzehnte waren die Wasserwerke von Paris in der Hand zweier französischer Unternehmen, darunter auch Veolia (ehemals Vivendi), das zudem an der Berliner Wasserversorgung beteiligt war. Die Folge war ein permanenter Anstieg der Wasserpreise, in 25 Jahren um 260 Prozent. 2010 kaufte die Stadt Paris die Wasserversorgung wieder zurück. Seitdem stieg der Wasserpreis kaum.

In London ist die Wasserversorgung seit mehr als einem Jahrzehnt in privater Hand. Die Stadt leidet unter steigenden Wasserpreisen. Durch mangelnde Investitionen in die Sanitärinfrastruktur sind viele Rohre brüchig geworden. Fast 20 Prozent des Wassers geht durch defekte Rohrleitungen verloren.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Werner

Monopol der Öffentlichkeit??? Hat da jemand in der Schule geschkafen?
Die Allgemeonheit ist also ein Monopol? LOL
An ihren Worten werdet ihr sie erkennen!

Gravatar: Werner

Also Luft, bzw. CO² wird doch schon besteuert und keiner merkt, mein Gott wie bescheuert!
CO² ist ja auch von Spurengas, was es immer noch ist!, zum Treibhausgas- wo doch die Erde kein Treibhaus ist
Die Schweinereine mit Nestle, und Veolia sieht man doch ganz klar, das Privatisierung immer, verteuerung und verschlechterung bringt.
Diesr tendenziöse gekaufte Schreiber des Artikles, beweist ja schon in der Frage wo er steht!
Als Mensch mit EQ ist das keine Frage, sondern
Selbstverständlich das Wasser Allgemeingut i st!

Gravatar: FDominicus

Wenn es Allgemeingut wäre wie kann es sein, daß Städte, Kommunen und Länder das exklusive Recht haben es zu kontrollieren? Die Luft die ich atme ist Allgemeingut, und niemand käme auf die Idee (bis jetzt) mich noch zu besteuern oder Abgaben zum Atmen zu verlangen. Aber ich darf schon mal gar nicht so einfach auf meinem Grund und Boden nach Wasser bohren und schon gar nicht kann ich mich weigern (auch wenn mein Land riesig ist) mich nicht an de Abwasserentsorgung anzuschliessen)

Diese ganze Gesabbele über Allgemein ist doch wieder nur ein Persilschein für die Bürokraten hier für "Gerechtigkeit" zu sorgen.

Gravatar: Gerd

@ KLimax

Was Sie da schreiben ist natürlich grundsätzlich falsch.

Zunächst ist jede "Privatisierung" Enteignung des Volkes. Was vormals Allgemeingut war, mutiert zum Handelsgut, wobei am Ende Konzerne über den Wasserzugang entscheiden. Das ist nicht nur brandgefährlich, das nenne ich bestialisch oder kurz: NWO.

Wie die Privatisierung von Telekommunikation und Energie beweisen, ist Grundversorgung kein Thema, sondern stattdessen Gewinnmaximierung. Nicht die vom Volk beauftragte Politik bestimmt die Preise, sondern die Konzerne, die dann Macht über uns alle ausüben. Diese Methode ist also in jedem Fall exzessiv antidemokratisch.

Es ist kein Kassandraruf, daß es dann Wasser 1. und Wasser 2.Klasse geben wird; daß die Preise steigen und eben nicht sinken werden. Das Volk soll dann, so die scheinheilige Lösung, im Kampf um billigere Preise wie bei einer Stampede zwischen Providern oder Dienstleistern hin und her lavieren. Aber dieser Gedanke ist selbstverständlich von perfider Bösartigkeit, denn man benutzt die Fragmentierung des Volkes, um im Chaos der Tarife den großen Reibach zu verbergen. So gibt es in Deutschland über 140 Krankenkassen, wobei jeder weiß, daß es für die Patienten dramatisch billiger wäre, wenn es nur eine einzige gäbe. Ebenso ist es bei der Energie und der Telekommunikation.

Nichts, aber auch wirklich gar nichts, wird zum "Vorteil der Kunden" gehandelt, sondern zum Vorteil des Händlers. Wäre es anders, könnte alles so bleiben wie es ist. Deshalb sollten alle Schlüsselbereiche (Telekommunikation, Gesundheit und Energie) wieder verstaatlicht werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gerd

Gravatar: keinUntertan

Wenn die Wasserwerke der Kommune bzw. der Stadt gehören, habe ich als Bürger ggf. Einfluss auf die städtischen Wasserwerke.

Wenn die Wasserwerke zu einem internationalen Konzern gehören, deren Aktionäre in Dubai, Hongkong und New York sitzen, welchen Einfluss habe ich dann?

Gravatar: Karin Weber

Wenn die Menschen Durst haben, wird man sie nicht mit Waffen davon abhalten können. Die verschaffen sich Zugang zum Wasser.

Gravatar: Ralf Uhlemann

Wasser ist ein Allgemeingut und die Versorgung darf nicht in die Hände von Konzernen gelegt werden. Mittelständische Unternehmen würden wohl sowieso keinen Zuschlag erhalten. Das französische Experiment mit Veolia sollte abschreckend genug sein.

Gravatar: KLimax

Klare Antwort: Wasser ist Leben - meinetwegen. Nahrung ist auch Leben. Hinzu kommt Brennholz, Dach über dem Kopf etc. All dies wird gehandelt - zum Vorteil der Kunden. Also muß es mit Wasser nicht anders sein.

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